04.05.2022 - Xu Xin hat man zuletzt selten auf internationalen Turnieren gesehen, was ihn nach der Anpassung des Weltranglistensystems diese Woche von Platz acht auf 81 zurückgeworfen hat. In der April-Ausgabe des chinesischen Magazins „Table Tennis World“ erzählt der Penholderspieler, wie er die Niederlage im Mixed-Finale von Tokio verkraftet hat, welche Auswirkungen sein Sportlerleben auf seine Familie hat und wann er seine Karriere beenden möchte.
Der Mixed-Titel bei den chinesischen Nationalspielen
„Vor den Nationalspielen habe ich nur an eine Sache gedacht, und zwar, dass wir auf jeden Fall den Mixed-Titel holen müssen. Liu Shiwen und ich bildeten bei den chinesischen Nationalspielen provinzübergreifend ein Duo und sollten Erfolge für die Provinzen einholen. Und wir waren sicherlich stärker als die Konkurrenz innerhalb derselben Provinz. Vor den Nationalspielen stellte ich mir aber folgende Fragen: Möchte ich weitermachen oder weiterhin betrübt sein? Wie alle bin auch ich mal gut und mal schlecht gelaunt, letztlich habe ich mich aber entschieden, nach der Niederlage nach vorne zu gucken, mich auf die anstehenden Spiele vorzubereiten, meinen Aufgaben nachzukommen und nicht zusammenzubrechen. Als wir den Mixed-Titel bei den Nationalspielen geholt hatten und ich bei der Siegerehrung auf dem Podium stand, hatte ich nicht viel Zeit emotional zu werden. Da mein zweites Kind zu diesem Zeitpunkt bereits auf die Welt gekommen war, wollte ich nur das früheste Flugzeug nach Hause nehmen, um meine Kinder zu sehen.“
Meine Kinder
„Wegen der Pandemie und der Vorbereitung auf Wettbewerbe bin ich vor den chinesischen Nationalspielen sehr selten zu Hause gewesen, was dazu führte, dass ich wenig Zeit mit meinem kleinen Sohn verbringen konnte und er mich zu Hause anscheinend nicht mehr erkannte und mich ignorierte. Als Vater war ich zu dieser Zeit sehr traurig. Für ihn war ich vorher nur der Vater, den er jeden Tag auf dem Handy beim Videogespräch gesehen hatte. Als ich wieder zu Hause war, konnte ich seine Aufmerksamkeit nur zurückgewinnen, indem ich ihm Spielzeuge kaufte. Erst dann würde er vielleicht mit mir spielen. Es ging sogar so weit, dass ich, wenn ich lange nicht zu Hause war, nicht neben ihm schlafen konnte und mir ein anderes Zimmer suchen musste, weil er mit mir fremdelte und ansonsten nicht einschlafen konnte. Tagsüber spielte ich immer mit ihm und so gewöhnte er sich auch langsam wieder an mich, bis er mich auch beim Einschlafen wieder akzeptierte. Diese Erfahrungen haben mir klar gemacht, dass ich meine Pläne anders gestalten muss als vorher und mein Training, die Wettbewerbe und meine Zeit zu Hause in Einklang zueinander bringen muss.“
Mehr unter einen Hut bringen
„In jedem Lebensabschnitt setzt man unterschiedliche Schwerpunkte. Jetzt wollte ich Tischtennis und meine Familie unter einen Hut bringen. Dazu musste ich aber berücksichtigen, auf welchem Niveau ich dann Tischtennis spielen kann. Gegen die Besten spiele ich jetzt vielleicht etwas schlechter, in der Halbdistanz bin ich dennoch etwas besser. Wenn ich es schaffe, das in den nächsten Jahren aufrechterhalten, kann ich noch weiterspielen. Das ist das, was ich mir darunter vorstelle, alles unter einen Hut zu bekommen. Ich weiß genau, was ich will und wo meine Schwerpunkte liegen.“
Das Karriereende
„Oft bekomme ich die Frage gestellt, wann ich mit Tischtennis aufhören möchte. Auf Turnieren und von starken Hobbyspieler höre ich oft: ‚Du darfst nicht mit Tischtennis aufhören, weil wir es lieben, dein Spiel anzuschauen.‘ Ich glaube, dass das aber damit zusammenhängt, dass viele Hobbyspieler in China Penholder spielen. Damals habe ich ihnen gesagt, dass sie sich keine Sorgen machen sollen und ich noch nicht übers Aufhören nachgedacht habe. Diese Unterstützung von Fans gibt mir viel Energie. Etwas anderes, was ich immer sage, ist, dass tolle Ballwechsel Menschen, die noch nie Tischtennis gespielt haben, begeistern können. Gerne würde ich den Kameras noch mehr Chancen geben, diese aufzuzeichnen. Jetzt genieße ich Tischtennis und spiele locker auf, weshalb ich vielleicht auch leichter gute Bälle spiele, die begeistern.“
Die Penholder-Technik
„Die Technik verändert sich stetig und ich lerne auch immer dazu. Der neue Tischtennisball hat große Auswirkungen auf das Penholderspiel, die sich darin zeigen, dass unser spinniges Spiel mit dem jetzigen Ball an Rotation verloren hat, was Shakehand-Spielern zugutekommt. Manchmal bekomme ich nicht so viel Spin in den Ball, wie ich möchte, oder mein Gegner greift meinen Ball einfacher an als früher. Da das zu unserem Nachteil ist, müssen wir immer dazulernen und unsere Technik anpassen. Wenn es aber um den Sieg geht und ich gewinnen möchte, kommen die alten Gewohnheiten wieder zum Vorschein. Deswegen bin ich immer zwischen alter und neuer Technik hin- und hergerissen.“
(Quelle: Table Tennis World / Übersetzung: Jonathan Michel)
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