WM-Blog

ABC: Anti-Wunder, Publikumslieblinge, unfaire Fans?

myTT-Redakteur Fabian Kleintges-Topoll fasst die WM in bunten Geschichten zusammen. (©privat)

26.05.2025 - Die Einzel-Weltmeisterschaft in Doha ist vorüber und hat wieder eine Menge bunte Geschichten geschrieben – von taktischen Experimenten, strauchelnden und überraschenden Stars bis hin zu kulturellen Besonderheiten, die man in Europa so nicht kennt. myTischtennis.de-Redakteur Fabian Kleintges-Topoll war für Sie neun Tage in Katar vor Ort und ruft die besonderen Ereignisse aus dem Wüstenstaat in seinem Abschlussblog, unserem klassischen WM-ABC, noch einmal alphabetisch ins Gedächtnis.

Novum: Keine chinesische Medaille im Herren-Doppel! Das gab es in diesem Jahrtausend bisher erst zum dritten Mal. 2013 in Paris triumphierten Chen Chien-An/Chuang Chih-Yuan (Taiwan), 2021 in Houston Kristian Karlsson und Mattias Falck. Nun krönten sich der Ochsenhausener Shunsuke Togami und der Neu-Grünwettersbacher Hiroto Shinozuka zum Weltmeister.

Ovtcharov: Er reiste schon mit Rückenproblemen an. Nach dem verlorenen Herren-Doppel-Auftakt gegen zwei Außenseiter aus Australien an der Seite von Patrick Franziska teilte der Olympia-Dritte von 2021 mit, dass das Turnier für ihn beendet war. Zu groß seien die Schmerzen gewesen, die sich bis in den Arm zogen. Bleibt zu hoffen, dass der Deutsche schnell wieder fit wird.

Publikumslieblinge: Nicht Moregardh, nicht Harimoto, nicht Calderano – die Lieblinge der Halle, die in großen Teilen mit weiblichen, lautstark kreischenden, chinesischen Fans gefüllt war, hießen ganz klar Wang Chuqin, Sun Yingsha und Liang Jingkun. Sie wurden förmlich vergöttert. Die Anhänger präsentierten in den Fluren sogar Figuren ihrer Idole in Lebensgröße und knipsten Fotos ohne Ende. Unfair: Das Klatschen und Jubeln bei Netz- und Kantenbällen oder Fehlaufschlägen. Kurios: Der Weltranglistenerste Lin Shidong oder Chen Xingtong scheinen sich diesen Status scheinbar erst noch erarbeiten zu müssen. Sie wurden trotz derselben Nationalität nicht so frenetisch gefeiert wie das angesprochene Trio.

Qatar University Sports Complex: Neben der Haupthalle wurde an den ersten vier Tagen in der modernen und deutlich helleren Universitäts-Halle gespielt. Die Profis hatten zu Beginn mit den unterschiedlichen Bedingungen zu kämpfen. Für uns Journalisten war es eine gelungene Abwechslung. 

Riyal und Rote Tische: Katar-Riyal, die Währung im Golfstaat. Teuer war es im Vergleich zu Deutschland nicht. Wer abends in der Nähe der Halle essen wollte, zahlte schnell mal 60 Riyal (ca. 15 Euro) für eine Pizza mit Cola – völlig in Ordnung. Die Umrechnung (geteilt durch vier) fiel nicht schwer, Kartenzahlung wurde überall akzeptiert. Meinen Blog zu den außergewöhnlichen Roten Tischen (Hingucker mit Haken) habe ich unten verlinkt. 

Scheichs: Ihre weißen Gewänder kannte ich zuvor nur von Bildern, in Doha sah man sie, soweit das Auge reichte. Vereinzelte von ihnen nahmen in den Logen Platz. Neben den Scheichs fielen mir in der Stadt und vor allem im Hotel einige verschleierte Frauen auf. Eine andere Kultur eben. 

Titelverteidiger: Wang Chuqin und Sun Yingsha (Mixed) sowie die Weltranglistenerste im Einzel waren die einzigen Titelverteidiger im gesamten Turnier. Es war ihr bereits dritter Mixed-Titel hintereinander, für Sun im Einzel der zweite in Folge.

Ueda: Bis Sommer trägt er noch das Trikot des TSV Bad Königshofen in der Tischtennis-Bundesliga. Danach geht es für Jin Ueda zurück in seine Heimat. Dass der Japaner eine Trainerkarriere starten möchte, ist schon länger bekannt. In Doha saß der 33-Jährige erstmals bei einer WM für sein Land als Coach hinter der Bande.

Volunteers und Videobeweis: Ohne die viele freiwilligen Helferinnen und Helfer wäre die Durchführung einer WM nie möglich. Hilfsbereit, freundlich, motiviert, unsere Berührungspunkte mit den Volunteers vor Ort waren vor allem beim reibungslos funktionierenden Shuttlebus-Transfer zwischen Hallen und Hotel sehr positiv. Meinen Blog zur Videobeweis-Premiere in Doha lesen Sie unten. 

Weltmeisterliches Wetter: Mittlerweile weiß ich, warum die Fußball-WM 2022 in Katar im Winter stattgefunden hat. Es herrschten die ganze Woche über Temperaturen zwischen 40 bis 45 Grad in der prallen Sonne, tagsüber war es draußen selbst im Schatten kaum auszuhalten, im frühen Dunkel (18 Uhr und später) zeigte die Wetter-App noch über 30 Grad an. Die Klima-Anlagen im Inneren glichen die Hitze aus. Für den Kreislauf war das zu Beginn nicht ganz so einfach. Ohne Jacke wäre man vermutlich krank geworden. Die Hauptstadt wacht im Übrigen erst nach Sonnenuntergang auf, tagsüber sah man kaum Menschen auf der Straße. Die höchste, in Katar jemals gemessene Temperatur betrug im Übrigen 50,4 Grad!

Xingtong Cheng: Die Nummer drei der Welt war von Annett Kaufmann in der zweiten Runde ordentlich gefordert worden. Mit dem ersten WM-Titel für die 27-Jährige wurde es jedoch nichts. Wie schon in Durban musste sich die Chinesin nach der Halbfinal-Niederlage gegen Wang Manyu mit Bronze begnügen. 

Yuan Wan: Von der Ersatzbank auf die große Bühne: Die Weinheimerin zählte viele Jahre nur zur zweiten Reihe im DTTB-Damen-Team. Nach Platz vier bei Olympia im Team stand die Freundin von Anton Källberg so richtig im Fokus und präsentierte sich auch in Doha stark. Im Einzel schlug sie Fu Yu, es war ihr erster WM-Einzelsieg überhaupt - im Doppel verpasste die 28-Jährige an der Seite von Sabine Winter nur knapp eine Medaille.

Zuschauer: Anfangs war die Halle leer – bis zur Mitte der Woche tat sich wenig. Erst ab den Achtelfinals kam immer mehr Stimmung auf, den Chinesen sei Dank! Manche von ihnen brachen nach dem Halbfinal-Aus von Liang Jingkun sogar in Tränen aus. Eine Welt brach für sie zusammen. Grund zur Freude gab es ja dann doch noch. Die knapp 15.000 Zuschauer fassende Halle war höchstens zu einem Drittel bis knapp zur Hälfte voll, wie versprochen ausverkauft waren die Sitze nicht. Immerhin: Zum Tischtennis mussten anders als bei der Fußball-WM 2022 keine „ausländischen Anhänger“ eingekauft werden. Damals verkleideten sich beispielsweise Einheimische als Deutschland-Fans. 

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Welches bunte Ereignis ist Ihnen von der WM in Doha besonders in Erinnerung geblieben?

(FKT)

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