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Die krassesten Härtefälle nach dem Saisonabbruch

Der Oldenburger TB bekundete seinen Unmut in einem offenen Brief an den TTVN und den DTTB. (©Verein)

03.05.2021 - Knapp eineinhalb Monate, nachdem unterhalb der TTBL und der Damen-Bundesliga die Saison in allen deutschen Ligen offiziell annulliert wurde, steht zumindest die Besetzung der ersten drei Bundesspielklassen für die kommende Spielzeit 2021/2022 schon wieder fest. Einigen Vereinen raubte der Abbruch den erhofften Aufstieg, andere bewarben sich vergebens um einen freien Platz. Wir haben die krassesten Härtefälle für Sie zusammengefasst.

Als die Corona-Pandemie den Tischtennissport im März 2020 zum ersten Mal zum Erliegen brachte, wurden deutschlandweit schnell rege Diskussionen entfacht. Entscheidungen über Auf- und Abstiege fielen neben der gewerteten Abschlusstabelle mancherorts über eine Quotientenregelung und führten teilweise mit rechtlichen Schritten sogar bis an den grünen Tisch. Schon damals erreichten uns zahlreiche von Ihnen eingeschickte Härtefälle. Ein Jahr veränderten sich die meisten Spielklassen kaum. Positiv ist, dass die Bundesligen allesamt ihre volle Sollstärke erreichen. Einige Rückzüge, wie vor kurzem in der 3. Liga, blieben allerdings auch diesmal nicht aus. 

Oldenburger TB sieht junge Spieler bestraft 

Mit einem an den DTTB sowie den TTVN adressierten offenen Brief sorgte der Oldenburger Turnerbund kürzlich für Aufsehen. Der Hintergrund: Die Niedersachsen, deren erste Herren-Mannschaft die Regionalliga Nord mit 8:0 Punkten klar dominierte, bekundeten ihren Unmut – nicht vorwiegend nur wegen des verpassten Aufstiegs, in erster Linie befürchte man durch die jüngsten Entwicklungen eine nachhaltige Schädigung für den Tischtennissport. „Es wird so getan, als ob alles so wäre wie vor der Pandemie. Wir halten das für einen großen Fehler. Auch im Tischtennissport wird nichts mehr so sein wie zuvor“, heißt es in Auszügen der Formulierungen des verfassenden Pressewarts Kurt Dröge. 

Durch Rückzüge und abkehrende Mitglieder drohe der Stellenwert im Profi- und Amateurbereich massiv zu leiden. „Die Fachverbände machen es sich viel zu einfach. Jetzt sind neue Konzepte gefragt“, fordert der OTB, der damit unter anderem auf grundsätzlich veränderte Klassen- und Staffeleinteilungen anspielt und „das sture Festhalten an Wechsel- und Meldeterminen“ kritisch hinterfragt. Auch die jugendliche Talentförderung sieht der Klub gefährdet. Für Nachwuchskader-Athlet Heye Koepke wünsche man sich die klare Zielperspektive 3. Bundesliga. Spieler wie der talentierte 18-Jährige seien durch die „falschen Beschlüsse geradezu bestraft und nahezu gezwungen, erneut den Verein zu wechseln.“ 

TTVN bezieht Stellung

Die Oldenburger hoffen in naher Zukunft auf eine Anpassung der Entscheidungen auf Bundes- und Landesebene. „Wir fordern alle verantwortlichen Funktionäre auf, nach sportlich fairen Lösungen zu suchen und sich nicht an Paragrafen der Wettspielordnung festzuklammern.“ In anderen Sportarten wie Fußball und Handball werde um „gute Lösungen“ gerungen sowie über „unkonventionelle Regeländerungen“ debattiert. Um die Zahl der Härtefälle möglichst gering zu halten, bitte der Turnberbund im Interesse des allgemeinen Tischtennissports, die Gespräche anlaufen zu lassen. Den kompletten, ausführlichen Brief finden Sie hier.

Dem TTVN sind im Fall Oldenburg die Hände gebunden, wie es TTVN-Geschäftsführer Heinz Löwer in einer Stellungnahme gegenüber dieser Redaktion bestätigte. „Für die Bundesligen sind wir grundsätzlich der falsche Ansprechpartner. Natürlich würden wir uns freuen, wenn der OTB mit seinen Talenten in der 3. Liga spielen würde. Aber es müssen alle Vereine gleich behandelt werden. Die Wettspielordnung lässt keinen Spielraum zu. Mit Sonderregelungen abseits der WO sind wir nie gut gefahren.“

Effeltrich wird rückwirkend Drittligist – Waldniel zeigt Verständnis

Ein ebenfalls äußerst ungewöhnlicher und gleichzeitig extremer Fall stellt die DJK SpVgg Effeltrich dar. Über Umwege erhielt der Regionalligist auf Beschluss des DTTB-Präsidiums erst am Dienstag rückwirkend für die vorherige Spielzeit 2020/2021 das Startrecht für die 3. Bundesliga (Herren Süd), die damit auf elf Teams anwächst. Für die Oberfranken (bis zur Annullierung Vierter in der Regionalliga Süd) endete damit ein „langwieriges, rechtliches Hickhack“, wie es der BTTV auf seiner Homepage bezeichnet. Auslöser war die Wertung der „Abbruch-Serie“ 2019/2020, die den bayerischen Klub wider Willen in die vierte Liga verdonnerte. „13 Monate Kampf haben sich ausgezahlt“, schreibt die DJK auf ihrer Homepage und dankt vor allem seinem Juristenteam für deren „unermüdlichen Einsatz und unglaublichen Rückhalt.“

In der Regionalliga hätte der TTC Waldniel ab September nur allzu gerne gespielt. Der ambitionierte NRW-Oberligist aus der Nähe von Mönchengladbach (mit 14:0 Punkten nach sieben ausgetragenen Partien souveräner Tabellenführer) war auf dem besten Weg zum Durchmarsch in die Viertklassigkeit. Dass dieser nun vorerst verhindert wurde, rief bei den Leidtragenden neben aller Enttäuschung auch Verständnis hervor. „Natürlich haben wir noch lange gehofft, aber am Ende hat die Vernunft gesiegt. Wir wollen einen neuen Anlauf starten“, sagt Abteilungsleiter Klaus Taplick.

In Hamm passte alles – kein Zuschlag für Altena 

Dieses Vorhaben peilt auch der TTC GW Bad Hamm noch einmal an. Der Zweitliga-Spitzenreiter (8:0 Punkte aus vier Spielen) wollte unbedingt in die TTBL. Nutznießer des verwehrten Aufstiegs der Westfalen ist der TTC OE Bad Homburg, der sportlich eigentlich in die 2. Liga abgestiegen wäre. Hamms Vorsitzender Martin Vatheuer ist sich ziemlich sicher, dass seine Mannschaft Platz eins nicht mehr hergegeben hätte. „Die Planungen gingen Richtung erste Liga. Die Spieler haben sich darauf gefreut. Wir waren sehr gut aufgestellt und hatten das beste Team der Liga. Davon kann man jetzt leider weniger ausgehen. Köln ist der große Favorit, aber wir wollen wieder oben mitspielen.“

Ähnlich hart traf es unter anderem auch den TTC Bietigheim-Bissingen (Regionalliga Südwest, Herren, 12:0 Punkte), den SV Windhagen (Oberliga Südwest Herren, 11:1) oder den ESV Weil II (Oberliga Baden-Württemberg Damen, 10:0). Kompliziert schien die Situation beim TTC Altena, der lange auf einen der frei gewordenen Plätze in der 3. Liga schielte, den Zuschlag aufgrund der im Vergleich zu anderen Vereinen schwächeren Platzierung in der Regionalliga-Abschlusstabelle 2019/2020 aber letztlich nicht bekam. „Wir haben mit Tobias Slanina (Bewohner im DTTI, Anm. d. Red.) ein großes Talent in unseren Reihen und wären gerne hoch gegangen, wollen aber auch kein Trübsal blasen“, meint der TTC-Vorsitzende Ralf Springbob.

Annen rückt in die 2. Liga auf - Spitzenspielerin wechselt

Einer der wenigen Glücklichen ist hingegen die DJK BW Annen. Die erste Damen-Mannschaft des Vereins aus Witten führte die 3. Liga Nord mit 10:0 Punkten unangefochten an und musste dennoch bis zum Schluss zittern. Vor eineinhalb Wochen gab es dann grünes Licht: Annen darf durch die als Aufrückkriterium herangezogene Vorsaison tatsächlich in die 2. Liga. „Wir mussten lange zweigleisig planen. Die Spielerinnen wussten lange nicht, in welche Richtung es geht. Unsere Nummer eins Elena Kuzmina haben wir leider schon an den Konkurrenten aus Uentrop verloren“, erklärt Damenwart und Geschäftsführer Paulo Rabaça, der sich trotzdem auf das Abenteuer freut.

Ärger und Frust auf der einen, Nachvollziehbarkeit auf der anderen Seite. So groß der Vorsprung für einige Klubs auch war und so gerne mancher sich in der neuen Saison eine Klasse höher beweisen wollte, so sehr hoffen alle, dass es bald überhaupt wieder an die Tische zurückgeht. Eine sorgenfreie Spielzeit, optimalerweise irgendwann nach der Pandemie ohne jegliche Hürden und Diskussionen über Auf- und Abstiege, wäre definitiv für alle wünschenswert. 

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(FKT)

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