Buntes

Vom bayerischen TT-Meister zum Jonglier-Profi

Julius Preu bei den bayerischen Tischtennis-Meisterschaften 2013 (l.) und im Alltag als Jonglier-Profi (r.). (©privat)

26.10.2023 - Bei den bayerischen Tischtennis-Meisterschaften 2013 und 2014 hat Julius Preu als Jugendlicher die Bronzemedaille gewonnen. Inzwischen schlägt der 26-Jährige in der 3. Liga Österreichs auf. Der Grund: Preu ist im Nachbarland als hauptberuflicher Jongleur tätig, tritt in Shows auf und gibt Workshops an Schulen. Wie das Multitalent in jungen Jahren das Fieber für die Bewegungskunst gepackt hat und welchen Stellenwert Tischtennis in seinem Leben hat, lesen Sie im Porträt.

Wer in der Großstadt unterwegs ist, kennt sie vom Stau an befahrenen Kreuzungen: die sogenannten Ampel-Jongleure. Während die Gute-Laune-Macher die Autofahrer kurz vor der nächsten Grünphase meistens mit einem Hut zur Kasse bitten, gibt es weltweit auch hauptberufliche Jongleure. Die Zahl ist schwer zu schätzen. Einer davon ist Julius Preu. PKW abklappern muss er nicht. Den Umgang mit Bällen, Keulen und Ringen beherrscht der 26-Jährige in Perfektion. Bis der gebürtige Mittelfranke aus Bayern in der Szene so richtig durchstartete, bestimmte der Tischtennissport das Leben des heutigen Jonglier-Profis.

Nach den ersten Versuchen beim Handball führte sein Weg mit elf Jahren zum ersten Mal in die Tischtennishalle. Das Faible für Bälle war schon immer groß. Preu hatte in Kindertagen großen Spaß daran, zu sammeln und die Balleimer zu füllen. Die „Keller-Technik“ mit vier Fingern auf der Rückhand war ihm bei seinem Heimatverein, dem TV Altdorf in der Nähe von Nürnberg, für den er bis 2017 aktiv war, schnell abgewöhnt worden. Die Fortschritte waren schnell erkennbar. Preu stand dreimal wöchentlich von 17 bis 22 Uhr am Tisch, erst beim Jugend- und anschließend beim Herrentraining. Mit 13 gewann der Rechtshänder sein erstes Erwachsenenturnier und wurde 2013 Dritter im Doppel bei den bayerischen Schüler-Meisterschaften, 2014 gelang ihm dieser Erfolg in seinem letzten Jugendjahr auch im Einzel.

Aus der Bayernliga nach Österreich, erste Jonglierversuche als Jugendlicher

Auf dem Höhepunkt der Laufbahn in Deutschland (1.900 TTR-Punkte) folgte Ende 2017 der Umzug nach Österreich. Doch ganz ohne Tischtennis geht es bis heute nicht. Preu schlägt für Linz AG Froschberg in der 3. Liga auf. „Vom Niveau ist es mit der Bayernliga vergleichbar“, sagt der 26-Jährige vom - vor allem im Damenbereich international erfolgreichen - Klub um das Team von Nationalspielerin Sofia Polcanova. In Linz ist Preu auch für die Social-Media-Kanäle verantwortlich und gibt Jugendtraining bei zwei Vereinen in der Nähe. Aufgrund von Rückenproblemen blieb das eigene Spiel in den vergangenen drei Jahren jedoch ein wenig auf der Strecke. „Ich habe es etwas schleifen lassen, bin oft im Fitnessstudio, um einen Ausgleich für das einseitige Jonglieren zu schaffen und könnte mal wieder mehr trainieren“, sagt Preu. Das Jonglieren helfe ihm dabei, mit Blick auf Timing, Geschwindigkeit und Hand-Augen-Koordination auch ohne regelmäßige Einheiten in der Meisterschaft gute Ergebnisse zu erzielen. 

Angefangen hatte alles im Alter von zwölf Jahren, als eine Schulzirkusgruppe eine Vorführung in seinem Gymnasium abhielt. Der Wille, selbst zu jonglieren, war sofort da. Im eigenen Garten probierte sich Julius Preu stundenlang aus. „Ich bin quasi süchtig danach geworden, habe schnell viele Leute kennengelernt und auch getroffen. So hat es sich immer mehr ergeben.“ Preu besuchte europaweite Jongliertreffen und knüpfte so den Kontakt zum österreichischen Ensemble „Jonglissimo“. Die Gruppe versteht ihr Gebiet als visuelle Kunstform, die Basis bestehe aus einem spannenden Mix aus Jonglage, Theater und Technologie.

Durch Zufall auf die große Bühne, als Jongleur weltweit unterwegs

Als ein Stamm-Mitglied ausgefallen war, bekam der 26-Jährige seine Bewährungschance – und Preu nutzte sie. Seinen ersten Auftritt und die darauffolgende Tournee „Feuerwerk der Turnkunst“ vor mehreren Tausend Leuten in Deutschlands größten Arenen (z.B. Olympiahalle München mit 10.000 Zuschauern), hält der Ballkünstler bis heute in guter Erinnerung. Seither ist der junge Artist selbst Teil der Gruppe und verlegte seinen Wohnsitz nach Österreich. Neben den Shows veranstaltet der selbstständig tätige Jongleur auch Workshops an Schulen oder Sporteinrichtungen oder wird für Firmengalas gebucht. Dass die Community Potenzial habe und größer sei, als man denkt, spürte Preu schon auf seiner Weltreise nach dem Abitur. Ob in Thailand, Australien, den USA oder Mexiko. „Überall wird hobbymäßig jongliert.“ Davon leben können allerdings nur die Wenigsten.

Zum Lernen für Laien bieten sich Tücher an, Preu kann mit bis neun Gegenständen gleichzeitig jonglieren. Bei den Shows wird viel mit programmierbaren LED-Keulen gearbeitet. Auch griffige, gut ausbalancierbare Messer oder sogar Feuer sind für gewisse Effekte gelegentlich gefragt. „Theoretisch kann man mit allem jonglieren, was man werfen, halten und fangen kann. Wir versuchen, Jonglage auf ein anderes Level zu bringen“, sagt Preu. Dazu gehören auch zehn Weltrekorde. „Jonglissimo“ hält allein über 30 in der Team-Jonglage und beim Passing - dabei wirft man sich die Keulen gegenseitig zu. Ein Großteil der Shows findet in Deutschland, Österreich und der Schweiz statt. Aber auch in Frankreich, Tschechien, Italien, Polen, den USA, Japan oder China war das Team schon unterwegs.

Hoffnung auf Olympia-Aufnahme, Videos mit Timo Boll und Sabine Winter

Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften hat Julius Preu nach kurzer Zeit wieder abgebrochen, um den vollen Fokus auf Jonglieren legen zu können. Um sich ein zweites Standbein aufzubauen, brachte sich das Multitalent während der Corona-Zeit das Programmieren bei. Für die Zukunft hat sich der Jonglier-Profi auch schon Ziele gesetzt. Ein WM-Titel (2016 in der Unterkategorie “7-Ball-Freestyle”) steht schon zu Buche, 2024 soll der nächste folgen. „Wir wollen Jonglier-Weltmeister in der Team-Jonglage werden. Ich würde mir wünschen, dass Jonglage irgendwann ein olympischer Sport wird. Bis dahin werden aber wohl noch ein paar Jahre vergehen“, denkt Preu.

Die Tischtenniswettbewerbe in Paris wird der 26-Jährige ebenfalls verfolgen. Mit Timo Boll, Sabine Winter und vielen weiteren bekannten Sportlern hat er sich schon zum Jonglieren getroffen (Videos siehe unten). Gerade von Winter war der Bayer schon immer ein großer Fan. „Ihr Vater kam mal auf mich zu. Sabine war sofort begeistert.“ Auch die Bundesligaspielerin aus Dachau wird gemerkt haben, dass Jonglage und Tischtennis in gewissen Punkten durchaus ihre Gemeinsamkeiten haben.

Sehen Sie hier die Videos mit Timo Boll und Sabine Winter:

Zur TTR-Historie und Facebook-Seite, zu den Ergebnissen in Österreich sowie zum Instagram-Profil von Julius Preu.

Weitere Eindrücke zum Berufsalltag von Julius Preu finden Sie auf www.gravitos-show.com und auf www.jonglissimo.com!

Alle Infos zu unserer Serie ,Tischtennisspielende Multitalente'

(FKT) 

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