Buntes

Andre Bertelsmeier: Die Gründe für seinen Höhenflug

Andre Bertelsmeier kommt aus dem Jubeln aktuell nicht mehr heraus. (©ETTU)

08.02.2024 - Hinter Andre Bertelsmeier liegt ein erfolgreicher Monat. In Linz gewann der 18-Jährige Mitte Januar erstmals Gold bei einem WTT Youth Contender. Eine Woche später krönte sich der Jugend-Nationalspieler zum westdeutschen Meister. Die größte Überraschung erzielte der Zweitligaspieler des 1. FC Köln jüngst mit dem überraschenden Einzel-Bronzemedaillengewinn bei der U21-EM in Nordmazedonien. Wir haben mit dem Nachwuchstalent und seinem Trainer Dustin Gesinghaus über die starken Leistungen innerhalb weniger Wochen gesprochen.

Mit einem Rotschopf aus Westfalen hat Tischtennis-Deutschland schon einmal einen Glücksgriff gelandet. Um an die Erfolge von Christian Süß anzuknüpfen, ist der Weg für Andre Bertelsmeier noch weit. Aktuell bringt der 18-Jährige jedoch einiges mit, um irgendwann in die Fußstapfen des ehemaligen olympischen Silbermedaillengewinners zu treten. Für den Bewohner des Deutschen Tischtennis-Internats (DTTI) haben sich die sportlichen Ereignisse unlängst überschlagen. 

Der Nachwuchsspieler holte er sein erstes Gold bei einem WTT Youth Contender, krönte sich anschließend zum westdeutschen Meister und holte zuletzt überraschend Bronze bei der U21-EM in Nordmazedonien. „Es war einfach ein unglaublicher Monat und der beste meiner bisherigen Karriere. Ich habe in jedem Turnier performt. Mit der EM-Medaille habe ich nicht annähernd gerechnet. Mein Ziel war es, ins Hauptfeld zu kommen. Dass es so gut lief, hätte keiner zu träumen gewagt“, sagt Bertelsmeier über seinen Traumstart ins Jahr 2024. 

Einzug ins Internat der richtige Schritt, Abitur vor der Tür

Dass der 18-Jährige momentan sein bestes Tischtennis spielt, ist kein Zufall. Von Nervosität, wie zu Beginn der im Gegensatz zu vielen Nationalmannschaftskollegen verhältnismäßig spät gestarteten internationalen Jugend-Karriere im Februar 2022, ist nichts mehr zu spüren. Bertelsmeier macht einen selbstbewussten Eindruck. Er hat den Ansporn, weitere Turniere zu gewinnen und möchte neben den europäischen Talenten auch den Asiaten ein Bein zu stellen. Schon kurz nach seinem Einzug ins DTTI 2019 gab der damals 14-Jährige im myTischtennis.de-Interview an, alles für den Profi-Traum geben zu wollen. Vier Jahre später ist er diesem ein entscheidendes Stück nähergekommen. Der Schritt ins Internat nach Düsseldorf sei in seiner Entwicklung der richtige gewesen, so Bertelsmeier. „Wäre ich zuhause geblieben, dann wäre ich nicht an dem Punkt.“ 

Komplett steil ging es in der Entwicklung des Youngsters aber auch nicht immer nach oben. „Rückschläge gehören dazu“, sagt Bertelsmeier. „Es gibt immer Phasen, in denen man keinen Ball trifft. In der Rückrunde habe ich 0:14 gespielt. Damit muss man klarkommen.“ Bis zum Frühjahr muss der Gymnasiast noch den Spagat zwischen Schule und Tischtennis bewerkstelligen. Ab April stehen für Bertelsmeier, Jele Stortz und Lleyton Ullmann die Abiturprüfungen an. Mit Nachhilfelehrern und gegenseitiger Unterstützung versucht das Internatstrio den Extra-Stress zu bewältigen. Dustin Gesinghaus weiß mit am besten, wie viel Energie die Doppelbelastung seine Schützlinge kostet. „Sie sind gute Schüler. Da mache ich mir wenig Sorgen“, so der Bundestrainer 19/15 männlich des DTTB.

Bescheidenheit trotz großer Sprünge in kurzer Zeit, Spielsystem gewechselt 

Erst Mitte 2023 hatte sich der 31-Jährige mit Bertelsmeier zusammengesetzt, um sich gemeinsam die Ziele für das bevorstehende letzte U19-Jahr zu stecken. Mit den jüngsten Ergebnissen hätte auch der Coach in diesem Tempo nicht gerechnet. „Andre überrascht mich immer wieder. Bei ihm geht alles schneller, als man es vermuten könnte und er macht größere Sprünge, als man sie ihm zugetraut hat. Dass er seine Leistung so konstant abruft und sich noch mal gesteigert hat, hätte ich so auch nicht für möglich gehalten.“ Ein weiterer Faktor für das Erfolgsrezept von Andre Bertelsmeier: „Er macht keine Fehler zweimal, egal ob beim Aufschlag oder beim Einschätzen der Rotation“, weiß Gesinghaus, der den 18-Jährigen seit 18 Monaten begleitet und nahezu täglich mit ihm zusammenarbeitet.

Während der amtierende westdeutsche Einzelmeister lange Zeit über ein „für den Gegner zähes und lästiges, solides Passivspiel“ verfügte, haben Trainer und Spieler das System von Bertelsmeier im letzten halben Jahr um 180 Grad gedreht. „Er ist deutlich aggressiver und zielstrebiger in den Ballwechseln geworden. Auch das ist ein großer Aspekt, warum er mittlerweile auf diesem Level spielt“, betont Gesinghaus und hebt immer wieder die Vorsicht Bertelsmeiers im Umgang mit seinem Höhenflug hervor. „Er traut dem Braten selbst noch nicht so richtig. Ziel ist es, dass er Ende des Jahres Teil der europäischen Spitze ist und er das Gefühl hat, den Weg bei den Erwachsenen weitergehen zu können.“ 

Bertelsmeier bleibt in Düsseldorf, Europas Spitze das Ziel 

Am 1. Juli endet die Zeit im DTTI. Bertelsmeier möchte in Düsseldorf bleiben und weiter im DTTZ trainieren. Die Suche nach einer eigenen Wohnung soll zeitnah beginnen. So bleibt auch die Strecke bis zur Halle des 1. FC Köln überschaubar. Beim Zweitligisten rückt der frühere Hammer nach positiver Bilanz im ersten Halbjahr zur Rückrunde wie in der Vorsaison erneut ins obere Paarkreuz. „Ich bin bereit und kann besser oben mithalten als noch vor einem Jahr“, hofft Bertelsmeier, der neben der Jugend-EM in Malmö durch seinen U21-Erfolg auch bei der Erwachsenen-EM in Linz mit dabei sein darf. Die Vorfreude darauf ist schon jetzt riesengroß. „Das ist schon ein großes Highlight und in einem Tischtennisland wie Deutschland besonders viel Wert“, so Gesinghaus.

Bis dahin zählt für die Nachwuchshoffnung nur eines: „Es geht nur darum, noch härter und noch mehr zu trainieren, um sich weiter zu verbessern.“ Sein Trainer sieht das ähnlich. Oft hieße es, der männliche Nachwuchs in Deutschland habe nicht die Qualität, um auch im Erwachsenenbereich anzukommen. Den Rückstand zu anderen europäischen Spitzenspielern gelte es weiter mit großen Schritten aufzuholen. „Wir wollen diesen Weg weiter beschreiten, um die anderen irgendwann zu überholen. Andre hat einen großen Schritt gemacht, den er immer wieder bestätigen muss. Da kann ich nur den klassischen Trainersatz aussprechen: ,Man darf sich nicht auf den Erfolgen ausruhen‘.“ Nach einem vollen Januar steht für die DTTB-Nachwuchsasse nun erst mal wieder ein zweimonatiger Trainingsblock an.

Zur TTR-Historie von Andre Bertelsmeier.

(FKT)

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