Buntes

K.-J. Assenmacher: Ein FIFA-Schiedsrichter am TT-Tisch

Tischtennisspieler und Ex-Schiedsrichter: Karl-Josef Assenmacher (©TTC Mersch-Pattern/Collage)

01.12.2014 - Sie sind keine 'gewöhnlichen' TT-Spieler: In unserer Serie "tischtennisspielende Mulitalente" haben wir Ihnen schon den Drittliga-Fußballer Johannes Rahn und den Bergsteiger Heiko Schneider vorgestellt. Nun ist Karl-Josef Assenmacher an der Reihe. Der Hürther machte sich als Fußball-Schiedsrichter einen Namen, brachte es zwischen 1976 und 1994 auf insgesamt 153 Bundesliga, 12 A-Länder- und 18 Europacup-Spiele.

Schließt sich eine Tür, öffnet sich eine andere  oder sogar mehrere. So könnte im Rückblick das Fazit lauten, wenn es um Karl-Josef Assenmachers Karriere als Fußball-Schiedsrichter geht. Denn eigentlich hatte der heute 67-Jährige gar keine Laufbahn 'an der Pfeife' geplant. Denn Assenmacher war selbst ein begabter Fußballer gewesen. Zumindest so begabt, dass er in der A-Jugend einen Vorvertrag beim 1. FC Köln unterschrieb. Mit 18 Jahren dann der Schock: Kreuzbandriss. Aus heutiger Sicht eine Verletzung, die einen Fußballer im Normalfall zwar erheblich zurückwirft, aber nicht das endgültige Karriereende bedeutet. Auch Assenmacher trat danach noch einmal gegen den Ball, allerdings verspürte er "immer Angst in den Zweikämpfen" und kam nicht mehr an sein altes Leistungsniveau heran.

Mit 21 hing er seine Fußballschuhe schließlich an den Nagel. "Ich dachte mir, na komm, dann werd' doch Schiedsrichter." Die ersten Spiele als Schiedsrichter in der Kreisliga folgten (und zu dieser Zeit griff der Hürther auch das erste Mal zum Schläger). "Als Schiedsrichter konnnte ich die Zweikämpfe durch meine Erfahrung als Spieler gut beurteilen", beschreibt der 67-Jährige den Grund dafür, dass es für ihn auf der Karriereleiter schnell nach oben ging: Mit 28 pfiff er die ersten Spiele in der 2. Bundesliga, mit 30 in der 1. Bundesliga, ehe er mit 34 zum FIFA-Schiedsrichter ernannt wurde. Auch als Tischtennisspieler arbeitete sich der Elektrotechniker immer weiter vor, spielte zu jener Zeit u.a. zusammen mit dem heutigen DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig in der Verbandsliga beim DJK Hürth.

In England als Hitler beschimpft
Im Rampenlicht stand er aber vor allem als Schiedsrichter. 1992 pfiff der Rheinländer bei der Europameisterschaft in Schweden. Dazu gesellten sich zwei Damen-Weltmeisterschaften sowie das Europapokal-Finale der Pokalsieger 1993 zwischen dem AC Parma und dem FC Antwerpen. Einen unschönen Moment erlebt Assenmacher im Oktober des gleichen Jahres: England und die Niederlande stehen sich in einem WM-Qualifikationssspiel gegenüber. Nur der Sieger qualifiziert sich für die Weltmeisterschaft in den USA im Jahr darauf. Als ein Engländer auf das Tor der Niederländer zuläuft, wird der von Ronald Koeman gefoult. Assenmacher will auf Strafstoß und Gelbe Karte entscheiden  damals noch die gängige Regelung für eine Notbremse im Strafraum – doch sein Linienrichter deutet ihm an, dass das Foul vor dem Strafraum begangen wurde. So entscheidet der Deutsche lediglich auf Freistoß und Gelbe Karte. "Da es nur ein Freistoß geworden ist, hätte ich die Rote Karte zücken müssen", erklärt der 67-Jährige das damalige Regelwerk und räumt das als Fehler ein, "allerdings sah man auf den Fernsehbildern später, dass das Foul doch knapp innerhalb des Strafraums begangen wurde, und meine erste Entscheidung richtig gewesen wäre."

Das Ende vom Lied: Der Freistoß bringt den Engländern nichts ein, Koeman macht fünf Minuten später auf der Gegenseite das 1:0, England nimmt nach der 0:2-Niederlage gegen die Niederländer erstmals nicht an einer WM teil. In der Folge hagelte auf Assenmacher heftige Kritik im Mutterland des Fußballs ein. "Ich wurde zum Buhmann gemacht und sogar mit Hitler verglichen." Zum Ende der Saison 1993/94 endete dann auch die Schiedsrichter-Laufbahn des Hürthers, weil er das Referee-Höchstalter erreicht hatte ("Das Alter sollte hochgesetzt werden, ich fühlte mich damals z.B. noch fit"). Danach wurde Assenmacher Schiedsrichter-Beobachter des DFB, was ihn aber nicht besonders glücklich machte: "Ich saß vor Bundesligaspielen in der VIP Lounge und habe mir den Bauch vollgeschlagen und nachher dann auch noch einmal", erzählt er und ergänzt: "Dadurch habe ich etwas zugenommen und war an fast jedem Wochenende unterwegs, so dass ich gar keine Zeit mehr hatte, selbst Sport zu machen."

"Habe etwas zugenommen und hatte keine Zeit mehr, selbst Sport zu machen"
Nach zwei Jahren gab er dieses Amt auf und schloss damit das Kapitel Fußball. Von nun an wandte sich der Rheinländer wieder verstärkt dem weißen Zelluloidball zu 
– und das mit großem Erfolg: Mit BW Hochneukirch wurde er gleich fünfmal Deutscher Mannschafts-Vizemeister der Senioren. Bei den World Senior Games, einer Art 'Senioren-Olympiade', gewann Assenmacher im Jahr 2003 im Doppel und mit der Mannschaft den Titel und erreichte im Einzel das Halbfinale. Seit Jahren ist der Hürther Stammgast bei Senioren-Europa und Weltmeisterschaften – wie auch in in diesem Jahr in Neuseeland – und schafft es dort oft bis in die Runde der letzten 32 oder bis ins Achtelfinale. Gerne verbindet der 67-Jährige solche Events mit Rundreisen. Welches Land es ihm besonders angetan hat: Die USA. "Dort habe ich viel gesehen und fahre inzwischen jedes Jahr hin. 2007 habe ich in Las Vegas die US Open in meiner Altersklasse gewonnen und beim Turnier auch Jörg Roßkopf und Steffen Mengel getroffen", so Assenmacher, den es zuletzt sogar zu einem Turnier nach Alaska verschlug. 

Im 'Tischtennis-Alltag' steht er dagegen in der Bezirksliga beim TTC Mersch-Pattern in der Box. "Reaktion, Konzentration und Ausdauer", das sind laut Assenmacher wichtige Faktoren bei diesem Sport. "Die haben mir im Übrigen auch als Schiedsrichter enorm weitergeholfen." Wie er als Ex-Fußball-Referee beide Sportarten in Sachen Fairness einschätzt? "Fair Play wird beim Tischtennis schon etwas größer geschrieben. Aber bei klaren Entscheidungen räumen die Fußballer in der Regel ihre Fehler auch ein", so Assenmacher, der "als ehemaliger Spieler immer viel Verständnis für diejenigen" gehabt habe, die nach seiner Pfeife tanzen mussten 
– ein Fingerspitzengefühl, das ihn letztlich zum FIFA-Schiedsrichter machte.

(DK)

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