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Phasendrescher – Turnier-Edition: Die Mittagspause

In dieser Ausgabe steht die Mittagspause im Vordergrund (©Laven)

05.07.2021 - Die Anfahrt, das Einspielen und die Vorrunde des Amateurturniers hat man hinter sich gebracht, als nächstes steht bei gut organisierten Veranstaltungen die Mittagspause an. Die heißt zwar so, findet aber nicht immer zwangsläufig auch mittags statt. Komplett unterschiedlich wird sie auch von den Aktiven angegangen. Wie eine Mittagspause bei einem typischen Amateurturnier aussehen kann, beschreibt "Phasendrescher" Philipp Hell wieder auf gewohnt humorvolle Art.

Nach einer Vorrunde, bei der man sich – je nach Organisationsgrad der Veranstaltung – entweder größtenteils frierend auf der Turnhallenbank den Hintern platt gesessen hat oder bei der man vor lauter Durchspielen kaum zum Trinken kam, folgt bei gut organisierten Turnieren zunächst eine offizielle Mittagspause. Diese findet meistens mittags statt – aber eben auch nicht immer.

Den Großgrill angeschmissen
Zur Verbesserung der Kassenlage des ausrichtenden Vereins wurde der Großgrill angeschürt. Auf dem werden nun Bratwürste und Steaks gebraten, es wurde haufenweise Kartoffelsalat vorbereitet und es werden nun labberige Pommes frittiert. Zusätzlich wurde bereits im Vorfeld in mehr als ausreichender Menge Kuchen gebacken. Nun drängt sich das ausgehungerte Tischtennis –Volk, das die Notfall-Banane für zwischendurch bereits vor Stunden verdrückt hat und sich die letzten zwei Partien über nur noch mit Traubenzucker und Energy-Drinks an den Tischen halten konnte, in der Schlange des behelfsmäßig aufgebauten Kiosks. Das heißt: alle außer Uwe, der wie immer seine mitgebrachten Butterbrote allein in der ansonsten völlig verwaisten Halle verzehrt, ist doch viel billiger! 

Wie so oft im Leben, heißt es nun auch am Turnier-Kiosk: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben! Denn für die Spieler am Ende der Schlange wird nicht nur der gerade vor ihnen ausgegangene Leberkäse zum Problem, sondern besonders die im Vergleich zu den beim Anstellen schnelleren Spielern deutlich verkürzte Zeit, die verbleibt, die gerade konsumierten zwei Paar Wiener mit Brot noch etwas anzuverdauen, ehe das Turnier auch schon wieder weitergeht. 

Denn die – zumeist – Damen an der Essensausgabe („Spielerfrauen“ würde man sie wohl beim Fußball etwas despektierlich nennen) geben zwar ihr Bestes, haben aber bisher wenig Erfahrung in der Gastronomie für Großereignisse und sind mit der hungrigen Hyänenmeute an Tischtennis-Spielern schlichtweg überfordert – eine Bundeswehrkompanie nach einer mehrstündigen Truppenübung ist nichts dagegen. Es dauert schlichtweg zu lange, jeden Sonderwunsch („Die Pommes bitte nur mit Mayo und zur Bratwurst wollte ich eigentlich den mittelscharfen Senf haben, beim scharfen bekomme ich immer Verdauungsprobleme…“) zu erfüllen. Hinzu kommt meistens, dass es an der Kasse zu wenig Wechselgeld gibt und so ein weiteres Nadelöhr entsteht, wenn alle Anwesenden ihre Geldbeutel durchkramen müssen auf der vergeblichen Suche nach den fehlenden zehn Cent.

Für manchen Spieler ist das Wichtigste so einer Mittagspause aber ohnehin nicht die Nahrungsaufnahme, sondern die ruhige Nikotinzufuhr ohne einen drohenden letzten Aufruf an Tisch drei. Man trifft Harry gemütlich paffend vor der Halle, von wo er entspannt den Kampf um die letzte Steaksemmel beobachtet. Gefrühstückt hatte er außer einer halben Schachtel Marlboro auch schon nichts, da will er seinen Körper nun auch nicht mit einem Mittagessen belasten.

Turniere ohne Mittagspause
Bei schlechter organisierten Turnieren wiederum gibt es keine eingeplante Mittagspause und so gilt es, den persönlichen akuten Kalorienbedarf dagegen abzuwägen, wann man wieder in den Einsatz gerufen wird. Geht sich eine schnelle Wurstsemmel noch aus oder steht man dann wieder völlig überfressen am Tisch für die erste Partie der Doppel-Runde? Sollte man eventuell aber die Doppel-Runde ohnehin abschenken, um dafür gestärkt und nach einem ausführlichen Toilettenbesuch optimal in die Einzel-KO-Runde zu starten? Und wann bildet sich die bekannte Schlange vor den wie immer viel zu wenigen Toiletten-Kabinen, bevor sich jemand heimlich aufs Damen-Klo traut? Selbst in der Mittagspause gilt es also für den weiteren Turnierverlauf womöglich folgenschwere Entscheidungen zu treffen.

Eventuell findet man in der Mittagspause auch die Zeit, sich technisch für den weiteren Verlauf des Tages zu rüsten: das verschwitzte Trikot muss gewechselt werden, der Schläger neu frischgekl…. äh … geputzt werden, das Schweißband neu gebunden werden und man wollte doch noch Peter fragen, wo er die spielerischen Schwächen des nächsten Gegners sieht. Außerdem gilt es die überraschende Pleite im letzten Gruppenspiel zu analysieren, die nicht nur den Gruppensieg kostete sondern nun auch einen übermäßig starken Gegner zu Beginn der nächsten Runde bescherte.

Egal wie die Mittagspause verlief, irgendwann geht es dann auch wieder weiter und Rainer, der es als einer der Ersten in die Kiosk-Schlange geschafft hatte, hat schon wieder Hunger weil er sich beim Bestellen extra ein bisschen zurückgehalten hatte („Bitte nur eine Scheibe Brot zu den zwei Paar Debreczinern“). Nun steht er bereits minutenlang wieder am Tisch und wartet auf seinen nächsten Gegner Willy, der gerade noch den Rest seines Schnitzels verdrückte, bevor er sich entschuldigte und in sichtlich angespannter Haltung zügig in Richtung der Toiletten verschwand – da war wohl etwas mit dem Kartoffelsalat.

(Philipp Hell) 

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