WM 2017

Was sagen die Trainer? Die deutschen Spieler in der Einzelanalyse

Jörg Roßkopf mit seinem besten Schützling, Timo Boll (©Fabig)

05.07.2017 - Deutsche Spieler sehen wir am letzten Turniertag der Weltmeisterschaften in Düsseldorf nicht mehr in den Messehallen. Somit konnten sich die Bundestrainer Jörg Roßkopf und Jie Schöpp heute ganz entspannt den Journalisten für eine Einzelanalyse ihrer Schützlinge und ein Gesamtfazit stellen. Timo Boll, Ruwen Filus und Kristin Silbereisen bekamen dabei - was nicht überraschend war - das meiste Lob zugesprochen.

Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf:

Zum allgemeinen Abschneiden: „Für meine Mannschaft war es eine tolle WM mit schönen Momenten. Die Spieler haben viel Druck aushalten müssen. Schon die Nominierung im Vorfeld war sehr schwer, weil wir gerade so viele tolle Spieler haben. Ich bin sehr zufrieden mit unserem Abschneiden. Im Mixed-Doppel haben wir Vollgas gegeben. Im Doppel wussten wir nach der Auslosung, dass es schwer wird. Es gab einen Spieler im Spiel zwischen Ma Long/Timo Boll und Xu Xin/Fan Zhendong, der die Partie komplett dominiert hat. Xu Xin hat überragend gespielt, er war einfach perfekt und hat demonstriert, wie man Doppel spielen kann. Patrick Franziska und Jonathan Groth waren hoch gesetzt, das war eine schwierige Situation für sie, zum Favoritenkreis zu gehören. Zudem hat Jonathan seine Chance im Mixed gesehen, eine Medaille für Dänemark zu holen. Da hat man dann aber gemerkt, dass drei Disziplinen zu viel für ihn waren.“

Zu Bastian Steger: „Nach Olympia wusste Basti, dass er die WM spielt, war dann aber lange verletzt. So fiel es ihm danach schwer, in den Tritt zu kommen. Die Slovenian Open hat er zwar gewonnen, war danach aber wieder verletzt. Da ist es schwer, konstant zu spielen. Er hat es probiert und hat Gas gegeben.“

Zu Ricardo Walther: „Er hat verdient hier bei der WM gespielt und war gegen Alexander Shibaev sehr stark. Ricardo ist sehr ehrgeizig. Auf dieser WM kann er aufbauen.“

Zu Patrick Franziska: „Sein Gegner Jang Woojin hat gerade eine gute Form. In ihrem Spiel hat Patrick Franziska die ersten Sätze etwas verschlafen. Sein Ausscheiden war schade, weil er eigentlich eine gute Form hat. Aber er ist noch jung und bekommt noch seine Chancen. Es lastet ein großer Druck auf ihm, die Leute erwarten viel von ihm, aber wir geben ihm Zeit. Irgendwann wird es wieder Richtung Viertelfinale wie in Suzhou gehen.“

Zu Ruwen Filus: „Gegen Fan Zhendong hat er ein sehr starkes Spiel gemacht. Er ist aktuell der beste Allrounder der Welt, kein reiner Abwehr- und kein Angriffsspieler, von daher schwer auszurechnen. Er hat einen unglaublichen Ehrgeiz und sehr viel Selbstvertrauen durch den internen Wettkampf um ein WM-Ticket gewonnen, den er für sich entschieden hat. Er ist aktuell in überragender Form und konnte diese abrufen. Ich denke, auch Fan war teilweise überrascht, was da gespielt worden ist. Die Chinesen werden das Spiel jetzt analysieren, aber ich tippe mal, es wird ihnen schwer fallen, was daraus zu lesen, weil immer etwas anderes gespielt wurde.“

Zu Dimitrij Ovtcharov: „Natürlich hatten wir uns erhofft, dass es für ihn wenigstens noch eine Runde weitergeht. Er war knapp dran, aber Koki Niwa war überragend, hat für seine Verhältnisse sehr aggressiv gespielt und viele Bälle getroffen. Dima hat sich das Spiel gegen Fan Zhendong erhofft. Aber jetzt wird er weiter an sich arbeiten und es weiter versuchen. Er ist noch ein junger Spieler, der auch noch viel lernen muss. Ohne Zweifel ist er unser Mann für die Zukunft.“

Zu Timo Boll: „Er hatte früh eine tolle Form und als die Nachricht aus China kam, dass er Doppel mit Ma Long spielen wird, hat ihm das noch zusätzliche Motivation gegeben. Er war hier sehr gut vorbereitet, hat sich super bewegt und viel Vorhand aus der Rückhand gespielt. Von der ersten Runde an war er super drauf, obwohl er eine schwere Auslosung gegen Spieler hatte, die gut gegen ihn spielen. Der perfekte Abschluss für diese WM für ihn war dann die Partie gegen Ma Long. Klar, ein siebter Satz wäre schön gewesen. Aber ich denke, er konnte Ma Long in diesem Spiel vor viele Rätsel stellen, es war ein Riesenspiel für Timo." 


Damen-Bundestrainerin Jie Schöpp

Zu Nina Mittelham: „Ihr hat ihre Nervosität einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie lebt in Düsseldorf, kennt hier viele Leute, das kann ich auch nachvollziehen. Nina muss noch viel an sich arbeiten.“

Zu Yuan Wan: „Yuan hat im Gegensatz zu den meisten ihrer Teamkolleginnen im Vorfeld regelmäßig trainieren können. Im Spiel hat ihr dann aber noch eine Menge Erfahrung gefehlt, vor allem taktisch. Technisch hat sie sich auf jeden Fall gesteigert.“

Zu Chantal Mantz: „Ihr Ausscheiden war sehr schade, weil sie in der ersten Runde eine Gegnerin erwischt hatte, die sie zuletzt zweimal in Folge geschlagen hatte. Dass es nicht geklappt hat, hatte auch mit ihrer Nervosität zu tun. Zudem konnte sie in der letzten Woche vor der WM gar nicht trainieren, dadurch ist ihr Selbstvertrauen gesunken. In den letzten beiden Sätzen nach dem 2:2 hat sie dann auch nicht mehr an sich geglaubt.“

Zu Sabine Winter: „Es ist ja bekannt, dass sie seit langem Probleme mit der Schulter hat, leider konnte sie in der letzten Phase vor der WM auch nicht trainieren. Sie selbst war froh darüber, dass sie hier nicht schlecht gespielt hat.“

Zu Petrissa Solja: „Man weiß - und sie selbst auch -, dass sie für ihre Fitness noch etwas mehr tun kann. Ihre Ausdauer hat, bei drei Disziplinen, in denen sie hier angetreten ist, am Abend nicht mehr gereicht, als es gegen Pergel ging. Der abgezählte Aufschlag war dann der Auslöser, über den sie sich sehr geärgert hat. Aber sie hatte einfach nicht mehr die Frische und Übersicht im Spiel. Auch sie konnte wegen eines Muskelfaserrisses vor der WM nicht gut trainieren.“

Zu Kristin Silbereisen: „Sie hat uns hier eine positive Überraschung beschert. Trotz beruflichen Stresses versucht sie seit Jahren trotzdem, so viel es geht, mitzutrainieren. Zudem benimmt sie sich im Training vorbildlich und hat sich mit viel Ehrgeiz noch weiterentwickelt, obwohl sie nicht mehr die Jüngste im Team ist. Ich freue mich sehr für sie.“

 

DTTB-Vizepräsidentin Heike Ahlert:
„Wir sind nicht nur organisatorisch, sondern auch sportlich sehr zufrieden. Sicher muss man die individuellen Leistungen unterschiedlich bewerten, aber unser Ziel war es, mindestens eine Medaille zu holen, und das haben wir erreicht. Hervorheben möchte ich noch Kristin Silbereisen und Ruwen Filus, die hier über ihrer Weltranglistenposition gespielt haben.“


Sportdirektor Richard Prause:
„Mit drei Herren unter den letzten 16, Kristin Silbereisen, die es ebenfalls ins Achtelfinale geschafft hat, und einer Mixedmedaille haben wir hier eine gute WM der deutschen Mannschaft gesehen, wenn auch nicht alle Chancen genutzt worden sind. Wir haben Tischtennis auf höchstem Niveau gesehen, und das schon in den ersten Runden. Mir hat imponiert, dass die Spieler sich so gut präsentiert und gut mit den Fans interagiert haben, wie zum Beispiel Ruwen Filus im Spiel gegen Fan Zhendong. Die Fans haben ihn noch auf das nächstes Level gehoben. Also alles in allem war es sportlich eine gute WM, aber die eine oder andere Chance hätte ich gerne noch genutzt.“

(JS)

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