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Janinas WM-Blog: Fernsehen vor Gerechtigkeit

Was wäre für die Portugiesen gegen Japan möglich gewesen, wenn sie kein Spiel in den Knochen gehabt hätten? (©Stosik)

03.05.2014 - Es ist toll, dass unser Sport zumindest in China und in Japan so populär ist, dass die heimischen Fernsehsender Live-Übertragungen anbieten. Wenn das aber dazu führt, dass dadurch in den Wettbewerb selbst eingegriffen wird, geht es zu weit, findet myTischtennis-Redakteurin Janina Schäbitz. Warum in den Herren-Viertelfinals zwei Mannschaften unter schlechteren Bedingungen als die anderen antraten, erzählt sie heute in ihrem Blog.

Klar, Fernsehen ist wichtig. Jeder Sport lechzt danach, regelmäßig in die Wohnzimmer der Menschen übertragen zu werden und Aufmerksamkeit zu erregen. Und dafür sind die verschiedenen Sportarten auch bereit, gewisse Zugeständnisse zu machen. Regeln werden verändert, um den Sport fernsehtauglicher zu machen, es wird Raum für die Platzierung von Werbung geschaffen und Spiele werden so angesetzt, dass sie gut in den Programmplan passen. Wenn dies dazu führt, dass der Sport dadurch populärer wird und sich ihm so ganz neue Möglichkeiten bieten, sich zu entwickeln, ist das prima. Wenn dadurch in den Wettbewerb selbst eingegriffen wird, geht es aber zu weit, wie ich finde. 

 

Zwei europäische Mannschaften waren die Pechvögel

 

Die Viertelfinals der Herren fanden diesmal nicht am Stück statt, sondern relativ zerpflückt. Japan und China spielten gestern Abend bereits, Taiwan und Korea waren heute Mittag an der Reihe und Deutschland und Singapur sollten sich erst heute Abend duellieren. Das ist an sich noch kein Beinbruch, kann sogar ganz sinnvoll sein, wenn dadurch womöglich weniger attraktive Spiele eingerahmt werden, so dass die Zuschauer vor Ort die Halle noch nicht verlassen, wenn sie die Partien gesehen haben, die sie interessieren. Doch zwei Mannschaften waren in den Viertelfinals der WM in Japan benachteiligt, weil sie als einzige Viertelfinalisten zwei Partien an einem Tag bestreiten mussten - und das ist nicht korrekt. 

 

Portugal und Österreich spielten sich erst gestern Morgen in die Runde der besten Acht. Siebeneinhalb Stunden später standen sie dann bereits Japan bzw. China gegenüber, die beide den Tag über frei hatten, weil sie als Gruppensieger für das Viertelfinale gesetzt waren. Verstehen Sie mich nicht falsch. Es ist keine Frage, dass Profisportlern auch zwei Matches am Tag zuzumuten sind. Dann sollte aber der Gerechtigkeit wegen auch jede Mannschaft mehrmals am Tag spielen müssen. Zumindest wenn es in die letzten Runden eines Turniers geht, sollte hier Einheitlichkeit herrschen. Wenn man ehrlich ist, muss man zugeben, dass Österreich wohl auch ohne ihre Morgenpartie gegen China verloren hätte. Aber wer weiß? Vielleicht hätte Robert Gardos auch sein Spiel gegen Zhang Jike noch gewonnen, in dem er schon mit 2:1 geführt hatte. 

 

Fürs Fernsehen vorgezogen

 

Im anderen Viertelfinale am Freitagabend waren die Chancen jedoch deutlich höher, dass die Mannschaft, die aus dem Achtelfinale kam, Portugal, den gesetzten Japanern einen Strich durch die Rechnung machen könnte. Schließlich war auch das Vorrundenspiel gegen die Gastgeber auf Messers Schneide verlaufen. Zwar war das Spiel schließlich mit 3:1 an Japan gegangen, zwei Einzel verloren die Portugiesen aber erst im fünften Satz, so dass das gegenteilige Ergebnis sehr gut möglich gewesen wäre. Im Viertelfinale gestern Abend holten sie gegen Japan allerdings nur einen Satz, was das Ende ihrer Reise in Tokio bedeutete. 

 

Der Grund dafür, dass ausgerechnet Japan und China die beiden Teams der vier Gruppensieger waren, die für die beiden Spiele am Freitagabend gesetzt wurden, war, dass das chinesische und japanische Fernsehen diese Partien gerne zu der für sie besten Sendezeit übertragen wollten. Damit haben sie ihnen allerdings nicht nur Zuschauer vor den heimischen Fernsehern, sondern auch Gegner verschafft, die bereits ein Spiel in den Knochen hatten. Es mag sein, dass die Portugiesen und Österreicher da absolut locker drüber hinwegsehen und sagen, dass das nicht viel ausgemacht hat. Man kann auch im Nachhinein keine Aussagen darüber treffen, was gewesen wäre, wenn… Ich für meinen Teil hatte allerdings einfach Mitleid mit den beiden Mannschaften, die als Underdogs in diese Spiele gingen und dann auch noch weniger Zeit zur Regeneration und Vorbereitung hatten als die eh schon favorisierten Teams - zumal hier manchmal Nuancen über Sieg und Niederlage entscheiden. Wollen wir hoffen, dass die Einschaltquoten wenigstens gut waren.

 

(JS)

 

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