Trainingstipp

Back to Basics: Taktik gegen beidseitige Spin-Spieler

Ein beidseitiger Spin-Spieler kann auch auf seine starke Rückhand bauen (©ETTU)

03.06.2025 - Wie man gegen vorhandorientierte Spieler am besten agiert, hat B-Lizenztrainer Noel Witzky im vorangegangenen Teil seiner kleinen Back-to-Basics-Serie bereits erklärt. Nun widmet er sich beidseitigen Spin-Spielern, die im modernen Tischtennis immer wichtiger werden. Neben einer Charakterisierung des Spielertypen mit Stärken und Schwächen liefert Witzky auch konkrete Spielsituationen, die Sie im Training üben können.

Taktiktipps

Taktiktipp 1: 

Aufschlag in Mitte/Vorhandtiefes Anspiel in die RückhandeckeDruck auf die Beweglichkeit und Schlagqualität der Rückhand aufbauen

  • Wenn Sie Ihre Aufschläge bewusst in die Vorhandseite oder in die Tischmitte platzieren, zwingen Sie sie, sich stärker zur Vorhandseite zu orientieren.
  • Dadurch entsteht eine räumliche Öffnung auf der tiefen Rückhandseite.

Vorteil für Sie:

  • Diese Öffnung können Sie nutzen, indem Sie gezielt den nächsten Ball tief in die weite Rückhandecke platzieren.
  • Da beidseitige Spin-Spieler in der Regel keine optimale Reichweite auf der tiefen Rückhand haben – besonders nach seitlichen Bewegungen –, fällt es ihnen schwer, dort unter Druck kraftvolle Topspins zu spielen oder aggressiv nachzusetzen.

Strategisches Ziel:

  • Zerstören Sie den Rhythmus des beidseitigen Spin-Spielers, indem Sie ihn erst leicht zur Vorhand locken und dann die weite Rückhandseite attackieren.
  • So provozieren Sie passive oder fehlerhafte Rückhandaktionen und gewinnen die Kontrolle im Ballwechsel.


Taktiktipp 2: 

Gezielt Wechselpunkt anspielen hohes Tempo oder Rhythmuswechsel einsetzen Entscheidungsdruck erzeugen Fehler provozieren

  • Beidseitige Spin-Spieler besitzen zwar technisch starke Schläge auf beiden Seiten, müssen aber am Wechselpunkt eine schnelle Entscheidung treffen.
  • Unter Zeitdruck geraten sie dabei häufig in Entscheidungsprobleme, was zu Ungenauigkeiten, Fehlern oder ineffektiven Schlägen führen kann.

Ihr taktisches Vorgehen:

  • Spielen Sie bewusst in den Wechselpunktbereich (also leicht in Richtung der Körpermitte Ihres Gegners).
  • Erhöhen Sie das Tempo oder variieren Sie den Rhythmus, damit Ihr Gegner weniger Zeit für die Schlagauswahl hat.
  • Schnelle, flache Bälle in diesen Bereich verstärken die Unsicherheit.

Strategisches Ziel:

  • Erzwingen Sie Fehlentscheidungen (z. B. zu späte Umstellung auf Vorhand oder Rückhand).
  • Verursachen Sie technische Ungenauigkeiten (z. B. schlechte Schlägerhaltung oder schlechte Körperposition).
  • Gewinnen Sie Ballwechsel durch erzwungene Fehler oder unpräzise Rückschläge.


Taktiktipp 3: 

Zentral stehender Spin-Spieler Reichweitenlimit auf tiefer Rückhand gezielt anspielen und unter Druck setzen

  • Auf der weiten Rückhandseite fehlt es vielen beidseitigen Spin-Spielern an Zeit und Beweglichkeit, um schnell genug an den Ball zu kommen.
  • Aufgrund der Körperhaltung und Standposition erreichen sie tiefe Rückhandbälle oft nur verzögert.
  • Daraus resultieren:
    → Weniger effektive Rückhandschläge
    → Verlust an Druck und Platzierungspräzision
    → Fehleranfälligkeit unter Gegnerdruck

Ihr taktisches Vorgehen:

  • Spielen Sie die Bälle gezielt weit und tief in die Rückhandecke, vor allem nach Aufschlägen oder schnellen Richtungswechseln.
  • Nutzen Sie Rotationsbälle oder lange, flache Bälle, die schwer früh zu nehmen sind.
  • Halten Sie das Tempo hoch, um die Wege für den Gegner zu verlängern und ihn zum passiven Rückhandspiel zu zwingen.

Strategisches Ziel:

  • Den beidseitigen Spin-Spieler aus seiner Komfortzone zwischen Vorhand und Rückhand zu bewegen.
  • Zeitdruck und Bewegungsstress auf der Rückhandseite erzeugen.
  • Fehler, schwache Rückschläge oder unkontrollierte Spins provozieren.
     

Der Wandel von Vorhand- und Rückhand-Orientierung

In der modernen Spielweise ist es zunehmend fraglich, ob man noch von vorhand- oder rückhandorientiertem Angriff sprechen kann. Vor allem im direkten Angriff am Tisch, einer bevorzugten Spielweise vieler Spitzenspieler, verschwimmen die Grenzen zwischen den beiden Kategorien. In der heutigen Zeit ist es von entscheidender Bedeutung, sowohl die Vorhand als auch die Rückhand auf höchstem Niveau zu beherrschen. Die schnellen, intensiven Ballwechsel nahe am Tisch erfordern eine enorme technische Vielseitigkeit und die Fähigkeit, beide Seiten ohne Zeitverlust effektiv zu nutzen.

Warum das Umlaufen der Rückhand schwieriger wird:
Ein Umlaufen der Rückhand, um einen Angriff mit der Vorhand zu spielen, ist unter dem zeitlichen Druck im direkten Angriffsspiel sehr schwer umsetzbar. Die Schnelligkeit der Ballwechsel, gepaart mit der geringen Reaktionszeit, zwingt den Spieler dazu, sich entweder in einer schnellen Beinarbeit direkt zur Rückhand zu begeben oder sogar mit der Rückhand selbst aggressiv zu agieren. Die heutigen Spieler müssen in der Lage sein, beide Seiten flexibel und effizient einzusetzen, ohne Gefahr zu laufen, durch das Umschalten unnötig Zeit zu verlieren.

Der Trend zu einer ausgewogenen Spielweise:
Auf hohem Niveau, wo das Tempo und die Komplexität der Ballwechsel stark zugenommen haben, ist eine klare Trennung zwischen Vorhand- und Rückhandorientierung nicht mehr praktikabel. Stattdessen erfordert das moderne Spiel eine multidimensionale Technik und eine hohe Anpassungsfähigkeit. Dies bedeutet, dass die Spieler nicht nur in der Lage sein müssen, ihre Vorhand als offensive Waffe zu nutzen, sondern auch die Rückhand, die heute nicht mehr nur als „zweite Waffe“ fungiert, sondern immer mehr zur gleichwertigen Angriffsoption wird.

Fazit:
Die Anforderungen an moderne Spieler gehen weit über die Unterscheidung zwischen Vorhand- und Rückhandorientierung hinaus. Spieler, die im direkten Angriff am Tisch erfolgreich sein wollen, müssen in der Lage sein, ihre Schläge aus beiden Perspektiven – der Vorhand und der Rückhand – mit gleicher Effizienz und Präzision auszuführen. Die Vielseitigkeit in der Technik und das schnelle Reaktionsvermögen sind daher die entscheidenden Faktoren, um im modernen Tischtennis erfolgreich zu sein.

Zum PDF-Dokument des Trainingstipps

"Hier wird Ihnen geholfen" - Professionelle Tischtennisschulen im Überblick

 

Der Autor
Noel Witzky ist Produktmanager in der myTischtennis GmbH und arbeitet zudem als Honorartrainer im RTTVR-Stützpunkt Koblenz. Der Inhaber der B-Lizenz Leistungssport ist dort zwei bis drei Mal pro Woche sowie an Wochenenden und in den Ferien im Einsatz und betreut unter anderem die Kaderspieler und -spielerinnen des Tischtennisverbands Rheinland/Rheinhessen.

Kommentar schreiben

Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.

* Pflichtfeld

Copyright © 2025 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.