Alex Flemming (r.) nahm die Niederlage gegen Andrew Baggaley sportlich (©Matchroom)
31.01.2020 - Alexander Flemming ist ein sehr guter Tischtennisspieler. In der Clickball-Szene ist er allerdings noch viel mehr als das: Hier gehört der Zweitligaspieler des TV Hilpoltstein zur absoluten Weltspitze, dient als mediales Zugpferd und mischt in der Leitung des neu gegründeten Clickball-Weltverbands mit. Nach seiner Finalniederlage bei der World Championship of Ping Pong am Sonntag erklärte uns ‚The Flash‘, in welche Richtung sich der Sport entwickelt und wie viel Potenzial in Clickball liegt.
myTischtennis.de: Dreimal standest du im Finale der World Championship of Ping Pong, dreimal bist du als Zweiter aus der Box gegangen. In diesem Jahr war es besonders eng (zum Bericht). Wie sehr wurmt dich die Finalniederlage vom Sonntag?
Alexander Flemming: Von allen Niederlagen, die ich im Clickball bisher einstecken musste, war dies tatsächlich die am wenigsten ärgerliche. Ich war sehr gut in Form, mental voll auf der Höhe. Ich erinnere mich nicht, dass ein Punkt weggegangen wäre, über den ich mich groß geärgert hätte. Von daher wurmt mich diese Niederlage nicht.
myTischtennis.de: Das heißt, dir war danach trotzdem ein bisschen zum Feiern zumute?
Alexander Flemming: Ja, auf jeden Fall. Ich bin danach sofort in die deutsche Fanecke gegangen, die diesmal 60, 70 Mann stark war, um mich für den unglaublichen Support zu bedanken. Dort saßen allerdings alle mit etwas bedröppelten Mienen. Die hatten so mit mir mitgefiebert und waren dann ein wenig traurig und enttäuscht. Da ging es mir dann auch kurz schlecht. Aber wir haben uns gegenseitig wieder hochgezogen, so dass wir dann noch richtig gut gefeiert haben.
myTischtennis.de: Deine Fans haben zurecht mitgefiebert, denn es war ja auch ein unglaublich spannendes Finale zwischen dir und Andrew Baggaley! Was denkt man sich vor seinem Aufschlag bei 14:14 im fünften Satz, wenn der nächste Ballwechsel über 10.000 Dollar entscheidet?
Alexander Flemming: Nicht ans Geld, das wird in so einer Situation ganz weit hintenangestellt. Ich habe über meine Taktik nachgedacht. In der Woche vor der WM habe ich 50 Sätze mit Andrew gespielt. Daher habe ich mir das ganze Match über immer wieder gesagt: „Es ist alles wie im Training" und "Sei aktiv!“ So auch in dieser Situation.
myTischtennis.de: Bist du ein Freund der Sudden-Death-Regel, die zur direkten Entscheidung bei 14:14 führt und eine Satzverlängerung wie im klassischen Tischtennis verhindert?
Alexander Flemming: Sie kam mir persönlich jetzt nicht unbedingt immer zugute, aber ich denke, sie macht den Reiz von Clickball mit aus. Es ist so ein wahnsinniger Spannungshöhepunkt, wenn beide Matchball haben und der eine Punkt entscheidet. Dann kann es halt auch mal ganz schnell gehen - so ähnlich wie beim Darts, was mir dort auch sehr gut gefällt. Doch, ich finde die Sudden-Death-Regel gut.
myTischtennis.de: Wie hast du die World Championship of Ping Pong dieses Jahr erlebt? Wie entwickelt sich dieses Turnier? Du bist da ja schon ein alter Hase…
Alexander Flemming: Es war diesmal wirklich rappelvoll. Ich würde sogar sagen, am Finaltag war der Saal ausverkauft. In den vergangenen Jahren war das Turnier zwar auch gut besucht, aber da hatte man doch das Gefühl, dass hier und da noch ein Platz frei ist. DAZN hat sehr gute Arbeit geleistet und die sozialen Netzwerke während des ganzen Turniers mit Videos gefüttert, so dass man auch da die ganze Zeit auf dem Laufenden gehalten wurde. Also, ich glaube, da tut sich was in Zukunft.
myTischtennis.de: In welche Richtung könnte es gehen?
Alexander Flemming: Also, es wurde tatsächlich bereits angekündigt, dass sich ein paar Dinge künftig ändern werden, aber noch nicht, was genau. Ich könnte mir vorstellen, dass das Teilnehmerfeld vergrößert wird, um weitere Länder für Clickball zu gewinnen. Vielleicht tut sich auch noch was in Sachen Preisgeld. 100.000 Dollar klingen zwar erst mal viel, aber die großen Summen macht ja immer derselbe kleine Kreis an Spielern unter sich aus. Und wenn man dann vielleicht ‚nur‘ das Achtelfinale erreicht und 2000 Dollar gewinnt, ja aber auch zwei Nächte im teuren London bezahlen muss, bleibt schon nicht mehr viel übrig. Also, man merkt schon, dass das Preisgeld bei Spielern in der zweiten Reihe nicht mehr so wirklich für Motivation sorgt.
myTischtennis.de: Du erwähntest eben schon, dass DAZN die WM diesmal auch übertragen hat und damit noch ein weiterer großer Medienpartner dazugekommen ist. Wie viel Aufmerksamkeit wurde dir denn jetzt als Vize-Weltmeister zuteil? Hast du da auch eine Veränderung bemerkt?
Alexander Flemming: Ja, in diesem Jahr habe ich deutlich mehr Aufmerksamkeit gespürt. Der MDR wird einen Bericht machen, die Leipziger Volkszeitung hat einen großen Artikel gebracht, DAZN hat die Veranstaltung mit mir als Zugpferd promotet - das ist toll für mich und es könnte jetzt vielleicht sogar etwas in Richtung Sponsoren gehen. So eine Veranstaltung, die von großen Sendern wie Sky und DAZN hochprofessionell übertragen wird und eine solche Plattform bietet, gibt es im klassischen Tischtennis halt nicht. Da steckt noch eine Menge Potenzial drin.
myTischtennis.de: Da hast du ja auf das richtige Pferd gesetzt. Inzwischen bist du nicht nur eines der wichtigsten Gesichter dieser Sportart, sondern auch noch Vize-Präsident des Clickball-Weltverbands. Wie bist du denn zu diesem Posten gekommen?
Alexander Flemming: In China wird Clickball immer größer. Inzwischen gibt es dort zwei Millionen Spieler. Der Sport ist sehr populär, er generiert eine Menge Einschaltquoten und könnte damit auch viel Geld einbringen. Also hat man sich gedacht, dass man das Ganze nun in Verbandsstrukturen organisieren sollte. Die Chinesen wollen auch im Clickball bald die dominierende Macht sein - bei dieser WM hat Europa mit drei von vier Halbfinalisten noch einmal zurückgeschlagen. Aber das Attraktivste ist halt auch im Clickball der Kampf zwischen China und Europa. Also will man Turniere in Europa fördern, damit das Interesse hier weiterhin groß bleibt. Den Vize-Präsidentenposten habe ich wohl durch meinen Erfolg beim World Cup erhalten. Man wollte von Beginn an Spieler in den Verband einbinden, die den Sport damit nicht nur repräsentieren, sondern auch über seine Zukunft mitentscheiden können. Bisher ist da aber außer einer Sitzung beim World Cup noch nicht viel passiert. Ich denke, das geht jetzt nach der WM los.
myTischtennis.de: Legst du den Clickballschläger denn jetzt erst einmal wieder beiseite und konzentrierst dich im Training ganz aufs klassische Tischtennis? Oder hältst du dich in beiden Sportarten fit?
Alexander Flemming: Das geht Hand in Hand. Da hängt bei mir viel vom Körperlichen ab, in Sachen Technik habe ich beides drauf. Mein nächstes Ziel ist die deutsche Meisterschaft in Chemnitz, wo ich mich vor heimischem Publikum gut präsentieren möchte.
myTischtennis.de: Und wann geht es mit Clickball weiter?
Alexander Flemming: Ich denke, das wird Ende April, Anfang Mai die chinesische Super League sein. Ich habe zwar noch keine Einladung erhalten, aber schon einen Wink bekommen, dass man mich da wieder für eine Mannschaft auswählen wird. Und im November möchte ich als Titelverteidiger zum World Cup reisen. Solch ein Preisgeld lockt dann schon - das will man sich nicht entgehen lassen.
(JS)
Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.
Copyright © 2025 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.