Buntes

Xu Xin: „Mein Sohn hat mich nicht mehr erkannt“

Xu Xin versucht, Tischtennis und Familie besser unter einen Hut zu bringen (©ITTF)

04.05.2022 - Xu Xin hat man zuletzt selten auf internationalen Turnieren gesehen, was ihn nach der Anpassung des Weltranglistensystems diese Woche von Platz acht auf 81 zurückgeworfen hat. In der April-Ausgabe des chinesischen Magazins „Table Tennis World“ erzählt der Penholderspieler, wie er die Niederlage im Mixed-Finale von Tokio verkraftet hat, welche Auswirkungen sein Sportlerleben auf seine Familie hat und wann er seine Karriere beenden möchte.

 Die Zeit vor den Olympischen Spielen in Tokio
„Als ich während der Pandemie ständig reiste und nicht nach Hause gehen konnte, ging es mir eine Zeitlang sehr schlecht. Das hielt ungefähr von März bis Juni 2020 an. Ich war müde und wollte einfach, dass diese Zeit vorübergeht. Zu dieser Zeit schlief ich jeden Tag nur um die zwei Stunden und wusste einfach nicht, was ich machen sollte, denn egal, wann ich einschlief, bin ich mit großer Sicherheit zwei Stunden später wieder aufgewacht und konnte dann auch nicht mehr einschlafen. Hauptsächlich lag das wahrscheinlich daran, dass meine Mixed-Partnerin Liu Shiwen sich damals von einer Operation erholte. Natürlich lag es aber auch an der Pandemie, während welcher viele Wettbewerbe verschoben oder abgesagt wurden. Diese vielen Unsicherheiten haben mir Sorgen bereitet und mich genervt. Normalerweise bin ich ganz unbelastet und gehe Probleme mit vielen Ideen an, doch damals war ich deprimiert. Als Liu Shiwen sich auskuriert hatte und ins Training zurückkam, haben wir die Zeit gut genutzt, um das zu machen, was wir machen sollten.“

Die Nominierung für die Olympischen Spiele
„Wer will in einem Wettbewerb nicht an drei Disziplinen teilnehmen? Nachdem ich mehrmals diese Dreifachbelastung auf mich genommen hatte, merkte ich, dass ich etwas energielos war, was aber bei Olympia nicht toleriert wird, da uns von klein auf in die Wiege gelegt wurde, dass wir uns mit voller Konzentration für die Ehre des Landes einsetzen sollen. Nachdem die Liste für die nominierten Spieler rauskam, hatte ich ein klares Ziel vor Augen, wobei das Mixed 50 Prozent des Trainings ausmachte und danach mein Einzel und schließlich das Herren-Doppel folgten.“

Das verlorene Mixed-Finale von Tokio
„Meine Erinnerung an das Spiel ist ein bisschen verwaschen. Ich hatte das Gefühl, dass wir am Anfang die Oberhand hatten, dann aber unglücklich verloren. Als ich auf dem Podium stand, habe ich mir ständig gesagt, dass ich mich zusammenreißen müsse. Ich habe mich nicht unwohl gefühlt und wollte auch nicht weinen, sondern musste mich zusammenreißen, um das Team nicht negativ zu beeinflussen, mit dem ich so lange trainiert hatte.“

Der erfolgreiche Mannschaftswettbewerb
„Bei den Olympischen Spielen fällt sehr auf, wie stark die Konkurrenz unter den Herren ist. Wenn im Teamwettbewerb ein Problem im Doppel auftritt, steht das erste Einzel unter einem enormen Druck. Deswegen habe ich nach dem Mixed überlegt, wie ich auf die rechte Bahn zurückfinden kann, um mein Potenzial im Mannschaftswettbewerb abzurufen und nicht die ganze Zeit über meine Niederlage nachdenken zu müssen.“ 

Bedauern und Tränen gemischt mit Siegen
„Vom Mixed-Silber bis zum Team-Sieg hatte ich, wie viele Tischtennis-Fans auch, im Leben und auf der Arbeit Probleme und habe überlegt, wie ich sie lösen kann. Als Sportler möchte ich natürlich kein Spiel verlieren, sondern einen Lauf haben. Aber wenn ich nach einem Rückschlag wieder auf die Beine komme, denke ich, dass dieser Prozess die Fans inspirieren kann. Nach Rückschlägen entscheide ich mich, optimistisch zu sein und wieder aufzustehen und mein Bestes zu geben – das bedeutet für mich Siegen. Bei den Olympischen Spielen in Tokyo war ich ein Mensch wie alle anderen, der auf Schwierigkeiten gestoßen ist. Ich hoffe, dass ich mit dieser Erfahrung mehr Menschen motiviere, Rückschläge zu überwinden und an sich selbst zu glauben.“

Die Fortsetzung des Interviews mit Gedanken zur Entfremdung von seinem Kind, zum Karriereende und zur Zukunft des Penholder-Stils finden Sie auf Seite zwei.

Kommentar schreiben

Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.

* Pflichtfeld

Copyright © 2025 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.