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WM-Blog: China, China und ein bisschen Hina

Hina Hayata sorgte in Durban für ein bisschen Abwechslung in den späteren Runden (©ITTF)

27.05.2023 - Die Individual-WM in Durban ist in der heißen Phase angekommen. Und wenn man auf die Spiele am vorletzten Turniertag schaut, wird einem die chinesische Übermacht wieder einmal mehr als bewusst. Neun der zwölf Spieler oder Doppel, die jetzt noch im Rennen sind, kommen aus der Tischtennisnation. myTischtennis.de-Redakteurin Janina Schäbitz denkt darüber nach, wie wichtig Ausreißer wie die von Hina Hayata oder des koreanischen Doppels für den Sport sind.

Sport lebt auch von Unberechenbarkeit und Überraschungen. Wenn man immer vorher schon wüsste, wer das Fußballspiel oder den 100-Meter-Sprint gewinnt, würde man sich solche Wettkämpfe schließlich nicht anschauen. Tischtennis hat auch Überraschungen zu bieten, wie wir im Laufe der WM in Durban des Öfteren erlebt haben. Aber an einer Konstante ist halt einfach nicht zu rütteln: an der Dominanz der Chinesen. Dass in den ersten Runden bereits Topspieler aus anderen Ländern - wie Hugo Calderano, Mattias Falck oder Truls Moregardh - ausschieden, hatte dramaturgisch den positiven Aspekt, dass Underdogs aus unteren Weltranglistenregionen ihren großen Moment und eine für sie unvergessliche WM erlebten. Die negative Konsequenz ist dagegen, dass jene Topspieler, die an einem guten Tag auch einmal einen Chinesen schlagen können, nun in den letzten Runden fehlen, um ein bisschen Würze in das Feld zu bringen.

Wichtig für den Sport

Eine der wenigen, die dies in Durban vollbracht hat, ist Hina Hayata. Sie hatte gemeinsam mit Tomokazu Harimoto bereits ein chinesisches Mixed-Doppel aus dem Wettbewerb geworfen, mit ihrem Viertelfinalsieg gegen Wang Yidi im Einzel aber ihren großen Coup gelandet. In dem Moment schienen sich im Publikum viele Nicht-Chinesen hinter der Japanerin zu vereinen, in der Hoffnung, dass es zumindest eine schaffen würde, mal für ein anderes Ergebnis zu sorgen. Es erinnerte mich an ein Match vor ein paar Tagen, als die Lebrun-Brüder kurz davor waren, Fan Zhendong und Wang Chuqin zu schlagen, und sich in der Halle einige Topspieler aus anderen Ländern versammelten, um zu schauen, ob der Riese wirklich umfällt. Hina Hayata hat es im Gegensatz zu den Lebruns geschafft und in Durban als Nummer zehn der Welt erstmals eine Chinesin geschlagen. 

Vielleicht machte das Shin Yubin und Jeon Jihee Mut, die nur kurze Zeit später für die fast noch größere Überraschung sorgten, als sie die Weltmeisterinnen Sun Yingsha und Wang Manyu mit 3:0 aus dem Wettbewerb warfen und ins Finale einzogen. Das Publikum - darunter eine Menge Korea-Fans - rastete förmlich aus und feierte wie zuvor Hayata die beiden Koreanerinnen. Was einem in solchen Momenten immer wieder bewusst wird, ist, wie wichtig solche Siege für den Sport sind. Niemand spricht den Chinesen ihre Übermacht und ihre Erfolge ab. Sie sind die Besten der Welt und sie haben es verdient, zu gewinnen. Damit ein Sport interessant - und halt eben zu einem gewissen Teil unberechenbar bleibt -, muss es aber ab und zu auch mal Spielern aus anderen Nationen gelingen, sie zu schlagen.

China nicht auch noch bevorzugen

In den Monaten vor der WM hatte man fast den Eindruck, dass vor allem die chinesischen Herren etwas zulassen könnten. So verlor selbst die Nummer eins Fan Zhendong etwa gegen Alexis Lebrun beim WTT Macao und gewann gegen Lim Jonghoon beim WTT Xinxiang hauchdünn erst im siebten Satz. Doch gerade bei einer WM muss man halt schon einen fabelhaften Tag erwischen - und alle Umstände sollten stimmen -, um China zu ärgern. Da hilft es dann auch nicht, wenn wie in Dang Qius Fall, das Achtelfinale gegen Fan Zhendong um 11:40 Uhr bestritten werden muss, wenn man nach dem Drittrunden-Match gegen Felix Lebrun erst um 23 Uhr die Halle verlassen hat. Klar, das sind Sportler, die müssen schnell wieder parat sein. Aber wenn der eine etwa zwölf Stunden - und das über Nacht - Zeit zur Vorbereitung hat und der andere einen ganzen Tag, dann grenzt das halt schon an Wettbewerbsverzerrung. Und das gerade gegen China, wo man halt - wie eben erwähnt - wirklich beste - oder wenigstens gleiche - Bedingungen haben muss. „Man sollte sich insgesamt mehr Gedanken über die Belange der Sportler machen und nicht so sehr über das asiatische Fernsehpublikum. Denn es ist eine WM für alle“, lautete Jörg Roßkopfs Kommentar zu dieser WM-Episode.

Während ich diese Zeilen schreibe, ist Hina Hayata ausgeschieden. Gegen eine erneut bärenstarke Sun Yingsha, die sich immer perfekt an neue Herausforderungen anpassen kann und damit auch die große Favoritin für den Titel ist. Nichtsdestotrotz danke ich der Japanerin - und auch den beiden Koreanerinnen - für ein kleines bisschen Abwechslung an den letzten Turniertagen. Dem Sport hat es auf jeden Fall gut getan.

(JS)

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