Unterschiedlich lange Aufschläge können ein Mittel zum Erfolg sein (©Fabig)
08.03.2016 - In den letzten Wochen stellten die Akteure des TTC Zugbrücke Grenzau in Videoclips die Übungen vor, die sie im Training am liebsten spielen. In dieser Woche steigt unser Trainingsexperte Martin Adomeit wieder ein – der ehemalige Damen-Bundestrainer widmet sich heute dem Einsatz von Aufschlägen unterschiedlicher Länge in Verbindung mit dem dritten Ball. Was Sie dabei beachten müssen, erfahren Sie hier!
Der Aufschlag ist die erste Chance, den Punkt zu gewinnen oder so vorzubereiten, dass er mit dem nächsten Ball gemacht werden kann. Der Gegner wird bereits zu Beginn des Ballwechsels durch unterschiedliche Platzierungen unter Druck gesetzt und so zur Reaktion gezwungen. Dies verschafft dem Aufschläger einen wichtigen Vorteil, den es dann mit einem konsequent gespielten dritten Ball ausnutzen gilt. In einer Sportart wie Tischtennis, in der die Zeitfenster bis zur nächsten Aktion extrem klein sind, ist es enorm wichtig, das Heft des Handelns in der Hand zu behalten und so den Zeitdruck für den Gegner noch einmal zu erhöhen.
Voraussetzung für ein variables Aufschlagspiel ist allerdings natürlich eine Beherrschung von verschiedenen Aufschlägen mit exakter Platzierung – auch dann wenn Stress entsteht, oder aber die Entscheidung zum entsprechenden Aufschlag erst kurzfristig aufgrund von Stellungen, Schlägerposition etc. des Gegners getroffen wird. Hier ist sicherlich auch ein isoliertes Aufschlagtraining wichtig und hat seine Berechtigung, genauso kann bereits der Einsatz von verschiedenen Aufschlägen im Wechsel sinnvoll sein. Es ist recht leicht, einen Aufschlag extrem lang und gut zu spielen, wenn der Spieler diesen Vorgang 30 Mal in Serie versucht. Versucht er aber, zwischendurch einen extrem gut platzierten kurzen Aufschlag zu spielen, wird es ungleich schwieriger. Anders herum weiß man aber aus der Forschung zum koordinativen Lernen, dass man durch solch variable Methoden längerfristig eine höhere Qualität in der Spitze erreicht. Das heißt, es ist nicht nur für den variablen Einsatz der Aufschläge im Tischtenns besser, mit zwei oder drei Varianten zu trainieren, sondern letztlich auch für die Qualität des eigenen Aufschlags.
Für den Trainingsbereich der Übungen ist es wichtig, dass sich der Spieler bewusst macht, wie wichtig eine genaue Platzierung des Aufschlages ist. Wird der Ball genau kurz in die Vorhand gelegt, ist der Laufweg für den Gegner im Gegensatz zu Mitte VH länger, was für einen selbst den Punktgewinn mit dem nächsten Ball leichter macht. Wird er genau in die RH-Ecke gespielt, ist er von der Qualität her etwas ganz anderes als ein Schlag in RH-Mitte. Wenn dies dem Spieler bewusst ist bzw. in den Übungen auch immer wieder bewusst gemacht wird, wird er deutlich besser aufschlagen. Und gute Aufschlagqualität im Training ist Voraussetzung für eine gute Qualität im Wettkampf, insbesondere in Verbindung mit dem nächsten Ball.
Wird gut aufgeschlagen, erfüllt der Gegner nicht immer die Anforderungen der Übung und ihm misslingen Platzierungen. Dies ist aber ein gewollter Bestandteil der Übung, hier sollte der Aufschläger situationsangemessen reagieren und einfach punkten. Training macht viel mehr Spaß, wenn dies auch ein Zweikampf ist. Eine Situation, in der man sich an dem Gegner steigern muss.
1. Übung: LA in VH/HLA in Mitte Nachsetzen mit RH
Spieler A: LA in VH//HLA in Mitte Spieler B: nach Möglichkeit VHT in RH(Sch in RH)
0- 1 x RHB/RHT in VH VHT in RH
RHB/RHT in weite RH
frei
Der Spieler A versucht sich über unterschiedliche Aufschlagplatzierungen den Vorteil zu verschaffen und soll am Ende über RH-Ecke punkten. Wenn dies schon vorher gelingt – um so besser. Er beobachtet nach dem Aufschlag: Ist die RH-Ecke des Rückschlägers schon offen, dann spielt er dorthin. Ansonsten macht er noch einmal Druck über VH-Ecke und spielt dann in tiefe RH. Kommt bei einem etwas zu kurzen Aufschlag beispielsweise der Schupf etwas in Mitte, setzt er natürlich VHT ein.
Zu Übungsgrafik 1
2. Übung: KA in VH/LA in RH Nachsetzen aus RH
Spieler A: KA in VH/LA in RH (HLA in VH - frei) Spieler B: Sch in RH/RHT in RH (LR in VH-frei)
RHB/T eine Ecke
frei
Hier lässt der Aufschläger seinen Gegner im Unklaren darüber, ob er eröffnen kann oder nicht. Er bestimmt also, wer von beiden den ersten Topspin im Ballwechsel spielt. Ob er selbst dann mit VHT oder RHT, soll er je nach Spielsystem oder Rückschlag entscheiden. Damit der Aufschläger aber nicht sofort nach seinem kurzen Aufschlag umspringt, darf der Rückschläger auch ab und zu in tiefe VH-Ecke zurückspielen.
Zu Übungsgrafik 2
3. Übung: KA in Ecken/LA in Mitte Nachsetzen aus RH/Mitte
Spieler A : KA außen/LA in Mitte (HLA - T - frei) Spieler B: T/F in RH/Mitte
T/B aggressiv eine Ecke
frei
In dieser Übung soll der Rückschläger nun aggressiver spielen und hat auch mehr Möglichkeit in seiner Rückschlagplatzierung. Dies zwingt den Aufschläger, mehr die Zusammenhänge zu ziehen, was nach welcher Aufschlagplatzierung oder auch unterschiedlicher Rotation passiert. Muss er dann eher mit VH oder eher mit RH nachsetzen, welche Ecke öffnet sich nach welchem Aufschlag. Dies sind Zusammenhänge, die er für einen erfolgreichen Wettkampf braucht. Der Aufschlag und der dritte Ball gehören zusammen. Wenn er jedes Mal erst komplett neu nach seinem Aufschlag die Situation bewerten muss, ist der Zeitvorteil durch seinen Aufschlag verschwunden.
Zu Übungsgrafik 3
4. Übung: Aufschläge in unterschiedlicher Länge über den Wechselpunkt - Nachsetzen aus VH-Seite
Spieler A: KA/HLA/LA auf WP Spieler B : LR in 1/2 VH
frei
Durch die Platzierung unterschiedlicher Längen auf den WP gibt es zwangsläufig ständig verschiedene Rückschläge. Auf die gilt es sich einzustellen, diejenigen, die einem selbst entgegenkommen, auch zu erzwingen. Diese Übungsform bietet sich auch als Wettkampf, zumindest nach einer Zeit des Trainings an. Zudem kann hier nach einigen Minuten ein Wechsel alle 2 Aufschläge, wie im Wettkampfrhythmus erfolgen. Aber auch ein Modus, wie derjenige, der den Punkt gewinnt, darf aufschlagen, führt zu einer höheren Motivation im Trainingsprozess.
Zu Übungsgrafik 4
Der Autor
Martin Adomeit war Nationaltrainer in vier verschiedenen Nationen (Deutschland, Luxemburg, Belgien und Nigeria) und gewann mit allen Nationen Medaillen bei Welt-, Europameisterschaften oder African Games. 1998 wurde er in Deutschland Trainer des Jahres. Jetzt arbeitet der 52-jährige Lippstädter als freiberuflicher Trainer. Er führt unter anderem Lehrgänge für Vereine, Bezirke oder Verbände durch, gibt Einzeltraining und betreibt einen TT-Shop. International betreute er beispielsweise Quadri Aruna beim World Cup in Düsseldorf. Zuletzt führte er Nigerias Männerteam zum Mannschaftstitel bei den All African Games und ist damit der erste Trainer, der auf verschiedenen Kontinenten Titel in kontinentalen Mannschaftswettbewerben gewann.
Zu erreichen ist Martin per Telefon unter 02941-273385 oder per mail unter lippstadt@tt-store.de. Die Adresse der Webseite ist www.lippstadt.tt-store.de.
Zum pdf-Download des Trainingstipps
(Martin Adomeit)
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