Trainingstipp

Mentaltipp: So erreicht man seine Ziele

Wie man die eigenen Ziele erreichen kann, erfahren Sie im heutigen Mentaltipp (©Gohlke)

18.12.2018 - Das Ende eines jeden Jahres ist für viele Athleten nicht nur eine Zeit, in der man sich ausruhen und zu neuen Kräften kommen kann, sondern die Vorbereitung auf das nächste Jahr beginnt. Neue Ziele wollen gesetzt werden: Sei es die Verbesserung des Aufschlags, der Umgang mit Stress im Wettkampf, der Platz in der Rangliste oder der Gewinn eines wichtigen Turniers. Wie Ziele grundsätzlich erreicht werden können, verrät Sportpsychologe Christian Zepp in diesem Mentaltipp.

präsentiert vom Verband Deutscher Tischtennistrainer (VDTT)

Die meisten Athleten sind sehr motiviert, ihre Ziele zu erreichen, müssen beim Blick zurück auf die in den letzten Jahren gesetzten und tatsächlich verwirklichten Ziele jedoch feststellen, dass zwischen beidem leider häufig eine Lücke klafft. Mögliche Gründe hierfür können sein, dass z. B. die gesetzten Ziele nicht zu einem selbst gepasst haben, neue Situationen im Leben von den eigenen Zielen abgelenkt haben, etwas anderes im Leben auf einmal wichtiger wurde, oder weil nicht mehr klar war, wie das Ziel überhaupt erreicht werden kann.

Was vielen Athleten hilft, auch langfristig an den eigenen Zielen zu arbeiten und diese zu erreichen, ist ein klares und strukturiertes Vorgehen bei der Zielsetzung, in dem es nicht nur darum geht, kurz-, mittel und langfristige SMARTE Ziele zu erarbeiten. In einem solchen Vorgehen werden stufenweise die eigene Einstellung, vergangene Erfahrungen, die Bedeutsamkeit eines Ziels für den Athleten sowie ein konkreter Plan, wie das Ziel erreicht werden kann, erarbeitet. Das Ergebnis dieses Prozesses gibt ein sehr viel deutlicheres Bild dessen ab, warum man ein bestimmtes Ziel hat und was getan werden muss, dieses auch zu erreichen.

Was ist meine eigene Einstellung?
Die erste Stufe auf dem Weg zu einer nachhaltigen Zielsetzung orientiert sich zunächst an der eigenen Einstellung, bezogen auf die grundsätzliche Erreichbarkeit von Zielen. Ist ein Athlet z. B. der Meinung, dass es sich sowieso nicht lohnt, an seinem Aufschlag zu arbeiten (weil er das in den letzten Jahren immer versucht hat, es aber nie den gewünschten Effekt hatte), wird er wahrscheinlich auch in Zukunft nicht (mehr) an seinem Aufschlag arbeiten und seinen Aufschlag verbessern, da er die Einstellung entwickelt hat, dass sich das Training sowieso nicht lohnt. Es gibt eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass Menschen genau das erleben, was sie auch erwarten. In der Psychologie wird an dieser Stelle häufig von der sich selbst erfüllenden Prophezeiung gesprochen, also dass genau das passiert, woran man auch selber glaubt und wovon man ausgeht, was passieren wird.

Eine der bekanntesten sich selbst erfüllenden Prophezeiungen im Sport war, dass Menschen geglaubt haben, dass eine Meile nicht unter vier Minuten gelaufen werden kann. Nachdem allerdings Roger Bannister im Jahr 1954 die „magische“ Vier-Minuten-Marke mit 3:59.4 min zum ersten Mal unterbot, liefen unmittelbar danach mehrere andere Läufer die Meile auch unter vier Minuten. Die Menschen hatten die Einstellung entwickelt, dass es doch möglich ist, schneller als vier Minuten pro Meile zu laufen, was dazu führte, dass noch im Jahr 1954 ein weiterer Weltrekord über eine Meile aufgestellt wurde. Unsere Einstellung hat also einen großen Einfluss darauf, wie wir leben, arbeiten, trainieren und spielen, und es sind häufig genau diese Einstellungen, die uns davon abhalten, ein bestimmtes Ziel in Angriff zu nehmen. Entsprechend beschäftigt man sich in einem ersten Schritt zu Beginn einer erfolgreichen Zielsetzung mit den eigenen Einstellungen.

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Der erste Schritt ist nun zunächst einmal anzuerkennen, dass fast jeder Mensch bestimmte Einstellungen hat, die ihn davon abhalten, bestimmte Ziele auch zu verfolgen. Der zweite Schritt besteht dann darin, diese Einstellungen zu identifizieren, z. B. mit Fragen wie: „Welche Einstellungen und Glaubenssätze halten mich zurück?“ Oder: „Welche Einstellung habe ich bezogen auf dieses Ziel oder jenes Training?“, Diese sollten dann aufgeschrieben werden (z. B.: „Ich habe nicht genug Erfahrung.“ „Ich gebe immer auf.“ „Ich kann einfach keinen Aufschlag.“ "Ich bin zu alt, die Technik noch neu zu lernen.“). Der dritte Schritt ist es nun, objektiv zu analysieren, ob die Einstellung inhaltlich korrekt ist und auf einen selbst wirklich zutrifft. Ist dies nicht der Fall, kann die Einstellung umformuliert werden (z. B.: „Ich bin zu alt dafür“ in „ich habe sehr viel Erfahrung, die mir dabei helfen wird, das Ziel zu erreichen“). Sobald die Analyse und die Umformulierung erfolgreich waren, gilt es die nächste Stufe zur Zielsetzung zu gehen. 

Aus den Erfahrungen der Vergangenheit lernen
Die zweite Stufe auf dem Weg zu unseren Zielen für das nächste Jahr geht über die Erfahrungen der Vergangenheit. Nachdem ein Spiel verloren wurde, ein für einen selbst wichtiger Ranglistenplatz verloren wurde oder nach dem die eigene Mannschaft abgestiegen ist, haben viele schon einmal den Satz gehört: „Du musst jetzt nach vorne schauen“. Auch bei der Zielsetzung für das nächste Jahr oder die nächste Saison blickt man automatisch nach vorne in die Zukunft. Häufig vernachlässigt wird an der Stelle jedoch der Blick zurück. Der reflektierende Blick zurück in die Vergangenheit hilft uns dabei, uns bewusst zu machen, was geschehen ist, das Geschehene zu analysieren und daraus für die Zukunft zu lernen. Auch an dieser Stelle hilft wieder ein schrittweises Vorgehen. In einem ersten Schritt wird zunächst aufgeschrieben, was die eigentlichen Ziele waren, die erreicht werden sollten. Das kann das Erlernen einer neuen Aufschlagvariante, die Verbesserung der Beinarbeit, der Aufstieg mit der Mannschaft oder das Erreichen einer bestimmten Ranglistenposition sein. In einem zweiten Schritt wird nun analysiert, was tatsächlich geschehen ist

Dies bedeutet nicht nur, sich bewusst zu machen, was nicht funktioniert hat, sondern besonders auch anzuerkennen, was vielleicht stattdessen geschehen ist, aus dem man etwas lernen kann. Vielleicht war es im Training gar nicht möglich, so viel an der eigenen Technik zu arbeiten, da man viel für den kranken Trainer eingesprungen ist, und damit den Mannschaftskollegen geholfen hat, sich weiterzuentwickeln. Vielleicht konnte man nur selten zum Training gehen, weil die Familie einen gebraucht hat und man so der Familie emotional noch nähergekommen ist. Allein die Auseinandersetzung mit dem, was eigentlich geschehen ist – und dass dies für das eigene Leben und das von anderen Menschen in vielerlei Hinsicht gut ist – ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg, neue Ziele für die Zukunft zu setzen, da sie uns in einem dritten Schritt dabei hilft, aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen. Im vierten und letzten Schritt folgt nun die Auseinandersetzung damit, wie man das eigene Verhalten basierend auf vergangenen Erfahrungen in Zukunft anpassen kann. Wichtig ist, dass, wenn man weiß, was und warum es in der Vergangenheit passiert ist, man auch daraus lernt und für die Zukunft auch etwas verändert. Wenn dies nicht geschieht, verpasst man den nächsten Schritt auf dem Weg der eigenen Entwicklung und ist in einem Teufelskreis gefangen, der einen nur wieder in den bisherigen einschränkenden Einstellungen bestärkt. 

Ziele schriftlich festhalten
Die dritte Stufe beschäftigt sich konkret mit den Zielen, die erreicht werden wollen. Vielen Athleten ist bewusst, dass Ziele jeweils in kurz-, mittel- und langfristige Prozess-, Leistungs- und Ergebnisziele unterteilt, und diese so SMART wie möglich formuliert werden sollten. Ob ein Ziel aber am Ende tatsächlich verfolgt und dann eventuell auch erreicht wird, hängt besonders davon ab, wie sehr das Ziel zu einem Athleten passt und wie wichtig es für diesen ist, dass dieses Ziel auch erreicht wird. Grundlegend dafür, dass auch an der Umsetzung eines Ziels gearbeitet wird, ist die eigene Motivation, dieses Ziel auch wirklich erreichen zu wollen. Menschen sind besonders dann motiviert, wenn das Ziel für sie persönlich bedeutsam ist. Daher sollte man sich bei jedem Ziel stets die folgende Frage stellen: „Auf einer Skala von 1-10: wenn 1 ‚gar nicht wichtig’ und 10 ‚es gibt nichts Wichtigeres’ ist: Wie wichtig ist es für mich, dass ich dieses Ziel erreiche?“ 

Die Erfahrung zeigt, dass Ziele mit einem Wert von 7 oder mehr die größte Wahrscheinlichkeit haben, erreicht zu werden. Sobald dieser Wert klar ist, kann man mit der Frage „Was ist für mich der Grund, warum ich dieses Ziel unbedingt erreichen will?“ für sich selbst noch weiter verdeutlichen, weshalb man an diesem Ziel arbeiten will. Hierbei ist es besonders hilfreich, wenn man die eigenen Ziele aufschreibt, und dann den Wichtigkeitswert sowie den Grund für das Ziel daneben notiert. Es gibt verschiedene Studien, die zeigen, dass man eine 42% höhere Wahrscheinlichkeit hat ein Ziel zu erreichen, wenn man es schriftlich festhält. Dies bedeutet nun jedoch nicht, dass es einfach ausreicht, sein Ziel auf einen Zettel zu schreiben und diesen in die Schublade zu legen oder an die Wand zu hängen. Der bedeutsame Unterschied zwischen denjenigen, die eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, ihre aufgeschriebenen Ziele auch zu erreichen, und denen, die dies nicht machen, liegt nämlich auf der vierten Stufe.

Dokumentation der Erfolge
Auf der vierten Stufe geht es darum, einen konkreten Plan zu erstellen, wie die Ziele auch in die Tat umgesetzt werden können. Hierzu gehört neben dem, was man aus der Vergangenheit gelernt hat, besonders eine klare Idee, wann, wo, wie und mit wem z. B. das Rückschlagspiel trainiert und verbessert werden wird. Auch dies wird wieder schriftlich (z. B. in einem Trainingstagebuch oder Kalender) festgehalten und dokumentiert. Besonders die Dokumentation der Erfolge im Training und Wettkampf können ein wunderbares Feedback sein, was vom Training funktioniert und was nicht. Sobald man erkennt, dass sich das Training und die Geduld auszahlen, hat man eine höhere Wahrscheinlichkeit, auch langfristig die gesetzten Ziele zu verfolgen. Nicht zu vernachlässigen ist in der Planungsphase auch die Vorbereitung auf unvorhersehbare Situationen und damit die Entwicklung von Strategien, wie man reagieren wird, wenn das Training (und vielleicht auch das Leben) nicht so läuft, wie man sich das zu Beginn vorgenommen hat. „Wer kann mich dabei unterstützen, wenn ich mal unmotiviert bin?“ „Was mache ich, wenn mein Trainingspartner absagt?“ „Wie kann ich sicherstellen, mindestens zweimal pro Woche zum Training zu gehen?“ All dies sind Beispiele für Fragen, die einem Athleten dabei helfen können, einen Plan so wasserdicht wie möglich zu machen und auch dann weiter die eigenen Ziele im Blick zu halten, wenn man von irgendetwas abgelenkt wird. 

Sich Ziele zu setzen, ist heutzutage populär. Das sollte aber nicht der einzige Grund sein, das zu tun. Man sollte sich mit den eigenen Einstellungen, die einen in Vergangenheit vielleicht davon abgehalten haben, die Ziele zu erreichen, beschäftigen aus der Vergangenheit lernt, sich für einen selbst bedeutsame Ziele setzen und sich einen konkreten Plan und Strategien zur Zielerreichung überlegen – dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, die eigenen Ziele am Ende auch tatsächlich zu erreichen.

Mehr zum Thema "Ziele setzen" von Christian Zepp gibt es hier!

Auch wenn im Text ausschließlich die männliche Form verwendet worden ist, ist immer auch die weibliche Form gemeint. 

Quellen und Literatur zum Text können vom Autor bezogen werden.

Zum Autor: 
Dr. Christian Zepp ist Sportpsychologe und begleitet Topsportler verschiedener Disziplinen. Unter anderem ist er auch als sportpsychologischer Experte für den DTTB tätig, arbeitet mit Deutschlands Nationalspielern und unterstützt sie auf internationalen Turnieren. Der Diplom-Sportwissenschaftler ist zudem Dozent und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Psychologischen Institut der Deutschen Sporthochschule Köln. Weitere Infos und Angebote finden Sie auf seiner Webseite.

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