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Blog: Was kann Rückzug des China-Trios bewirken?

Wird der Abschied von Chen Meng, Ma Long und Fan Zhendong etwas bewirken? (©ITTF)

07.01.2025 - Das Jahr 2024 endete mit einem Schock für Tischtennisfans weltweit: Mit Fan Zhendong, Chen Meng und Ma Long erklärten drei Olympiasieger ihren Rückzug aus der Weltrangliste. Als Grund nannten sie die WTT-Sanktionen, die den Spielern blühen, wenn sie obligatorische Turniere absagen. Ist dies bloß ein bedauernswerter Abschied oder können die drei Stars ein Umdenken bewirken? myTischtennis.de-Redakteurin Janina Schäbitz sieht zumindest positive Signale.

Die Tischtennisszene beginnt das Jahr 2025 ohne drei große Stars, die in den vergangenen Jahren für Begeisterung gesorgt haben: Fan Zhendong, Ma Long und Chen Meng zogen sich zum Jahreswechsel aus der Weltrangliste zurück und begründeten dies mit den Sanktionen, die World Table Tennis für die Nichtteilnahme an obligatorischen Turnieren verhängt. Dabei handelt es sich zum einen um Geldstrafen, zum anderen schleppen die Sportler ein Jahr lang eine Null-Wertung mit sich herum. Wer mehrere Turniere auslässt, kann dann nur noch auf dementsprechend weniger erkämpfte Wertungen in der Weltrangliste zurückgreifen, was zu einem Abstieg im Ranking - und das wiederum zur Nicht-Qualifikation für wichtige Events oder zu einer schlechten Setzung - führen kann.

Konflikt nicht nur im Tischtennis

Im Prinzip kann ich beide Seiten nachvollziehen. Die Sportler müssen mit ihren Kräften haushalten und - im Fall vieler europäischer Spieler - ihre Verpflichtungen rund um die für sie meist lukrativeren Vereins-Engagements einhalten. Von einem Event zum nächsten zu hetzen, kann nicht nur zu Lasten der Trainings-, Regenerationszeit und Motivation gehen, sondern auch das Verletzungsrisiko erhöhen. World Table Tennis auf der anderen Seite hat natürlich ein Interesse daran, dass alle Topspieler an den großen Events teilnehmen. Wer mit einer komplett vertretenen Top 10 der Welt werben kann, hat bessere Chancen auf gute Vermarktung, Einschaltquoten, Zuschauerzahlen und somit Einnahmen, als wenn nur hier und da vereinzelt mal ein Topspieler auftaucht. Dieser grundsätzliche Konflikt zwischen Sportlern und Veranstaltern ist nicht nur im Tischtennis zu beobachten, auch in anderen Sportarten, wie im Tennis oder Fußball, beschweren sich Athleten über immer vollere Turnierkalender.

Was kann nun die Aktion der drei Chinesen, an die sich auch die Südkoreanerin Jeon Jihee hängte,  bewirken, die zumindest zum Jahreswechsel ordentlich Staub aufgewirbelt hat? Wenn ein Sportverband plötzlich auf die zwei amtierenden Olympiasieger und den als „Greatest of all time“ gefeierten Spieler verzichten muss, tut das weh, keine Frage. Und das, auch wenn den dreien ein Abschied vom internationalen Tischtennissport vielleicht auch unabhängig von dieser Aktion schon im Kopf herumgeisterte. Mit Ma Longs Karriereende rechnet man schon seit Jahren, aber auch über Fan Zhendong wurde bereits gemunkelt, dass er sich nach seinem Olympiasieg eventuell zurückziehen könnte. Ein früher Eintritt in den Ruhestand ist in der chinesischen Tischtenniswelt halt auch beileibe keine Seltenheit, vor allem nicht, wenn man alles erreicht hat, was es zu gewinnen gibt. Und trotzdem legen die drei mit ihrem Rückzug den Finger in eine Wunde, die schon lange klafft und immer mal wieder von verschiedenen Seiten beklagt wird. Dass sich neben Jeon Jihee noch andere Spieler anschließen und WTT damit weiter unter Druck setzen werden, davon ist zwar eher nicht auszugehen. Aber gerade auf dem wichtigen chinesischen Markt, wo das Trio Heldenstatus genießt, gerät WTT nun in Erklärungsnot. Welche Rolle Liu Guoliang dabei spielt, der als Präsident des chinesischen Verbands, WTT-Ratsvorsitzender und ITTF-Vizepräsident auf allen Ebenen Strippen in der Hand hält, ist dabei besonders interessant.

Verband sucht das Gespräch

Es ist zumindest als positives Zeichen zu werten, dass sich die ITTF direkt zum Jahresbeginn zusammensetzte und eine Task Force ins Leben rief, die die Meinungen der Spieler einholen und das bestehende Regelwerk überprüfen wird. Zu diesem Zweck soll es im Rahmen des Singapore Smashs in wenigen Wochen ein Spielerforum geben, um den offenen Dialog zu suchen. Am Ende wird die Frage sein, ob man sich auf einen Kompromiss einigen kann, mit dem beide Seiten leben können. Im Artikel „Belastungsprobe“ der Dezemberausgabe des Magazins tischtennis, in dem es ebenfalls um die Herausforderungen des vollen Terminkalenders geht, werden etwa kürzere Turniere und die Möglichkeit, ein paar Pflichtturniere auszulassen, angesprochen. Miteinander zu sprechen, ist auf jeden Fall der erste richtige Schritt. Die Athleten sind auf World Table Tennis angewiesen, aber World Table Tennis ist es auch auf die Athleten. Und damit sind nicht nur die chinesischen Superstars gemeint, sondern auch die Profis, die dahinter kommen, deren Sorgen und Nöte noch einmal anderer Natur sind. 

(JS)

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