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Phasendrescher: Wer clever ist, wird Schriftführer

Als Schriftführer hat man nicht gerade den arbeitsintensivsten Job im Verein (©Laven)

09.01.2023 - Die verschiedenen Ämter, die es in einem Verein zu besetzen gilt, sind nicht alle gleich beliebt. Vor allem jene, die viel Arbeit machen, finden oft nicht viele Freiwillige. Darum wirbt unser Phasendrescher Philipp Hell für das Amt des Schriftführers, das aus mehreren Gründen eigentlich eine Menge Fans haben müsste. In seinem Blog führt Hell aus, welche Vorteile und Anforderungen diese Funktion im Verein mit sich bringt.

Für clevere Tischtennisspieler ist das Amt des offiziellen Schriftführers der Abteilung eine dankbare Aufgabe. Kann man doch – bei wirklich überschaubarem Arbeitsaufwand – bei der Verteilung von neuen und unangenehmen Aufgaben (wie etwa Mannschaftsführer, Jugendleiter oder gar Vorstand) immer mit Fug und Recht behaupten, dass man ja bereits ein wichtiges Amt innehabe. Tatsächlich tritt der Schriftführer nur einmal im Jahr in Erscheinung: Auf der alljährlichen Abteilungsversammlung gilt es nämlich, ein Protokoll anzufertigen. Für alle Tischtennisspieler, die mit der deutschen Sprache eher so dings sind (also überwiegend auf Kriegsfuß stehen) oder bereits ins Schwitzen kommen, wenn es einen Spielberichtsbogen auszufüllen gilt, ist dies natürlich eine absolute Horrorvorstellung. Gottseidank findet sich meist jemand Prädestinierteres für diesen Job – ein ehemaliger Deutschlehrer, ein pingeliger Behördenmitarbeiter oder jemand, der sich für einen Schriftsteller hält.

Vorjahres-Protokoll gut aufbewahren

Wohl dem, der dieses Amt bereits einige Jahre besetzt: Ihm reichen ein paar auf einem Bierdeckel notierte Stichpunkte, um am Computer mittels Copy & Paste das Protokoll des Vorjahres zu übernehmen und lediglich die Liste der Anwesenden und das Datum zu aktualisieren. Da die Tagesordnungspunkte immer die gleichen sind (genauso übrigens wie die Ergebnisse der Vorstandswahl), gilt es höchstens noch, die sportlichen Vorkommnisse korrekt zu nennen: Die Erste ist nach dem Aufstieg letztes Jahr gleich wieder abgestiegen, bei der Zweiten lief es genau andersrum, die Dritte landete irgendwo im Nirgendwo und die Vierte - ach, die Vierte!

Ansonsten „same procedure as every year“: Jammern über mangelnden Nachwuchs, Beklagen über den Zustand der Netze und Tische (von den Banden ganz zu schweigen), Entlastung des Vorstandes und des Kassierers, Dank an die freundlichen Sach-Spender für die Vereinsmeisterschaft (Metzgerei Maurer und Bäckerei Bauer), Ehrung für Helmut für 45 Jahre Mitgliedschaft in der Abteilung mit einem formschönen Zinnkrug (sogar mit Deckel!) und der obligatorische TOP "Sonstiges" unter dem alles Weitere gesammelt wird: ausstehende Beitragszahlungen, verschwundene Zählgeräte, zu spät online eingetragene Spielberichte, (Miss-)Erfolge bei externen Turnieren und die wie immer demnächst anstehende Strukturreform im Verband, die selbstverständlich mit einer wie immer viel diskutierten Neueinteilung der Kreisligen einhergehen wird.

Unbemerkt ins Archiv

Da kommt der ungeübte oder schlecht vorbereitete Schriftführer ganz schön ins Schwitzen, alles korrekt zu Papier zu bringen! Insbesondere beim Versuch, sich drei Wochen später noch an den genauen Wortlaut des Streits zwischen den Mannschaftsführern zu erinnern, die uneins waren, welche Mannschaft denn nun seltener nach den Punktspielen die Banden wieder aufräume und wer eigentlich den Schlüssel für den Netzeschrank verloren habe. Denn nur Angeber sitzen mit ihrem hochwertigen Tablet in der Abteilungsversammlung und protokollieren in Echtzeit in ein Dokument, das nach Ende der Veranstaltung allen Mitgliedern des vereinseigenen Email-Verteilers automatisch direkt zugestellt wird, inklusive Lesebestätigung.

Stattdessen wird das Protokoll der Abteilungsversammlung gewöhnlicherweise Monate später weitestgehend unbemerkt im internen Bereich der Homepage veröffentlicht. Nur Horst ist wie immer umgehend ein Schreibfehler auf Seite drei ganz unten aufgefallen. Anschließend wird das Protokoll noch einmal ausgedruckt und für alle Ewigkeiten im Ordner mit der schönen Aufschrift "Historisches" abgeheftet, der im Keller des Abteilungsleiters seit Jahren vor sich hin modert. Doch es muss natürlich schon alles seine Ordnung haben.

Viel wichtiger aber: Der Schriftführer hat wieder für ein Jahr Ruhe von seinem nervenaufreibenden Job!

Übrigens: "Phasendrescher" Philipp Hell ist inzwischen auch unter die Buchautoren gegangen. Wer mit einem Augenzwinkern durch die Kreisliga schlendern will, findet hier das passende Werk.

(Philipp Hell)

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