26.09.2022 - Lange mussten sich Tischtennis-Fans gedulden, nach vier Jahren ist es ab Freitag aber so weit: Dann beginnt im chinesischen Chengdu die erste Mannschafts-Weltmeisterschaft seit dem Jahr 2018. Klar ist, dass es keine WM wie jede andere werden wird. Aufgrund der speziellen Coronasituation in China wird in einem "Closed-Loop-System", einer Art Blase, gespielt. Bei den Herren fehlt das Olympia-Trio Dimitrij Ovtcharov, Timo Boll und Patrick Franziska im deutschen Aufgebot.
1.608 Tage – so groß ist die Zeitspanne, die zwischen dem Finaltag der Mannschafts-WM 2018 in Halmstad und dem ersten Wettkampftag der Mannschafts-WM 2022 in Chengdu liegt. Nachdem die eigentlich für März 2020 geplante WM im südkoreanischen Busan mehrmals verschoben und im Frühjahr 2021 schließlich endgültig abgesagt wurde, finden nun erstmals wieder Welttitelkämpfe mit der Mannschaft statt. Vom 30. September bis 9. Oktober werden über 250 teilnehmende Spielerinnen und Spieler um Titel und Medaillen kämpfen – und das unter strengen Coronavorschriften in einer Metropole, in der bis vor kurzem ein dreiwöchiger Teillockdown herrschte.
Für die Teilnehmer – manche Spieler und Verbände, wie etwa Österreich, verzichten komplett auf die Teilnahme – gilt ein strenges Protokoll, das schon vor dem Turnier begonnen hat und sich an den Olympischen Winterspielen, die im Januar in Peking stattfanden, orientiert. Alle Teams begeben sich in eine geschlossene Blase, aus der niemand Kontakt nach außen haben soll. Die Anreise war nur mit eigens von der ITTF gecharterten Flügen möglich, der DTTB-Tross reiste am 25. September über Dubai nach Chengdu.
Prause: "Von Zäsur kann keine Rede sein"
Bei den an Position zwei gesetzten Herren geschah das allerdings ohne das Olympia-Trio Dimitrij Ovtcharov, Timo Boll und Patrick Franziska und stattdessen mit Ricardo Walther, Kay Stumper und Fanbo Meng sowie Einzel-Europameister Dang Qiu und Benedikt Duda als Führungsspielern. Abwehrass Ruwen Filus hatte freiwillig verzichtetet, weil er aufgrund der strengen Bestimmungen im Notfall nicht spontan zu seiner Familie hätte fliegen können.
DTTB-Sportdirektor Richard Prause sagte im Vorfeld des Turniers zur Nominierungsfrage bei den Herren: "Wir haben lange darüber diskutiert. Die Entscheidung war sicherlich keine leichte. Timo Boll und Dimitrij Ovtcharov, die vor der EM in München lange verletzt waren, sowie der junge Vater Patrick Franziska sollen während ihrer WM-Pause weiter ihre Form aufbauen. Im Anschluss an die WM werden sie bei den mit vielen Punkten fürs Einzel- und damit auch Olympia-Team-Ranking stattfindenden WTT Champions und WTT Cup Finals in China wieder in den internationalen Turnierzirkus einsteigen." Von einer richtungsweisenden Zäsur könne keine Rede sein, man wolle die junge Generation aber schon einmal in die Pflicht nehmen und sie weiterentwickeln, ähnlich wie bei der Team-EM 2021, als die deutschen Damen und Herren ohne fünf der sechs Olympiastarter jeweils Gold gewannen.
Trotz des Fehlens von Ovtcharov, Boll und Franziska hält Bundestrainer Jörg Roßkopf an hohen Zielen für das Turnier fest: "Am Traum, Weltmeister zu werden, ändert sich gar nichts; der bleibt auch diesmal der Gleiche. Man muss sich immer hohe Ziele setzen. Natürlich wird es in dieser Konstellation nicht einfacher, aber ich glaube immer daran, dass meine Mannschaft das Maximum erreichen kann und traue ihr das auch in Chengdu zu. Unter dieser Voraussetzung fliege ich nach China. Wir visieren erst einmal eine Medaille an, und wenn man in diesem Bereich ist, geht sowieso alles. Wir werden es einfach probieren. Wieso auch nicht?" In der Favoritenstellung auf die vorderen Plätze sieht der Bundestrainer neben Titelverteidiger China vor allem Deutschland, Südkorea, Japan, Taiwan und Schweden. "Ich habe im Gefühl, dass die Schweden diesmal eine Medaille holen", sagt Roßkopf.
Shan und Han erstmals bei Team-WM dabei
Schon bei der Individual-WM im vergangenen Jahr hatten Han Ying und Shan Xiaona zum ersten Mal die deutschen Farben vertreten dürfen, bei einer Mannschafts-WM wird das aber nun eine Premiere sein. Die beiden gebürtigen Chinesinnen bilden in ihrer alten Heimat ein Team mit Vize-Europameisterin Nina Mittelham, der EM-Dritten Sabine Winter und WM-Debütantin Annett Kaufmann. Im Aufgebot fehlt die verletzte Petrissa Solja. Shan, die wie Mittelham und Han in diesen Monaten auch in der japanischen T.League aufschlägt, freut sich auf ihre erste Mannschafts-WM mit dem deutschen Team: "Ich spiele seit 2013 für Deutschland und musste neun Jahre darauf warten. Ich freue mich total, endlich eine Mannschafts-WM spielen zu dürfen. Mein Ziel ist, mit der Mannschaft bei der WM eine Medaille für Deutschland zu holen. Wir werden alle versuchen, unser Bestes zu geben. Gucken wir erst einmal, was uns die Auslosung bringt und denken dann von Spiel zu Spiel."
Tamara Boros, für die eine Mannschafts-WM als Damen-Bundestrainerin ebenfalls eine Premiere darstellt, erklärt: "Ich merke bei Ying und Nana vor ihrer ersten Team-WM, dass sie hoch motiviert sind, in Chengdu mit der Mannschaft ein gutes Ergebnis zu erzielen. Peti ist leider nicht dabei, aber mit Ying, Nana, Nina, Sabine und unserem Talent Annett haben wir ein gutes Team. Wir sind an Position fünf gesetzt, daher ist das Erreichen des Viertelfinals unser erstes Ziel. Ich hoffe, dass wir das schaffen und dann ein gutes Spiel um die Medaille machen." Im Viertelfinale müsse ihr Team dann sehr gut spielen und mit der Auslosung auch ein wenig Glück haben. "Wir werden wie immer unser Bestes geben", verspricht Boros.
Auslosung am Mittwoch
Die Auslosung der Vorrundengruppen findet am Mittwoch statt, bei den Herren wird es insgesamt sieben Gruppen geben, bei den Damen sechs. Am Ende schaffen es jeweils 16 Teams ins Achtelfinale, das am Mittwoch, den 5. Oktober, beginnt. Hierfür qualifizieren sich die Gruppenersten und Gruppenzweiten, weitere Startplätze erhalten zudem einige Gruppendritte.
Das deutsche Aufgebot bei der WM in Chengdu (30. September bis 9. Oktober):
Herren
Dang Qiu (Verein: Borussia Düsseldorf, Weltrangliste vom 13. September: 9), Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt, WR: 36), Ricardo Walther (ASV Grünwettersbach, WR: 74), Kay Stumper (Borussia Düsseldorf, WR: 100), Fanbo Meng (TTC RhönSprudel Fulda-Maberzell, WR: 101)
Damen
Ying Han (KTS Enea Siarka Tarnobrzeg POL / Top Nagoya JPN, WR: 8), Nina Mittelham (ttc berlin eastside / Kyushu Asteeda JPN, WR: 13), Xiaona Shan (ttc berlin eastside / Kyoto Kaguya JPN, WR: 18), Sabine Winter (TSV Schwabhausen, WR: 46), Annett Kaufmann (SV Böblingen, WR: 125)
Trainer-Team
Richard Prause (Sportdirektor), Jörg Roßkopf (Herren-Bundestrainer), Tamara Boros (Damen-Bundestrainerin), Lars Hielscher (Cheftrainer Düsseldorf), Xiaoyong Zhu (Bundesstützpunkttrainer)
Physiotherapeutinnen
Birgit Schmidt und Annette Zischka (OSP Hessen in Frankfurt/Main)
Die teilnehmenden Mannschaften in der Übersicht
Herren: Ägypten, Algerien, Australien, Belgien, Brasilien, China, Taiwan, Dänemark, Deutschland, England, Frankreich, Hongkong, China, Indien, Iran, Japan, Kanada, Kasachstan, Kroatien, Mexiko, Österreich, Polen, Portugal, Puerto Rico, Republik Korea, Rumänien, Saudi-Arabien, Schweden, Singapur, Slowakei, Slowenien, Thailand, Tschechische Republik, Ungarn, USA, Usbekistan
Titelverteidiger: China
Damen: Ägypten, Algerien, Brasilien, China, Taiwan, Deutschland, Frankreich, Hongkong, China, Indien, Iran, Japan, Italien, Kanada, Luxemburg, Malaysia, Mexiko, Polen, Portugal, Puerto Rico, Republik Korea, Rumänien, Schweden, Singapur, Slowakei, Südafrika, Thailand, Tschechische Republik, Ukraine, Ungarn, Usbekistan, USA
Titelverteidigerinnen: China
Liveticker auf der WTT-WM-Webseite, kostenloser Livestream von Tisch 2-6 auf Youtube, kostenpflichtiger Livestream von Tisch 1 auf xyzsports.tv
(DK/DTTB)
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