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TTR-Wert und Turnier-Teilnehmerzahlen – ein Zusammenhang?

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Einführung des TTR-Werts und den Teilnehmerzahlen der Turniere? (©TTC Grün-Weiß Hattorf)

09.01.2017 - Besteht ein Zusammenhang zwischen der Einführung des TTR-Werts im Jahr 2010 und den Teilnehmerzahlen der Turniere in den letzten Jahren? Andere Internet-Portale hatten sich in der Vergangenheit mit dieser Frage beschäftigt, als ‚Schaufenster’ des TTR-Werts wollten wir der Sache auch selbst auf den Grund gehen. Was beim Durchforsten von vorhandenen Statistiken, den Gesprächen mit Turnierveranstaltern, Spielern und dem Leiter des für die TTR-Berechnung verantwortlichen DTTB-Ressorts Rangliste herausgekommen ist, können Sie hier nachlesen!


Boomende Turnierserie in Bayern
Hervorragende Erfahrungen hat man in den letzten Jahren in Bayern mit der Turnierserie „Bavarian TT-Race“ gemacht. Dort wurden im Jahr 2016 insgesamt 739 Turniere ausgerichtet, an denen 1486 Spieler teilnahmen. BTTV-Geschäftsführer Carsten Matthias erläutert aus den Erfahrungen, die man vor allem mit Vielspielern beim Bavarian TT-Race gemacht hat, im Hinblick auf die mögliche 'Angst', TTR-Punkte zu verlieren: „Gerade Spieler, die viele Turniere beim Bavarian TT-Race gespielt haben, haben nicht viele TTR-Punkte verloren. Bei den meisten ist der Wert auf einem konstanten Niveau geblieben. Im Gegenteil konnten manche Vielspieler sogar Punkte dazu gewinnen durch den Trainingseffekt ihrer häufigen Teilnahmen.“ Wenn es um die Manipulation des TTR-Werts ginge, so könne man Turniere bzw. eine Turnierserie dafür natürlich schon missbrauchen, schwarze Schafe gebe es immer. Anfang nächsten Jahres werde sich die click-TT-Turnier-AG, dessen Vorsitzender Carsten Matthias ist, noch einmal zusammensetzen und über eine noch verbesserte Gestaltung von Turnieren beraten. Mit Bezug auf offene Turniere sagt der 53-Jährige: „Die guten Turniere – die mit guten Preisen und verlässlichen Startzeiten – haben weiterhin Zulauf, auch wenn die Leute sich durch die Turnierserie inzwischen z.B. an kurze Wartezeiten gewöhnt haben.“ Die ist nämlich bei Turnierserien wie dem Bavarian TT-Race äußerst gering, in drei Stunden absolviert man in der Regel sechs Einzel im Schweizer System.

Geteilte Meinungen unter den Spielern
Was denken die Spieler selbst über den Zusammenhang zwischen der Einführung des TTR-Werts und der Teilnahme an Turnieren? Alexander Körner von der TG Mühlheim am Rhein (Westdeutscher Tischtennis-Verband) sieht den TTR-Wert im Bezug auf Turniere etwas kritisch. Er glaubt, dass viele nicht mehr in ihrer eigenen Turnierklasse spielten, sondern in höheren Klassen, was dort wiederum starke Spieler abhalte, mitzuspielen. „Es gibt einige wenige Spieler, die durch häufige Turnierteilnahmen ihre TTR-Punkte hochschrauben und somit den Mannschaftswettbewerb verzerren. Verbandsübergreifend gibt es immer noch ein großes Gefälle. Generell denke ich, dass den Turnieren dadurch eher Spieler verloren gehen“, so Körner. „Man kämpft als Verein sowieso schon mit schwindenden Mitgliederzahlen, da machen solche weitgreifenden Entscheidungen das Leben nicht unbedingt leichter.“

Dass zwischen Verbänden Gefälle bestehen könnten, glaubt auch Martin Czekalla von der TTG 1947 Walldorf (Badischer Tischtennis-Verband). „Trotzdem finde ich die TTR-Berechnung bei der Mannschaftsaufstellung extrem hilfreich, da so deutlich weniger Diskussionen aufkommen." Er kenne aber auch Spieler, die Turniere gerne von der für die Mannschaftsaufstellung relevanten TTR-Berechnung getrennt hätten. „Trotzdem denke ich: Nur Turniere sorgen dafür, dass sich die TTR-Werte der unterschiedlichen Regionen einander annähern.“

Paulo Rabaça von der DJK Blau-Weiß Annen (Westdeutscher Tischtennisverband) berichtet: „Die Zahlen bei Turnieren sind rückläufig, aber ob es einen Zusammenhang zum TTR-Wert gibt, da bin ich nicht sicher. Es gibt Spieler, die den Wettkampf scheuen, weil sie in der Mannschaftsaufstellung vielleicht nach unten rutschen könnten. Aber ich bin froh, dass es den TTR-Wert gibt, der macht das Ganze professioneller. Wer Punkte sammeln will, der kämpft darum.“ Früher habe es viele Turnierhaie gegeben. Bei Turnieren mit einfachem K.o.-System ohne Gruppenphase habe man mit Pech auf so jemanden treffen können und sei dann schon mal früh ausgeschieden. „So wie die Klassen jetzt eingeteilt werden, ist es gerechter“, findet Rabaça. Missbrauch, so auch bei Turnieren, werde es aber immer geben, räumt er ein.

Gleichbehandlung von Ergebnissen aus Mannschaftswettkämpfen und von Einzelturnieren
Und wie sehen die Planspiele von offizieller Seite im Bezug auf Turniere aus? Hatte man möglicherweise  irgendwann in Erwägung gezogen, die Mannschaftsspiele von den Turnierspielen in der Berechnung zu trennen oder einen Faktor für Turnierspiele einzuführen? Hilmar Heinrichmeyer, Vorsitzender des DTTB-Ressorts Rangliste und Mitglied der click-TT-Turnier AG, sagt: „Solche Überlegungen gab es im Ressort Rangliste weder am Anfang noch gibt es sie jetzt. Im Tischtennis wird bei Punkt- und Pokalspielen und bei Turnieren Einzel gespielt. Es wird kein Grund gesehen, eine dieser beiden Gruppen auf- oder abzuwerten. Beides ist Tischtennis, und beides wird gleich behandelt. Man kann davon ausgehen, dass die ganz große Mehrheit der Spieler sowohl beim Turnier- als auch beim Punktspiel alles versucht, um zu gewinnen.“ Im Schach gebe es auch keine getrennten Elo-Werte (Anm. d. Red.: Auf dem Elo-Wert basiert der TTR-Wert) für Turnier- und Punktspiele. Das Problem rühre aus der Vergangenheit, in der es viele Spieler gewohnt gewesen seien, dass sich Mannschaftsmeldungen nur aus den Ergebnissen der direkt vorangegangenen Halbserie ergaben. „Doch auch damals war in der WO immer nur davon die Rede, dass nach ‚Spielstärke’ gemeldet werden muss – auch damals hieß es nie, dass es nach ‚Punktspiel-Spielstärke’ gehe. Das Problem war eben bis vor sechs Jahren, dass man 'Spielstärke' nicht übergreifend messen konnte. Das ist jetzt seit Einführung der TTR-Werte anders, und deshalb gibt es keinen Grund, bei 'Spielstärke' zu differenzieren und somit auch nicht, über eine Trennung der TTR-Werte nachzudenken“, so Heinrichmeyer weiter.

Manche Leute hätten schon jetzt Probleme, zwischen dem Q-TTR-Wert und dem aktuellem TTR-Wert zu unterscheiden. Das würde noch weitergehen, wenn es in Zukunft Turnierwerte und Punktspielwerte sowie Gesamtwerte und das Ganze dann noch als aktuelle und Quartalswerte gebe. „Nein, das war und ist kein Thema. Man muss auch berücksichtigen, dass für einen Teil der deutschen Spieler – nämlich für die besten – die Turniere einen viel größeren Stellenwert haben als die Punktspiele. Was würden die wohl sagen, wenn die Turniere nur die Hälfte zählen würden? Dimitrij Ovtcharov zum Beispiel, von dem es aktuell nur Turnierergebnisse gibt? Nein, Turniere anders zu werten, ist wirklich kein Thema“, so Heinrichmeyer zum Abschluss.

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(DK)

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