Für Sabine Winter ist die Eröffnungsfeier ein absolutes Muss-Ereignis (©Facebookseite Sabine Winter)
29.08.2016 - „Aller guten Dinge sind drei“ - dass dieses Sprichwort hält, was es verspricht, hofft Sabine Winter, die in Rio de Janeiro zwar ihre zweiten Olympischen Spiele erlebte, allerdings wie auch in London nur als Ersatzspielerin mitflog. Bevor sie die Ärmel hochkrempelt, damit es in Tokio 2020 mit einem Platz in der Box klappt, erzählt sie uns von einer unglaublichen Atmosphäre in Rio, von nervenaufreibenden Momenten auf der Tribüne und Begegnungen abseits der Tischtennishalle.
Rio 2016 ist schon wieder Geschichte. Ich war 18 Tage vor Ort und will euch ein paar Einblicke in meine Aufgaben und auch Gefühlswelt dort geben. Ich war nach London 2012 zum zweiten Mal Ersatzspielerin bei Olympischen Spielen. In London hatte ich noch einen Altersbonus, der bei der Nominierung sicherlich mit ausschlaggebend war. Nach meinen atemberaubenden Erfahrungen dort war mein großes Ziel, bis Rio 2016 die eine oder andere Spielerin sportlich zu überholen und mit dem Team in der Box zu stehen und nicht nur von der Tribüne aus anzufeuern. Ich habe an meiner Wand im Flur eine Weltkarte hängen, dort stecken nicht nur Pins in den Ländern, in denen ich schon war, sondern es gibt auch Flaggen, die die Ziele, zu denen man noch hin will, symbolisieren. In Rio steckte seit vier Jahren eine Fahne. Dass es mit dem in der Box Stehen und selbst Spielen eher nichts werden würde, war ziemlich schnell klar, als Han Ying und Shan Xiaona mit ins Team kamen und spätestens, als ich vor über zwei Jahren kein Doppel mehr mit Peti bilden durfte. Ich musste realistisch bleiben und mein Ziel der Situation anpassen und einfach versuchen, erneut als Vierte ins Team zu rutschen und so ein bisschen mehr olympischen Flair zu schnuppern.
Am meisten Gänsehaut bei Hugo Calderano
Mit den Aufgaben als Ersatzspielerin war ich ja schon bestens bekannt. Immer zum Training und Einspielen zur Verfügung stehen. Gut auf die Leute einreden und für möglichst gute Stimmung sorgen, bei Olympia aber eigentlich keine so schwierige Aufgabe, erledigt sich meistens von alleine. ;-) Das Ganze beansprucht aber durchaus ziemlich viel Zeit und es war gar nicht so einfach, zusätzlich noch das eine oder andere Event mitzuerleben. Vor allem an den letzten beiden Tagen habe ich einiges unter einen Hut gepackt, da das Turnier für die Damen ja am 16.8. zu Ende war und wir erst am 18. abends zurückgeflogen sind. Ich bin beim Tennis gelandet, wo ich auch zu einem kurzen Hallo und Foto mit Nadal kam. Das Handballspiel Brasilien gegen Deutschland, bei dem eine unglaubliche Atmosphäre war, vor allem, als Brasilien auch noch vorne lag und am Ende das Spiel tatsächlich gewinnen konnte. Das Bronze-Hockeyspiel der Deutschen und ganz unverhofft das Beachvolleyball-Endspiel der Damen zwischen Deutschland und Brasilien. Den ersten Satz konnten die Brasilianer noch knapp gestalten und dementsprechend laut war es auch in der Beach Arena. Danach waren die Deutschen einfach zu gut und ganz am Ende wurde das brasilianische Team nur noch halbherzig angefeuert. Sportevents, an denen Brasilianer beteiligt waren, waren schon einzigartige Matches.
Am meisten Gänsehaut hatte ich aber in der Tischtennishalle, als Hugo Calderano spielte. Ein Grund ist vielleicht, dass man eine solche Atmosphäre im Tischtennis noch nie erlebt hat, aber es war auch einfach gigantisch. Laola-Wellen, Sprechgesänge, tobendes Publikum, ich konnte mich selbst in der Einspielhalle nicht konzentrieren, da es sogar dort noch ohrenbetäubend laut war und ich eigentlich nichts lieber wollte, als es selbst live in der Halle zu sehen. Das konnte ich dann glücklicherweise auch noch. Ein wenig schade war, dass die Gegner der Brasilianer (nicht nur im TT) auch des Öfteren ausgebuht worden sind. Aber spätestens nach dem Spiel war alles vergessen und sie bejubelten alle. Vielleicht wollten sie in den Spielen auch einfach nur noch etwas mehr Spaß haben (und Party machen) und das Gebuhe sollte man vielleicht nicht zu ernst nehmen.
Auf der Tribüne schwer auszuhalten
Ein Highlight für mich war erneut die Eröffnungsfeier, bei der Timo auch noch Fahnenträger sein durfte. Wie muss er sich wohl gefühlt haben, wenn ich schon Gänsehaut bekommen habe? Ich kann es höchstens erahnen. Also die Eröffnungsfeier ist meiner Ansicht nach ein absolutes Muss-Ereignis, wenn man schon bei Olympia dabei ist.
Jetzt zum Tischtennis. Han, Peti und Shan haben wirklich eine klasse Leistung gezeigt, insbesondere das Spiel gegen Japan war an Spannung wohl nicht zu überbieten. Wie Peti das Spiel gegen Ito bei 3:9 im Entscheidungssatz noch drehte und somit die Chancen für das Finale wahrte. Als Ishikawa bei 0:2 gegen Ying plötzlich keine Fehler mehr machte und ihrerseits Japan im Spiel hielt. Das Doppel von Peti und Nana, das erneut im fünften Satz entschieden wurde. Zum Glück wieder mit dem besseren Ende für die Deutschen. Dann ein vergleichsweise schnelles Spiel, das Ishikawa mit einem 3:0 trotz starker Gegenwehr von Nana aufs Punktekonto von Japan holte. Es kommt also zum entscheidenden fünften Spiel zwischen Ying und Fukuhara - und dann geht auch das noch bis in den fünften Satz. Auf der Tribüne natürlich schwer auszuhalten. Nicht nur für mich, auch für Richie, Michael, Matthias und die ganze deutsche Ecke, die oben lautstark unterstützte. 9:9, spannender geht es kaum. Matchball Ying und dann dieser sensationell gut platzierte Abwehrball an die Kante. ;-) Das nenne ich mal eine Kante. Die sorgte bei uns natürlich für große Erleichterung und Freude. Einfach unglaublich!!! Gefeiert wurde an dem Abend mit einem Radler im Appartement - da am nächsten Tag frei war, leicht möglich. Nach dem Finale gegen China ging es dann natürlich auch noch ins Deutsche Haus zum Feiern.
Ich will noch ein bisschen mehr
Am nächsten Tag ließ ich mir das Bronze-Match der Herren natürlich nicht entgehen. Es war wieder sehr spannend und ein Wahnsinns-Spiel zum Anschauen - hat mir wirklich viel Spaß gemacht und ich habe über viele Ballwechsel gestaunt. Dann auch noch das gute Ende auf deutscher Seite. Also das Ergebnis von Rio ist wohl kaum zu toppen und allein dadurch wird es immer in meiner Erinnerung bleiben.
Wenn ich Rio jetzt mit London vergleiche, muss ich sagen, dass London irgendwie noch einen Tick besonderer war. Es war mehr los und etwas mehr Begeisterung zu spüren. Das Dorf lag insgesamt weniger abseits, so dass man auch schneller mal etwas unternehmen konnte. Aber ich bin auch von Rio schwer beeindruckt.
Für 2020 setze ich mir nochmal ein schwierigeres Ziel. Ich will in Tokio endlich spielen. Klar, dabei sein ist alles, aber falls es zu einem dritten Einlaufen kommt, will ich noch ein bisschen mehr. Ein schwieriges Vorhaben, aber ich bin jetzt schon wieder fleißig am trainieren, um diese Woche in Tschechien hoffentlich für positive Schlagzeilen sorgen zu können.
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(Sabine Winter)
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