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Fabians Blog: Corona trifft TT-Nachwuchs doppelt hart

Hier war die Welt noch in Ordnung: Ingo Hansens beim Jugendtraining im Jahr 2019. (©Hansens)

15.02.2021 - Der zweite Lockdown wurde kürzlich erst bis zum 7. März verlängert. Wenig später haben sich die ersten Landesverbände (Bayern, Hessen und Pfalz) für eine Annullierung der unterbrochenen Saison 2020/2021 entschieden. Was bedeutet das für die junge Tischtennis-Generation? myTT-Redaktionsvolontär Fabian Kleintges-Topoll ist dieser Frage in seinem Blog mal auf den Grund gegangen. Der 25-Jährige befürchtet einen Rückgang im Jugendbereich.

Als ich Anfang Oktober 2020 beim niedersächsischen Dorfklub FC Bennigsen zu Gast sein durfte, um ein Vereinsporträt für die Amateurreihe ,Deutschlands größte Vereine‘ im Magazin ‚tischtennis‘ zu schreiben, wurde mir eindrucksvoll vorgelebt, wie erfolgreiche Jugendarbeit in einer Tischtennisabteilung funktioniert. Sechs qualifizierte Trainer, neun Mannschaften und über 40 aktive Nachwuchsspieler. Alle 15 Tische in der großen Halle waren besetzt, die Auswirkungen des ersten Corona-Lockdowns zu diesem Zeitpunkt hingegen wenig bis gar nicht zu spüren. 

Kleinere Vereine stehen vor Problemen

Meine große Sorge ist, dass die zweite Welle deutlich weitreichendere Folgen mit sich bringen wird. Nun sind die Sportstätten schon fast vier Monate geschlossen. Ein Dreivierteljahr ist vergangen, in dem die allermeisten Kinder und Jugendlichen in Deutschland keinen Schläger mehr in der Hand halten konnten. Je länger die Pause anhält, desto schwieriger wird es für viele, das Tischtennisfieber neu zu entfachen. Eine These, die auch mein Redakteurskollege Daniel Koch in seinem letzten Blog teilte und vor der einige Experten schon länger warnten.

Der eine oder andere Senior wird es sich sicherlich überlegen, ob er noch einmal an den Tisch zurückkehrt. Umso besorgniserregender wäre das Szenario, wenn Teile der jüngeren Generation die Lust am Sport komplett verlieren und den Hallen künftig fernbleiben würden. Denn Mitgliederschwund ist im Tischtennis leider schon länger ein großes Problem, welches durch Corona aber noch einmal massiv beschleunigt werden könnte. Je länger der Lockdown andauert, desto größer ist diese Gefahr. Gut laufende Abteilungen werden damit weniger zu kämpfen haben. Ganz im Gegensatz zu kleineren Vereinen, wo nur noch wenige Jugendliche angemeldet sind. Von den Klubs ohne eigenen Nachwuchs mal ganz zu schweigen. 

Lernprozess gestoppt - Junge Bevölkerung zahlt den Preis

Zusätzlich dazu spielt für mich auch der gestoppte Lernprozess eine wichtige Rolle. Oft ist dahingehend von einem verlorenen Jahr die Rede, was meiner Meinung nach auch stimmt. Man stelle sich zum Beispiel einen 14-jährigen Jungen vor, der im vergangenen Spätsommer zum ersten Mal beim Tischtennistraining war, dem es dort gefiel und der gut zwei Monate die Grundtechniken beigebracht bekam. Am Anfang lernt man bekanntlich am meisten. Der Junge müsste jedoch nach der Unterbrechung wieder komplett bei Null anfangen, sofern er überhaupt noch mal wiederkommt.

Auch die Entwicklungen von noch jüngeren Talenten gerät ins Stocken. Ich selbst war viele Jahre bei meinem Verein als Jugendtrainer aktiv und habe bei vielen Kids voller Freude festgestellt, wie schnell sie den nächsten Schritt gegangen sind. Und jeder wird aus eigener Erfahrung wissen, was passiert, wenn man für viele Wochen mal nicht am Tisch stand. Nicht jeder Familienvater stellt seinem Sohn im Keller einen Tisch mit Roboter auf, an dem er tagtäglich trainieren kann.

Virtuelle Alternativen – Hoffnung mini-Meisterschaften

Neben dem sportlichen Aspekt und der fehlenden Bewegung sind auch die sozialen Folgen nicht außer Acht zu lassen. Viele Vereine werden in Corona-Zeiten kreativ und versuchen das Miteinander zu den Jugendlichen über virtuelle Wege (Fitnesseinheiten, Besprechungen etc.) aufrechtzuerhalten. Das ersetzt natürlich keineswegs ein normales Training mit Spiel und Spaß und ist vor allem mit jüngeren Kindern nicht so leicht umzusetzen. Trotz aller Bedenken besteht natürlich weiterhin die Hoffnung, dass den Kindern und Jugendlichen durch die Pandemie nicht zu viel genommen wird und sie schon bald wieder an die Tische zurückkehren können.

Ein Lichtblick: Auch wenn in Hessen und Bayern mit der Annullierung der Saison 2020/2021 in der vergangenen Woche ein klarer Schlussstrich gezogen wurde, wird schon jetzt an Alternativangeboten für die Sommermonate gearbeitet. Für die mini-Meisterschaften des DTTB und seiner Landesverbände, einer der größten und erfolgreichsten Nachwuchswerbeaktionen im deutschen Sport, wurde beispielsweise bereits der übliche Austragungsschluss für die Ortsentscheide vom 14. Februar auf den 31. Mai verlängert.

Vereinsleben steht still – Ehrenamtler gefordert

Durch die Ausrichtung einer mini-Meisterschaft baute auch der FC Bennigsen früh eine gute Kooperation zur angrenzenden Grundschule auf. Einmal jährlich können die Schüler der ersten bis vierten Klasse ihr Tischtennis-Sportabzeichen erwerben. Mit Hilfe des Mini-Athleten-Projekts des niedersächsischen Verbands sollen Vorschulkinder spielerisch von der Sportart Tischtennis überzeugt werden und im Optimalfall ein Anmeldeformular unterschreiben. Das alles fällt derzeit genauso weg wie gemeinsame Mannschaftsfahrten oder gemeinsame AG’s. 

All das zeigt, wie stark Corona den TT-Nachwuchs aktuell ausbremst. Wie sehr sich das Virus allerdings nachhaltig auf den Sport auswirkt, darüber kann Stand jetzt nur spekuliert werden. Dass die Krise den Tischtennissport in Zukunft mehr schädigen könnte, als zu Beginn der Pandemie vermutet, dürfte klar sein. Umso mehr sind die Ehrenamtler gefordert, die Kinder und Jugendlichen auch in dieser schwierigen Zeit bei Laune zu halten und sie bestmöglich auf eine Rückkehr vorzubereiten. 

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(FKT)

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