Buntes

Florian Ebner: „Spannende Zeit mit Höhen und Tiefen“

Letzte Amtshandlung: Florian Ebner (r.) neben seinem Sohn beim CL-Final-Four in Saarbrücken. (©Gohlke)

11.04.2024 - Auch beim ersten Champions-League-Final-Four in Saarbrücken hat es Anfang April für den TTC Neu-Ulm nicht zum erhofften Titel gereicht. Das versöhnliche Ende des polarisierenden Klubs blieb aus. Vereinschef Florian Ebner blickt im Zuge der Auflösung auf die vergangenen fünf Jahre zurück. Bleibt der Investor dem Tischtennissport erhalten, was passiert mit den russischen Spielern und Trainer Dmitrij Mazunov? Die Antworten lesen Sie im myTischtennis.de-Abschlussinterview.

myTischtennis.de: Herr Ebner, mit dem Champions-League-Triumph haben Sie Ihr großes Ziel auf der Ziellinie verpasst. Was hat in Saarbrücken gefehlt?

Florian Ebner: Das ist relativ einfach zu sagen. Es waren die kleinen, aber feinen Unterschiede. Aruna gegen Ionescu war ein Fifty-fifty-Spiel mit Matchbällen auf beiden Seiten. Hätte er gewonnen, hätte es wohl zum Finaleinzug und vielleicht auch zum Titel gereicht. Truls [Moregardh, Anm. d. Red.] hat an dem Wochenende herausragend gespielt. Dima war im Nachhinein wohl das größte Opfer von Korea. Seine Leistung war mit Abstand die schlechteste. Dass er in sechs Sätzen keine Chance hatte, war schon ungewöhnlich und kam unerwartet. Natürlich muss man auch seinem Alter Tribut zollen. Mit normaler Vorbereitung und ohne Jetlag wäre das sicher anders gelaufen. 

myTischtennis.deSein Olympia-Ticket hat er dennoch sicher. 

Florian Ebner: Das hat er sich als einziger deutscher Medaillengewinner im Einzel auch absolut verdient. Dima hat bei großen Turnieren immer großartige Leistungen gezeigt, ist dort zu allem fähig und wird in Paris deutlich besser spielen. An einem Champions-League-Halbfinale allein kann man die Nominierung nicht festmachen. 

myTischtennis.deMit Lin Yun-Ju oder Tomokazu Harimoto statt Aruna wäre der Gewinn der Königsklasse nur Formsache gewesen, oder?

Florian Ebner: Das ist schwierig zu sagen, da man nicht weiß, wer dann an Position drei gespielt hätte. Lin war im Herbst verletzt und konnte leider nicht spielen. Damit war das Thema durch. So sind die Regeln. Wir haben es zweimal mit einer super Mannschaft probiert und sind zweimal unglücklich gescheitert. So ist der Sport. Insgesamt war es eine toll organisierte Veranstaltung mit einem Heimvorteil für Saarbrücken.

myTischtennis.deAuch wenn die europäische Mission letztlich gescheitert ist, wie blicken Sie auf die Zeit in Neu-Ulm zurück?

Florian Ebner: Wir haben fünf spannende und erlebnisreiche Jahre mit vielen Höhen und Tiefen hinter uns - sowohl sportlich als auch im Umfeld. Der Pokalsieg und die beiden Halbfinals in der Champions League bleiben am Ende und stechen deutlich gegenüber den Ergebnissen in der TTBL heraus. Wir haben kaum angefangen, die Strukturen zu schaffen, da hat Corona im Aufbau einiges zerstört. Das Ding war quasi schon halb tot. Durch Putins Einmarsch in die Ukraine hat sich wieder alles um 180 Grad gedreht. Leider hat es unsere armen, jungen Russen getroffen, die international keine Turniere mehr spielen dürfen. 

myTischtennis.deWie haben Sie die Spieler denn kennengelernt?

Florian Ebner: Wenn man mit ihnen im Ausland unterwegs war, freundet man sich an und auch die Asiaten haben sich ein bisschen geöffnet. Man verfolgt ihre internationalen Ergebnisse und freut sich für sie. Truls ist ein fairer Sportsmann, ein typischer Schwede eben. Wir hatten ein kleines Dreamteam, eine Weltklassemannschaft. Das war schon faszinierend, zumal man an die Top-Spieler fast nicht herankommt. Das haben wir auch Dima zu verdanken, der ja auch eine Persönlichkeit ist - keine Frage. Wir hätten unsere Chance gerne genutzt. Dass der Erfolg am Ende nicht kam, ist schade. Trotzdem war es eine tolle Zeit, die viel Spaß gemacht hat. Auch das ganze Drumherum und den Medienrummel macht man gerne mit. Ich komme ja selbst aus der Branche.

myTischtennis.de: Haben sich die Erwartungen vor Ihrem Einstieg durch die gewonnenen Eindrücke bestätigt?

Florian Ebner: Um ehrlich zu sein, wusste ich nicht, was mich erwartet. Wir sind voller Wagemut gestartet und hatten viele schöne Erlebnisse, auch wenn der eine oder andere nicht die versprochene Leistung gebracht und etwas enttäuscht hat. Aber auch das gehört dazu.

myTischtennis.deDie meisten Spieler haben bereits neue Vereine gefunden. Wie geht es mit dem Trainer weiter?

Florian Ebner: Dmitry Mazunov steht kurz vor einer Entscheidung, wie er weitermacht. Er wohnt ja auch in der Gegend. Maksim Grebnev und Lev Katsman sind in Orenburg. Vladimir Sidorenko spielt in Frankreich für Hennebont. Ihm gefällt es dort sehr gut. Es wäre interessant gewesen, ihre Entwicklung nach dem Vize-Team-Europameister-Titel weiterzuverfolgen. Sie waren vom Niveau her nah dran und wären bestimmt größer herausgekommen. Dass sie nur noch national spielen dürfen, ist für sie besonders bitter.

myTischtennis.deNun zur spannendsten Frage: Werden Sie sich fortan komplett zurückziehen oder ist schon ein neues Projekt in Planung?

Florian Ebner: Im Moment kann ich es mir nicht so recht vorstellen. Es gibt immer Anregungen und Anfragen. ,Was machst du jetzt eigentlich und möchtest du uns nicht als Sponsor unterstützen?' Es stellt sich sowieso die Frage, ob es noch etwas Reizvolleres gibt als die vergangenen zwei Jahre mit den guten Spielern. Das ist schwierig.

myTischtennis.deÜber den Konflikt mit der TTBL ist alles gesagt. Was glauben Sie, in welche Richtung sich das Verhältnis zu WTT entwickelt?

Florian Ebner: Davon bin ich zum Glück nicht mehr betroffen. Es hat im Tennis und im Golf schon nicht funktioniert, warum dann im Tischtennis? Irgendwann haben die nationalen Ligen keine Priorität mehr, weil die Interessensunterschiede zu groß sind. Man müsste die Liga vielleicht verkleinern. Aktuell ist sie sowieso nur zur Unterhaltung von Saabrücken und Düsseldorf da. Die anderen tummeln sich mit kleinen Mitteln dahinter. Es ist keine Entwicklung abzusehen. Auch der Fernsehvertrag tut der TTBL meiner Meinung nach nicht gut, den halte ich für einen großen Fehler. Mich würde eine mediale Auswertung der Dyn-Zahlen mal interessieren...

myTischtennis.deWerden Sie den Tischtennissport vermissen oder haben Sie damit abgeschlossen?

Florian Ebner: Ich werde natürlich mit Argusaugen auf die myTischtennis GmbH schauen. Die Bundesliga werde ich nicht mehr verfolgen. Ich hoffe, dass möglichst viele Spieler bei Olympia dabei sind und mir einer von ihnen zwei Karten besorgt. Mit dem Zug sind es nur fünf Stunden nach Paris. 

(FKT)

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