25.04.2018 - Die letzten Spieltage sind in den meisten deutschen Ligen bereits gespielt und die Saison neigt sich langsam dem Ende zu. Freuen Sie sich auf die vier Monate tischtennisfreie Zeit? Oder ist Ihnen die Saison zu kurz? Lennart Wehking und Jan Lüke sind sich diesbezüglich absolut nicht einig und steigen mit diesem Thema nach längerer Pause wieder in unsere Pro-vs-Contra-Reihe ein, die nun wieder regelmäßiger erscheinen wird.
Puh, geschafft! Nach acht Monaten ist Schluss. Eigentlich müsste ich sagen: Nach acht Monaten ist endlich Schluss. Jedes Jahr aufs Neue freue ich mich aufs Saisonende. Das Mannschaftstrikot noch mal durchwaschen, den Schläger im Schrank verstauen, ein paar Kaltgetränke mit den Teamkollegen nehmen – und dann schleunigst ab in die Sommerpause! An zwei Dritteln des Jahres sind Mannschaftsspiele, das letzte Drittel halte ich mir deshalb erst recht tischtennisfrei. Dass ich den Schläger in den nächsten Wochen und Monaten nicht anrühren werde, liegt nicht zuletzt daran, dass mir so eine Tischtennissaison einfach viel zu lang ist.
„Wenn du keinen Bock mehr hast, hör‘ doch einfach auf!“, muss ich mir dann immer wieder anhören. Ist natürlich Unsinn. Ich spiele gerne, ich spiele vor allem gerne in einer Mannschaft – genau das ist es ja, was mir Bock macht. Aber Mannschaftssport bringt eben auch immer Verpflichtungen mit sich, Mannschaftssport ist verbindlich. Eine immer wiederkehrende Verabredung, bei der sich eben nicht jeder Spieler am Samstagmorgen überlegen kann, ob er am Abend in der Halle aufkreuzt oder nicht. Und das ist auch gut so.
Trotzdem muss man feststellen, dass Tischtennis als Mannschaftssport dieser Tage große Probleme hat. Nicht nur, dass die Zahl der Aktiven von Jahr zu Jahr sinkt. Auch gibt es kaum Mannschaften, die in konstanter Besetzung eine Saison durchspielen. Der Spielbetrieb ist nur aufrecht zu erhalten, weil er schon an verschiedenen Stellen geöffnet wurde: Er ist im Großteil der Ligen gemischtgeschlechtlich. Längst dürfen Spieler in so vielen Mannschaften und Ligen eingesetzt werden, wie es ihr Terminkalender hergibt. Davon machen vor allem Jugendspieler fleißig Gebrauch. Sie sorgen als Vielspieler in etlichen Vereinen dafür, dass die Mannschaften voll werden. Und dennoch: Es wird es immer schwieriger, Wochenende für Wochenende eine Mannschaft zusammen zu bekommen. Das betrifft nicht nur den Hobbysport in der Freizeitliga, sondern längst auch ambitionierte Spielklassen bis hin zum Leistungssport.
Ich bin mir sicher, dass man dieser Entwicklung entgegenwirken könnte, indem man die Saison verkürzt. Warum nicht die Staffeln verkleinern? Warum nicht zwei kurze Spielrunden pro Jahr etablieren, in denen es – wie in Sommer- und Winterrunde im Tennis – in jeweils fünf, sechs Spielen auch zweimal im Jahr um Auf- und Abstieg geht? Warum nicht zwischen den beiden Runden auch noch mal eine Pause machen? Ich glaube nicht, dass sich Tischtennis dadurch schneller abschaffen würde. Ich glaube vielmehr, dass es zur Attraktivität der Mannschaftssportart Tischtennis enorm beitragen würde. Weniger ist mehr!
Auch für den Profisport halte ich übrigens komprimierte Blöcke mit Mannschaftswettbewerben, wie man sie in Russland und China, aber auch in neuen Liga-Formaten wie Ultimate Table Tennis in Indien und T2 APAC mittlerweile antrifft, für einen Gewinn. Gerade letztere Beispiele zeigen, wie die Zukunft von Mannschaftswettkämpfen bei den Profis aussehen könnte. Weil Tischtennis im Profibereich immer mehr ein Einzelsport wird, was gerade vom Weltverband ITTF massiv befeuert wird, und viele Spieler ohnehin nicht regelmäßig in ihren Vereinen und mit ihren Mannschaftskollegen trainieren, wird Tischtennis als Mannschaftssport niemals so funktionieren wie Fußball, Handball oder Volleyball. Eine klassische Saison von September bis Mai wirkt da auf mich eher befremdlich, zumal ihr Spielplan zumeist doch von Individualwettbewerben diktiert wird. Trotzdem können Mannschaftswettbewerbe eine spannende Dynamik entwickeln und eine spannende Wettkampfform darstellen. Spielerinnen und Spieler kommen zusammen, trainieren einige Tage miteinander und treten als Teams in wechselnden Konstellationen gegeneinander an.
Gewinnen macht mit anderen schließlich am meisten Spaß. Deshalb freue ich mich auch auf den Saisonstart. Aber erst nach der wohlverdienten Sommerpause.
(Jan Lüke)
Bald ist wieder WM-Zeit. Ab Sonntag kämpft die Tischtennis-Elite im schwedischen Halmstad im Mannschaftswettbewerb um Medaillen. Und dann? Dann ist die Saison 2017/2018 bald Geschichte. Mit dem Wechselstichtag am 31. Mai beginnt offiziell die neue Saison – zumindest in Deutschland. In Indien sieht das ganz anders aus, zum zweiten Mal startet dort die Profiliga namens Ultimate Table Tennis. Das Produkt ermittelt – ähnlich wie T2 APAC – in nur wenigen Wochen und einem sehr kompakten Modus seine Siegerteams und konnte erneut etliche europäische Hochkaräter für eine finanziell lukrative Saisonverlängerung gewinnen.
Eine gestutzte Spielserie mit Matches im Zwei-Tage-Modus und ohne lange Pausen – könnte das eine Variante für den deutschen Spielbetrieb sein? Könnte man auf diese Weise den stetigen Rückgang von gemeldeten Aktiven und Mannschaftsbetrieb stoppen? Mit dieser Idee kann ich mich überhaupt nicht anfreunden – und das hat mehrere Gründe.
Na klar, viele Spielerinnen und Spieler schmeißen Mitte April nach dem Saisonendspurt ihr Racket in die tiefste Wohnungsecke und wollen von ihrem Lieblingssport erst einmal nichts mehr wissen. Andere hingegen fiebern direkt nach dem letzten Mannschaftsduell schon den ersten Einzelturnieren in den Sommermonaten entgegen. Egal, zu welcher Kategorie Spieler man zählt, der Mannschaftssport Tischtennis lebt von seinen regelmäßigen Spieltagen und dem normalerweise wöchentlich ausgetragenen Wettstreit. Nur so kann sich eine Mannschaft wirklich finden, zusammenwachsen, ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln. Das Durchleben einer ganzen Saison mit Höhen und Tiefe, mit sportlichen Rückschlägen und Phasen voller Euphorie und mannschaftlicher Hochstimmung ist der Grund, der Tischtennis das Prädikat Mannschaftssport verleiht und der der noch immer beachtlichen Anzahl von in Mannschaften gemeldeten Aktiven den entscheidenden Faktor bietet. Die Durchsetzung von kürzeren Spielzeiten würde in der Verringerung der Sollstärken der Ligen münden und meiner Meinung nach das Zusammengehörigkeitsgefühl einer Mannschaft maximal konterkarieren.
Auch wenn ich mich aktuell selbst eher zur ersten Gattung der oben beschriebenen Saisonfinisher zähle, der dem Ende einer zugegebenermaßen extrem verkorksten Saison recht viel abgewinnen konnte, die beiden Halbserien à vier Monate sind in meinen Augen eher zu kurz als zu lang. Um einen Spielrhythmus entwickeln und sein persönliches Topniveau konstant abrufen zu können, sind die oftmals netto rund zweieinhalb Monate pro Halbserie echt knapp. Dass auch eine längere Saisonphase durchaus seinen Reiz hat, konnte ich in meinem Jahr in der Pro B in Frankreich erleben: Der Abstiegskampf zog sich bis in den sonnigen Juni hinein, von Spannungsverlust oder „Bocklosigkeit“ trotzdem keine Spur – im Gegenteil: Durch die Verlängerung meiner Saison waren die „heißen“ Wettkampfmonate mit all den zusätzlichen Ranglisten, Meisterschaften und geblockten Spieltagen deutlich entspannter. Die jetzige Planung mit den letzten Begegnungen Mitte oder spätestens Ende April sorgt für eine heftige Ballung von Terminen. In den unteren Spielklassen wird es in der Hinrunde zudem zeitlich noch knapper, da bis Mitte Dezember alle Ergebnisse online eingetragen sein müssen – was für eine Hatz durch das Jahr!
Womit ich mich hingegen auf alle Fälle anfreunden könnte, ist das Argument, die Festlegung des Spieltags auf das Wochenende zu lockern. Die mir oftmals grimmig vorgetragene Kritik, das Wochenende mit all den Freizeit-Optionen könne man als Tischtennisspieler ja per se streichen, weil in den Monaten von August bis Dezember und Januar bis April die Saison gefühlt alle Samstage und Sonntage blocke, kann ich durchaus nachvollziehen. Aber was spricht in tieferen Spielklassen, in denen die Anreise zu den Auswärtspartien keine lange Route darstellt, eigentlich dagegen, hin und wieder unter der Woche die Schläger zu kreuzen? Ebenfalls ein diskutabler Vorschlag ist in meinen Augen die Idee, einmal pro Monat einen kompakten Wettkampf in Form eines Doppel- oder sogar Dreifachspieltags zu planen und durchzuziehen. Speziell in den Jugendklassen wird das schon praktiziert, mit bislang sehr positiven Resonanzen. Kaum eine Sportart zwingt die reinen Mannschaftsspieler in eine Sommerpause von vier tischtennisfreien Monaten, gute Argumente für die schon jetzt sehr kurze Saisonphase habe ich bis heute kaum welche gehört. Was diese Regelung betrifft, dürften wir uns nach mir gerne am König Fußball orientieren, bei dem sich bekanntlich das große Saisonfinale durch den Mai zieht. Dann muss die WM eben bis zum Juni warten.
(Lennart Wehking)
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