Buntes

Vom Profi-Gewichtheben in die Tischtennis-Bezirksliga

Feodora Wendt beim Gewichtheben (l.) und beim Tischtennis (r.). (©privat)

06.03.2024 - Feodora Wendt war von 2001 bis 2012 als Profi-Gewichtheberin aktiv. In ihrer Jugend spielte die heute 33-Jährige parallel Tischtennis und ist inzwischen wieder in der Bezirksliga für den TV Voerde am Niederrhein aktiv. Wie das Multitalent den Sprung in den Leistungssport geschafft hat, wie sie in der Männerdomäne zurechtgekommen ist und warum es nicht zu einer Olympia-Teilnahme gereicht hat, lesen Sie im Porträt.

Der Sport hat im Leben von Feodora Wendt schon immer eine übergeordnete Rolle gespielt. Sie bekam das Sportlergen quasi in die Wiege gelegt. Ihr leiblicher Vater war in den 1970er-Jahren Profiboxer in der DDR und hatte den Wunsch, dass seine Tochter eine ähnliche Karriere als Leistungssportlerin hinlegen würde. „Er wollte, dass ich Tischtennisspielerin werde, was ich dann auch umgesetzt habe“, erinnert sich Wendt und fand im Alter von zehn Jahren den Weg in die Tischtennishalle des TuS Ferndorf im Siegerland (WTTV). Schnell zeigte sie ihr Talent und wurde, mit einem Privattrainer im Rücken, mit zwölf Jahren erstmals Bezirksmeisterin. 

Durch Zufall zum Gewichtheben, Trainer wird Adoptivvater

Es war ein „witziger Zufall“, der dazu führte, dass Feodora Wendt zu dieser Zeit zu einer Sportart fand, die auf den ersten Blick nicht viele Gemeinsamkeiten mit Tischtennis hat. Auf dem Nachhauseweg nahm sie als Schülerin beim direkt nebenan beheimateten TV Eichen oft ein „lautes Knallen der Hanteln und Gewichte“ wahr. Die Neugier war so groß, dass sie selbst mal beim Gewichtheben vorbeischaute. „Ich wollte es einfach mal ausprobieren und wurde immer besser. Ich habe zunächst beides parallel ausgeübt, musste mich aber irgendwann entscheiden und weiß nicht, wo ich im Tischtennis gelandet wäre, wenn ich nicht aufgehört hätte“, sagt Wendt und tauschte den Schläger gegen die Gewichte.

Mit Erfolg: Die heute 33-Jährige krönte sich zur mehrfachen Landesmeisterin, wurde mehrfache nationale und internationale deutsche Meisterin und verdiente Geld durch Antrittsprämien usw.. Ihre Bestleistungen in den Gewichtsklassen bis 58 und 63 Kilogramm: 70 Kilogramm im Reißen und 90 Kilogramm im Stoßen. Als Jugendliche folgte der Wechsel zum Kölner AC, wo Wendt in der 2. Bundesliga hob. Gewichtheben war für die Jugendliche mehr als nur ein Hobby. „Da ich früh Vollwaise wurde, hat mein Trainer mich adoptiert und gesagt: ,Du gehörst zur Familie‘.“ 

Olympia-Teilnahme in der „Männerdomäne“ bleibt verwehrt

Einen Traum konnte sich Feodora Wendt trotz der guten Ergebnisse allerdings nie erfüllen: „Zu Olympia habe ich es leider nicht geschafft“, sagt sie. Ihre angeborene Rückenverletzung, ein Gleitwirbel im fünften Lendenwirbelbereich, konnte Wendt während ihrer Profizeit im Kraftsport zwar immer gut auffangen. „Je älter ich wurde und je größer der Umfang wurde, desto mehr habe ich es gemerkt. Da bin ich schon an meine Grenzen gekommen.“ Weniger in Form von Schmerzen, sondern viel mehr in Sachen Beweglichkeit. 

Ein weiterer Grund: Frauen waren in der lange als „Männerdomäne“ geprägten Gewichtheberszene Anfang der 2000er-Jahre noch eine Seltenheit, was sich inzwischen geändert hat. „Ich habe immer sehr viel Zuspruch von den männlichen Kollegen bekommen. Das hat mir in den Wettkämpfen sehr viel Motivation gegeben. Viele Mädels haben damals illegale Substanzen genommen. Ich selbst habe nie gedopt und war nie extrem muskulös“, so Wendt, die 2012 mit 22 einen Schlussstrich zog und ihre Profi-Karriere beendete.

Rückkehr zum Tischtennis, Profi-Erfahrungen helfen im Job

Die Zeit für Tischtennis war wieder da. Seit ihrem ersten Punktspiel in der Damen-Bezirksklasse für TTS Duisburg Anfang 2013 spielte sich Wendt von 1142 auf knapp 1550 TTR-Punkte hoch (zur TTR-Historie). „Ich bin natürlich nicht mehr so gut wie früher, auch der Tischtennissport hat sich gewandelt“, weiß Wendt und sieht zwischen beiden Sportarten mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Beim Gewichtheben komme es neben dem Schnellkrafttraining und der mentalen Stärke auf eine gute Mobilität und Körperspannung an. „Im Tischtennis ist alles lockerer und filigraner. Ohne die richtige Technik geht es aber auch nicht. Ich freue mich zu sehen, dass mittlerweile viele Tischtennisprofis auch Gewichtheben ins Training mit einbauen.“ 

Seit Sommer 2022 spielt die am Niederrhein wohnhafte Feodora Wendt für den TV Voerde. Nach den Anfängen in der Damen-NRW-Liga-Mannschaft führt die 33-Jährige mit ihren Teamkollegen aktuell die Tabelle der 2. Bezirksliga mit der zweiten Herren-Mannschaft an. Nach der Saison steht trotz des wohl bevorstehenden Aufstiegs der nächste Vereinswechsel an - wohin ist noch unklar. Ihre Rückenprobleme hat die Ergo- und Verhaltenstherapeutin durch regelmäßige Übungen inzwischen im Griff. Ihre langjährigen Profi-Erfahrungen begleiten Wendt heute auch im Job. „Ich kann den Patienten viele Tipps durch meine sportlichen Erfolge mitgeben, die vom Mindset bis zum richtigen Training reichen.“ 

2023 erweiterte die Voerderin ihren Sporthorizont und lief ihren ersten Halbmarathon. Die volle Distanz soll irgendwann folgen. Den Bezug zum Gewichtheben hat Wendt aber nie verloren. „Ich verfolge weiterhin, wie sich der Sport entwickelt, und schaue die Olympia- und WM-Ergebnisse nach.“ 

Alle Infos zu unserer Serie ,Tischtennisspielende Multitalente'

Zu den Porträts von:
Julius Preu (Jonglier-Profi),
Felix Kleeberg (Darts),
Lukas Kleckers (Snooker-Profi),
Manuel Mutke/Julian Peters (Poker),
Patrick Ittrich (DFB-Schiedsrichter)/Karl Josef Assenmacher (FIFA-Schiedsrichter),
Alexander Iskin (Künstler),
Manuel Lohmann (Volleyball),
Heiko Schneider (Bergsteiger),
Johannes Rahn (Fußball-Profi).

Kennen Sie weitere tischtennisspielende Multitalente? Dann schreiben Sie gerne einen Kommentar oder mailen Sie uns Ihre Themenvorschläge an redaktion@mytischtennis.de.

(FKT) 

Kommentar schreiben

Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.

* Pflichtfeld

Copyright © 2024 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.