Amateure

Amateur-Thema: Junge TT-Schiedsrichter – "Grundwissen reicht lange nicht aus"

Johannes Kühhorn und Nils Dünninger standen uns Rede und Antwort (©privat/BTTV)

27.03.2018 - Im Januar hatten wir Ihnen drei Personen vorgestellt, die schon in ihrem jungen Alter als Trainer aktiv sind und die entsprechenden Lizenzen besonders früh erworben haben. Im heutigen Amateur-Thema soll es um junge Schiedsrichter gehen, genauer gesagt um den 16-jährigen Nils Dünninger vom TSV Goßmannsdorf und den 22-jährigen Johannes Kühhorn vom TV Dietenhofen.

"Schiedsrichter beim Tischtennis zu sein – das kann doch jeder": Diese Haltung mag so mancher Spieler vertreten, der in Mannschaftswettkämpfen hin und wieder selbst ein Spiel schiedst. Wie viele Regeln es zu kennen gilt und wie knifflig manche Fälle sind, beweist jedoch schon alleine unsere im Zweiwochenrhythmus erscheinende Regelecke, bei der die Mehrheit nicht immer auf die richtige Lösung tippt. Vor kurzem gab es sogar einen Fall, bei dem selbst unter den Experten Uneinigkeit herrschte

Basiswissen reicht lange nicht aus
Dass mehr als das Tischtennis-Grundwissen nötig ist, um Schiedsrichter zu sein, findet Nils Dünninger, der als 16-Jähriger kürzlich die Verbandsschiedsrichter-Lizenz erwarb: "Es kommt Außenstehenden so vor, als ob in diesem meist sehr fairen Sport nicht viel zu tun sei. Doch alleine die Aufschlagbewertung hat es in sich. Einige Spieler haben die Angewohnheit, den Ball während des Aufschlags zu verdecken. Da muss man sich als Schiedsrichter vorstellen, ob der Ball auch für den Rückschläger verdeckt ist, sich also in eine andere Perspektive versetzen", erläutert er. 

Schon im Alter von 14 Jahren – dem Mindestalter – hatte Dünninger die Kreisschiedsrichter-Lizenz erworben, der Aufwand hierfür betrug ein Wochenende, einen Monat später an einem weiteren Wochenende als knapp 15-Jähriger folgte die Prüfung zum Bezirksschiedsrichter, vor wenigen Monaten die zum Verbandsschiedsrichter. "Mal irgendwann Schiedsrichter zu werden, war mir in den Kopf gekommen, als ich Fußball schaute. Mit acht Jahren habe ich mit Tischtennis angefangen und mich später über das Schiedsrichterwesen in unserem Sport informiert", erzählt Dünninger.

Dass Johannes Kühhorn zum Schiedsrichterwesen kam, war dagegen Zufall. "Ich war immer regelinteressiert. 2011 ist ein Bekannter zu einem Seminar gegangen, ich habe ihn begleitet, so fing alles an", berichtet der Jura-Student. Inzwischen hat es der 22-Jährige zum nationalen Schiedsrichter gebracht, jener Stufe, die auf die des Verbandsschiedsrichters folgt. 

Viele Fragen in kurzer Zeit, praktische Prüfung bei Turnieren
Für den Erwerb der Verbandsschiedsrichter- bzw. nationalen Schiedsrichter-Lizenz mussten Dünninger und Kühhorn Prüfungen bestehen, die sich aus einem schriftlichen, einem mündlichen und einem praktischen Teil zusammensetzen. Im schriftlichen Teil musste Dünninger für die Verbandsschiedsrichter-Lizenz 50 Fragen in 40 Minuten beantworten, Kühhorn für die nationale Schiedsrichterlizenz 50 Fragen in 30 Minuten. Geprüft wurde der praktische Teil jeweils bei einem Turnier, bei dem die Lizenz-Anwärter unter den Augen von Prüfern Spiele schiedsen mussten. Bei Dünninger waren das Spiele bei den bayerischen A-Meisterschaften, bei Kühhorn Spiele bei deutschen Jugend-Meisterschaften.

Mit der Verbandsschiedsrichter-Lizenz darf Dünninger bis zur 3. Bundesliga als Oberschiedsrichter eingesetzt werden, als Schiedsrichter am Tisch in der 1. Bundesliga der Damen und 2. Bundesliga der Herren. Sogar in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) der Herren ist Kühhorn schon zum Einsatz gekommen, in dieser Saison war das bei sechs Heimspielen des TSV Bad Königshofen der Fall, mal als Oberschiedsrichter, mal als Schiedsricher am Tisch. Als seine persönlichen Highlights bezeichnet er jedoch das Liebherr Pokal-Finale in Ulm und die German Open in Magdeburg im letzten Jahr, hier durfte er u. a. als Assistent beim U-21-Finale dabei sein. "Doch auch die Bayreuth Open (ein Para-Tischtennisturnier, Anm. d. Red.) waren eine tolle Sache. Zu sehen, wie viel Spaß diese Spieler am Sport haben, hat mich beeindruckt", so der 22-Jährige. 

Manchmal Ärger mit Spielern? 
Dass Schiedsrichter und Spieler nicht immer einer Meinung sind, gerade wenn es um die eingangs erwähnte Auslegung der Aufschlagregeln gilt, liegt auf der Hand. Insgesamt würden sich die Spieler immer respektvoll verhalten, berichtet Kühhorn, der sich aber an einen Fall bei den German Open erinnern kann, als sich ein Akteur nicht mehr einbekam, weil ihm ein Aufschlag abgezählt wurde: "Da musste der Oberschiedsrichter noch dazukommen, nach Ende der Partie hat mir der Spieler den Handschlag verweigert." Dass an den Aufschlagregeln noch einmal etwas verändert werden soll, findet Kühhorn indes nicht. "Stattdessen sollten die Regeln von den Schiedsrichtern konsequenter durchgesetzt werden", sagt er und kann sich vorstellen, "dass ein zusätzlicher Schiedsrichter eingesetzt wird, der speziell den Aufschlag im Blick hat, oder demnächst eine Kamera, über die man live die Möglichkeit hat, den Aufschlag aus einer anderen Perspektive zu verfolgen." 

Welche Eigenschaften ein guter Schiedsrichter Kühhorns Meinung nach mitbringen muss? "Er sollte ein gutes Auge haben, entscheidungsfreudig sein und zu seiner eigenen Entscheidung stehen", findet der 22-Jährige. Von größeren Vereinen, die Geld sparen wollen würden, höre er manchmal, dass kein Schiedsrichter nötig sei. "Doch nicht jeder besitzt die Fähigkeit, Regeln auch durchzusetzen", resümiert Kühhorn.

In erster Linie Hobby
Finanziell profitieren er und Nils Dünninger von ihren Einsätzen als Schiedsrichter im Übrigen nicht. "Es ist kein Nebenberuf, sondern eher ein Hobby", sagt Dünninger. Fahrtgeld könne man über die Reisekosten absetzen, einen niedrigen zweistelligen Beitrag gebe es für die Einsätze – meistens maximal 30 Euro. 'Dennoch' hat auch Dünninger vor, die nationale Schiedsrichter-Lizenz zu erwerben. "Ein großer Traum wäre es, die internationale Lizenz zu machen." Kühhorn stimmt zu: "Irgendwann will auch ich gerne internationaler Schiedsrichter sein. Mal schauen, wie ich das mit meinem Studium vereinbaren kann." 

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(DK)

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