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Fabians Blog: Vom Kindheitsidol zum Interviewpartner

Oft mit einem Grinsen in der Mixed-Zone: Timo Boll. (©FKT)

28.05.2024 - Über seinen Instagram-Kanal hat Timo Boll am Montagabend sein internationales Karriereende nach den Olympischen Spielen in Paris bekanntgegeben. Ein Jahr später ist nach 18 Jahren auch im Trikot von Borussia Düsseldorf Schluss. myTischtennis.de-Redakteur Fabian Kleintges-Topoll hält den Zeitpunkt für das Laufbahnende des Rekordeuropameisters für richtig. Welchen Eindruck Kleintges-Topoll als Journalist von seinem einstigen Kindheitsidol erhielt, als er in persönlich kennenlernte, lesen Sie in seinem Blog.

Als ich im Sommer 2008 vom Fußball zum Tischtennis gewechselt bin, war es bei mir wie bei einem Großteil der Nicht-Tischtennisspieler bzw. -Interessierten auch. Der Name Timo Boll war mir ein Begriff, mehr aber auch nicht. Das sollte sich schnell ändern. Schon als Kind begann ich, mir vor oder nach dem Jugendtraining YouTube-Videos vom erfolgreichsten deutschen Tischtennisspieler anzuschauen. Ich erinnere mich noch genau an eine Religions-Unterrichtsstunde in der 8. Klasse, als der Lehrer Steckbriefe verteilte und uns gebeten hatte, diese mit unserem Vorbild zu füllen. Dass bei Jungs vor allem Fußball-Profis die größten Idole sind, war schon damals so, wie auch lange Zeit bei mir. Ich aber wählte Boll und stellte ihn meinen Mitschülern vor.

Nervosität beim ersten Interview, Boll immer authentisch

In den folgenden Jahren waren wir mit allen Jugendspielern des TuS Borth einige Male bei Heimspielen von Borussia Düsseldorf und gingen danach fleißig auf Autogrammjagd. Mit Anfang 20 machten wir 2017 einen gemeinsamen Ausflug zur Heim-WM nach Düsseldorf, wo Boll im Viertelfinale scheiterte. Dass ich ihm irgendwann einmal beruflich regelmäßig begegnen würde, hätte ich mir da noch nicht ausgemalt. Im Dezember 2020 war es dann so weit, in der Corona-Bubble mit FFP2-Maske beim Champions-League-Turnier in Düsseldorf. Während zu diesem Zeitpunkt noch die Nervosität überwog, wurden Gespräche mit der Borussia-Legende irgendwann zur Routine, besonders blieben sie aber immer.

Der 43-Jährige nahm sich in der Mixed-Zone stets Zeit für alle Fragen, analysierte klar – ob nach Siegen oder Niederlagen. So auch in der Medienrunde nach dem verlorenen Champions-League-Final-Four in Saarbrücken am Ostermontag. Während alle Profis nach ihrem Statement direkt den Raum verließen, blieb Boll sitzen und hörte weiter zu. Beispiele wie dieses zeigen, wie authentisch und fair er immer war und ist. Einen internationalen Boll-Titel abgesehen vom Verein durfte ich (leider) nicht live miterleben. Beim Team-EM-Gold 2021 in Rumänien, wo ich vor Ort war, war er nicht dabei, bei den European Championships in München war im Viertelfinale gegen Dang Qiu Schluss. 2023 in Schweden reichte es nur zum Mannschaftssilber, wenige Monate später beim WTT Champions in Frankfurt schied Boll früh aus.

Der Ruhestand sei Timo Boll gegönnt, ein Vorbild bleibt er immer

Kritik kam auf, er sei verletzungsanfällig und zu alt. Doch immer wieder setzte er Ausrufezeichen und ist, wie erst Anfang des Jahres bewiesen, immer noch in der Lage, Top-Ten-Spieler der Welt zu besiegen. Das ist schon beachtlich. Die siebte Olympia-Teilnahme war sein großer Traum und der geht verdientermaßen in Erfüllung. Durch seine großen Erfolge ist Boll nicht nur in Deutschland populär, sondern auch in China in der Beliebtheitsskala sehr weit oben. Das jüngst veröffentlichte Video vom gemeinsamen BVB-Stadionbesuch mit Fan Zhendong oder die Anreise mit dem eigenen Wohnmobil zeigen die menschliche und sympathische Seite des Düsseldorfers.   

Nach 25 Jahren in der Weltspitze, zwei WM-Bronze-Medaillen im Einzel, drei Olympia-Mannschaftsmedaillen, 20 Europameistertiteln und vielen weiteren Triumphen beginnt nun seine Abschiedstournee. Der Ruhestand und die Zeit mit seiner Familie seien ihm gegönnt. Tischtennis ohne Timo Boll konnte man sich lange nicht vorstellen. Dass „der Tag“ irgendwann kommen musste, war abzusehen. Einen besseren internationalen Abschluss als nach den Olympischen Spielen in Paris gibt es unabhängig vom sportlichen Ausgang nicht. Dass Boll dem Tischtennissport auch nach seinem endgültigen Karriereende 2025 bei Borussia Düsseldorf erhalten bleiben möchte, kann nur gut sein. Ein Vorbild für junge Tischtennisspieler wird er für immer bleiben. 

Was sind Ihre persönlichen Erlebnisse mit Timo Boll? Berichten Sie darüber gerne in der Kommentarzeile. 

(FKT)

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