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Sauer: Die Veränderungen beim Materialspiel durch den Plastikball

Als tischnaher Langnoppenspieler war er in der 2. Bundesliga aktiv: Sebastian Sauer (©Sauer)

03.12.2018 - Als Materialexperte stand uns Sebastian Sauer, Inhaber der Marke Sauer&Tröger sowie der Tischtennisschule www.noppen-lehrgang.de, schon häufiger als Gesprächspartner zur Verfügung. Im aktuellen Interview spricht der langjährige Zweitliga- und Regionalligaspieler (tischnahes Langnoppenspiel) u. a. über das Materialspiel mit dem Plastikball sowie den Faktor der Freude am Tischtennis im Allgemeinen.

myTischtennis.de: Sebastian, du bist Inhaber der Marke Sauer&Tröger, hast dich damit auf das Materialspiel spezialisiert. Wie weit ist die Marke mittlerweile verbreitet?

Sebastian Sauer: Die Anzahl der Spieler, die unsere Hölzer und Beläge nutzen, ist kontinuierlich nach oben gegangen. Die Marke ist in unzähligen Ländern der Welt und vor allem in Asien immer stärker nachgefragt. In Deutschland sind unsere Produkte bei allen großen Versendern wir beispielsweise Schöler&Micke, Contra und Sport Schreiner erhältlich. 

myTischtennis.de: Als Thema immer noch präsent ist die Umstellung auf den Plastikball. Kannst du hierzu Hinweise geben, was der Materialspieler beachten sollte?

Sebastian Sauer: Der Plastikball verändert das Spiel schon nennenswert. Je nach eigenem Spielsystem kann hier auch eine Änderung des Materials Abhilfe schaffen. Dies ist jedoch sehr individuell und hier kann ich leider keine allgemeingültige Aussage treffen. Wie bei allen Veränderungen im Leben gibt es Menschen, die es nur bedingt tangiert, aber auch „Gewinner“ und „Verlierer“. Der Plastikball reagiert träger als der Zelluloidball und er nimmt auch weniger Rotation an. Wenn der Spielerfolg sehr stark auf Rotationsentwicklung beruhte, dann ist das natürlich nüchtern betrachtet erstmal ein Nachteil.

Ich habe jedoch festgestellt, dass die meisten Spieler, die sich darauf einließen, nach einiger Zeit auch ihr Spielniveau wieder erlangen konnten. Manche sind, indem sie sich mit eventuell notwendigen Veränderungen bei Material oder Spielsystem beschäftigt haben, mit offensiveren Schlägen sogar besser geworden als vorher. Wenn jemand sagt, dass „alles Mist“ ist, dann wird es sich mit Sicherheit auch so entwickeln. Wenn jemand die Herausforderung aber annimmt und beharrlich dranbleibt, dann wird sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch eine Verbesserung einstellen. Vielleicht dauert es drei Wochen, vielleicht jedoch auch sechs Monate. Sicherlich hätten viele Spieler diese Veränderung nicht gebraucht. Nun ist es jedoch so und man sollte sich unvoreingenommen und offen darauf einlassen. Es ist kein Existenzrecht, dass alles im Leben so bleibt, wie es ist. Dann wäre es auch langweilig.

myTischtennis.de: Du hast "eventuell notwendige Veränderungen" angesprochen. Was meinst du damit konkret?

Sebastian Sauer: Dies kann eine leicht offensivere Spielausrichtung mit dem Einbinden von Störschlägen oder eine Materialanpassung sein. In extremen Fällen kann es sogar sein, dass ein verändertes Spielsystem besser passt. Ich würde mich dabei nicht zu stark von anfänglichen Resultaten leiten lassen. Zuallererst muss das Spielsystem Spaß machen. Es soll doch für die meisten Spieler Hobby und Ausgleich sein und nicht Arbeit, Ergebnisdruck und Belastung bedeuten. 

Bei meinen Lehrgangsteilnehmern stelle ich mir selbst oft die Frage, warum bzw. mit welcher Absicht dieser Spieler eigentlich Tischtennis spielt. Dann ist es auch erst möglich, eine passende Strategie zu finden. Geht es dem Spieler ohne Berücksichtigung auf den Spielspaß nur um den verbissenen Erfolg um jeden Preis oder um das Ergebnis? Oder stehen bei ihm die Freude am Spiel und an der Bewegung im Vordergrund?

myTischtennis.de: Du würdest die Spieler in dieser Hinsicht also in verschiedene Lager aufteilen?

Sebastian Sauer: Grundsätzlich schon. Jeder von uns kennt diesen Spieler, der nahezu jeden Ball aus aussichtsloser Lage mit ungeheurem Tempo spielen möchte und der sich dann tierisch freut, wenn ein Ball von fünf den Tisch trifft. Über die vier Bälle vorher, die in die 'Walachei' gegangen sind, sieht er wohlwollend hinweg.

Ein anderes Beispiel für einen solchen Spieler ist ein regelmäßiger Lehrgangsteilnehmer von mir aus Hessen. Er ist mittlerweile über 75 Jahre alt und kann hervorragend tischnah mit einer langen Noppe agieren. Trotzdem hat er einfach riesigen Spaß daran, wenn er drei Meter hinter dem Tisch Schnittabwehr oder Ballonabwehr spielen kann. Er liebt lange Ballwechsel und das Ergebnis ist in der Regel zweitrangig. 

Selbstverständlich befinden sich die meisten Spieler irgendwo in der Mitte zwischen diesen beiden ('extrem verbissen' vs. einfach Freude am Spiel). Hiermit möchte ich jedoch nur einmal deutlich dazu anregen, zu hinterfragen, warum man eigentlich Tischtennis spielt. Im Kern sollte man auch darüber nachdenken, ob man ein Spielsystem, das Spaß macht, nur verändern sollte, weil man sich dadurch vielleicht 50-100 TTR-Punkte mehr erhofft…

myTischtennis.de: Eine interessante Betrachtungsweise auf das Spiel aus einem ungewohnten Blickwinkel...

Sebastian Sauer: Ja, es liegt mir wirklich am Herzen. Ich habe häufig gemerkt, dass es einem Spieler enorm hilft, wenn er kritisch hinterfragt: Warum spiele ich? Was macht mir besonders Spaß und was möchte ich damit erreichen?

myTischtennis.de: Hast du weitere Tipps für Spieler?

Sebastian Sauer: Extrem bereichernd fand ich einen banalen Tipp, den ich in einem Buch gelesen hatte. Viele Menschen – mich eingeschlossen – bewegen sich häufig in einem Alltag, in dem Zeit schnell verfliegt. Hierbei hat man das Gefühl, dass sich nichts Besonderes getan hat. Mittlerweile markiere ich in meinem Kalender in jedem Quartal einen Tag mit einem großen X. Dieser Tag ist geblockt und es werden keine weiteren Termine eingetragen. Hier versuche ich jedes Mal, etwas zu machen, das ich normalerweise gar nicht mache und wobei ich meinen Horizont erweitere. Durch das Verlassen der Komfortzone komme ich weiter und lerne ganz neue Dinge und Situationen kennen.

Beispielsweise habe ich mit einem Freund mal eine Trampingtour gemacht. Es war ein Sprung ins kalte Wasser und wurde ein wundervoller Kurzurlaub mit vielen Erlebnissen. Es können auch kleinere Dinge wie eine Kanutour, ein Ausflug in den Zoo, ein Spieleabend oder das Probieren eines leckeren Rezepts sein. Ohne das X im Kalender würden viele Menschen das normalerweise nicht machen. Inzwischen gebe ich auch auf meinen Lehrgängen diese Anregung und es freut mich, dass ich hierzu bereits einige Rückmeldungen und Erfahrungsberichte erhalten habe. Ich freue mich über jede Zuschrift dazu und hoffe, dass ich hiermit für den einen oder anderen eine Anregung zur praktischen Umsetzung schaffen konnte.

Hier finden Sie weitere Infos zu den Lehrgängen von Sebastian Sauer, hier zur Marke Sauer&Tröger.

(DK/Sauer)

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