Trainingstipp

Mentaltipp: Wie Gruppenprozesse die Teamleistung beeinflussen

Der Zusammenhalt im Team ist der wichtigste Baustein für den gemeinsamen Erfolg (©Roscher)

10.12.2019 - Tischtennis spielt man alleine? Von wegen! Vor allem in den unteren Sphären unserer Sportart ist man meistens im Team unterwegs und kämpft zu sechst oder zu viert um den Sieg. Die Mannschaft sollte dabei nicht bloß eine zufällige Kombination von Einzelspielern sein, sondern kann entscheidend zum Erfolg beitragen. Sportpsychologe Dr. Christian Zepp erklärt in einem zweiteiligen Mentaltipp, wie Gruppenprozesse die Teamleistung beeinflussen können.

präsentiert vom Verband Deutscher Tischtennistrainer (VDTT)

Obwohl Tischtennis eine Individualsportart ist, wird der Großteil der Wettkämpfe häufig als Mannschaftswettbewerb durchgeführt. Daher ist es für Trainer wichtig, aus individuellen Spielern eine Mannschaft zu formen und die Mannschaft so zu entwickeln, dass sich die Spieler dem Mannschaftsziel unterordnen und jeder zur Erreichung der gemeinsamen Ziele beiträgt. Die Mannschaftsleistung wird insgesamt von neun Gruppenprozessen beeinflusst auf die Trainer in der Arbeit mit ihren Mannschaften achten sollten. Hierzu zählen die Führungsstruktur, die Kommunikation, der Zusammenhalt und das motivationale Klima innerhalb der Mannschaft, die Klarheit der Rollen aller Mannschaftsmitglieder, die Identität der Mannschaft und die Identifikation mit der Mannschaft, das Vertrauen in die anderen Mannschaftsmitglieder sowie die Überzeugung, gemeinsam als Mannschaft erfolgreich sein zu können. Diese unterschiedlichen Prozesse laufen nie unabhängig voneinander ab, sondern beeinflussen sich auf unterschiedliche Art und Weise stets gegenseitig.

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Viele Führer für eine Mannschaft

Die Führungsstruktur innerhalb der Mannschaft bezieht sich auf den Status und die Aufgaben, die verschiedene Spieler in der Mannschaft haben. Neben dem Kapitän als formellen Führer gibt es verschiedene informelle Führungspersönlichkeiten, die eine Mannschaft häufig benötigt. Hierzu zählen a) der aufgabenorientierte Führer, der Verantwortung für die Ziele und deren Erreichung oder die Taktik übernimmt; b) der motivationale Führer, der in verschiedenen Situationen versucht, die anderen Spieler zu motivieren; c) der soziale Führer, der sich um die sozialen Beziehungen zwischen den Spielern und dem Trainer kümmert und auf die Stimmung in der Mannschaft achtet; d) der externe Führer, der Kontakt zu Medienvertretern, Trainern, Verantwortlichen im Verein etc. hält. Grundsätzlich ist es möglich, dass ein einzelner Spieler all diese Aufgaben übernimmt. Häufig sind die Aufgaben aber auf verschiedene Spieler in einer Mannschaft verteilt. Besonders die Entwicklung informeller Führer innerhalb einer Mannschaft hat einen positiven Einfluss sowohl auf die individuelle Leistung als auch auf die Mannschaftsleistung.

Die Klarheit der Rollen der einzelnen Mannschaftsmitglieder hat ebenso einen Einfluss auf die Mannschaftsleistung und auf andere Gruppenprozesse. Die Klarheit der Rollen ist dadurch geprägt, dass den Spielern klar ist, welche Verantwortung sie und ihre Rolle für die Mannschaft haben, welche Verhaltensweisen erforderlich sind, die Rolle erfolgreich auszuüben, welche Konsequenzen es für die Mannschaft hat, wenn die Rolle nicht korrekt ausgefüllt wird, und wie die Bewertung der eigenen Rollenausübung innerhalb der Mannschaft definiert ist. Entsprechend ist es die Aufgabe in jeder Mannschaft, die Rollen jedes einzelnen Mannschaftsmitglieds so genau wie möglich zu beschreiben, und Spielern dabei zu helfen, ihre eigene Rolle so erfolgreich wie möglich ausfüllen zu können.

Zusammenhalt der wichtigste Baustein

Die Kommunikation in Mannschaften ist dann in einem guten Maße vorhanden, wenn Spieler und Trainer miteinander offen und ehrlich sprechen, einander aktiv zuhören, auf Stärken der anderen aufbauen oder Anregungen anderer Spieler aufgreifen und weiterentwickeln. Die Art und Weise, wie miteinander kommuniziert wird (verbal und non-verbal), wirkt sich sowohl positiv als auch negativ auf viele andere der hier vorgestellten Gruppenprozesse aus. 

Der Zusammenhalt einer Mannschaft wird von vielen Wissenschaftlern und Trainern als der wichtigste Baustein für erfolgreiche Mannschaften angesehen. Beim Mannschaftszusammenhalt handelt es sich um einen dynamischen Prozess, der zeigt, dass einzelne Mannschaftsmitglieder zusammenbleiben, um sowohl gemeinsame Ziele als auch individuelle (emotionale) Bedürfnisse der Mannschaftsmitglieder zu erreichen. Der Zusammenhalt einer Mannschaft bezieht sich einerseits auf eine soziale und andererseits auf eine aufgabenbezogene Ebene. Auf der sozialen Ebene ist es der Mannschaft und einzelnen Mitgliedern wichtig, sich wohl zu fühlen und gemeinsam aktiv zu sein. Auf der aufgabenbezogenen Ebene ist die Verfolgung und Erreichung von individuellen und gemeinschaftlichen Zielen wichtig. In Mannschaften, in denen eine hohe soziale Kohäsion herrscht, kann es sein, dass hierunter die Mannschaftsleistung leidet, da die gemeinsamen Ziele nicht die oberste Priorität sind, sondern dem gemeinsamen Zusammensein untergeordnet sind. Je höher das Leistungsniveau, desto höher ist meist auch die aufgabenorientierte Kohäsion. 

Weiter geht es nächste Woche im zweiten Teil des Mentaltipps mit den Punkten Identität, Identifikation, Vertrauen, Überzeugung und motivatonales Klima.

Auch wenn im Text ausschließlich die männliche Form verwendet worden ist, ist immer auch die weibliche Form gemeint. 

Quellen und Literatur zum Text können vom Autor bezogen werden.

Zum Autor: 
Dr. Christian Zepp ist Sportpsychologe und begleitet Topsportler verschiedener Disziplinen. Unter anderem ist er auch als sportpsychologischer Experte für den DTTB tätig, arbeitet mit Deutschlands Nationalspielern und unterstützt sie auf internationalen Turnieren. Der Diplom-Sportwissenschaftler ist zudem Dozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule Köln. Weitere Infos und Angebote finden Sie auf seiner Webseite.

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