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Janinas Blog: Ist doppeltes Spielrecht jetzt fällig?

Truls Moregardh (r.) und Lin Yun-Ju (M.) sind offensichtlich nicht die einzigen Profis, die in mehreren Ligen spielen wollen (©TTC Neu-Ulm)

21.08.2023 - Endlich ist das Schiedsurteil im Fall TTC Neu-Ulm bezüglich der unerlaubten Einsätze von Truls Moregardh und Lin Yun-Ju im Ausland gefallen. Einen klaren Sieger gibt es nicht, findet myTischtennis.de-Redakteurin Janina Schäbitz, die sich in ihrem Blog mit der zugrundeliegenden Frage beschäftigt, ob ein mehrfaches Spielrecht in der TTBL und im Ausland erlaubt sein sollte. Denn inzwischen wurden noch weitere Fälle von Doppel-Einsätzen bekannt.

Erst im November 2022 lag das Thema bei einer Versammlung der TTBL-Vereine auf dem Tisch. Soll es Profis künftig erlaubt sein, neben der TTBL auch noch für Vereine im Ausland zu spielen? Wie im Rahmen der Causa TTC Neu-Ulm mehrfach betont wurde, lehnten die TTBL-Clubs diesen Vorschlag einstimmig ab - darunter auch der bayerische Verein, dessen Spieler Truls Moregardh und Lin Yun-Ju wenige Wochen später in ausländischen Ligen antraten, obwohl sie noch einen gültigen Lizenzvertrag mit der TTBL und eine Spielberechtigung für den BTTV hatten. Das mehrere Monate später gefällte Urteil des Ständigen Schiedsgerichts der Lizenzspieler, bei dem Moregardh und Lin ihren Einspruch gegen die von der TTBL verhängten Sanktionen eingelegt hatten, gibt beiden Seiten zum Teil Recht: Die Geldstrafe in Höhe von 10.000 Euro pro Spieler bleibt bestehen, die Sperre von zehn Spielen in der Saison 2023/24 wird jedoch aufgehoben.

Sorge vor schwindender Identifikation

Auch wenn der behandelte Fall viel komplexer ist, möchte ich ihn gerne auf die erst im November behandelte und eingangs erwähnte Frage herunterbrechen: Sollte es Profispielern erlaubt sein, in der TTBL und gleichzeitig auch in ausländischen Ligen aufzulaufen? In anderen Ländern ist das längst erlaubt. Warum sträubt sich also Deutschland dagegen? Die Diskussion ist nicht neu. Auf der einen Seite besteht die Sorge, dass die Identifikation der Spieler mit dem Verein leidet, wenn sie nicht mehr nur für einen Club spielen, und dass man auf einen größeren Kader setzen muss, wenn die Spieler neben der TTBL und den individuellen internationalen Einsätzen noch weitere Liga-Verpflichtungen haben. Auf der anderen Seite besteht die Chance, attraktive Spieler, die Deutschland wegen der strengen Bestimmung gegebenenfalls meiden, nun auch in die TTBL zu locken.

Dass die Identifikation mit dem Verein schwindet, wenn ein Spieler in der einen Woche in Deutschland, in der zweiten in Schweden und in der dritten in Japan spielt, ist nicht von der Hand zu weisen. Doch wie sehr ist die Identifikation von Profi-Spielern mit ihren Vereinen heutzutage überhaupt noch gegeben? Es gibt noch Athleten wie Kilian Ort oder Benedikt Duda, die nach wie vor für ihren Heimatverein spielen und vom Hausmeister bis zum Cafeteria-Verkäufer womöglich jeden Helfer in der Halle von Kindesbeinen an kennen, und viele Spieler, die zwar nicht mehr in ihren Heimatvereinen unter Vertrag stehen, aber dennoch eine sehr lange Zeit beim selben Club verweilen, wie Timo Boll (seit 2006 bei Borussia Düsseldorf) oder der Franzose Simon Gauzy (seit 2013 bei Ochsenhausen). Nichtsdestotrotz ziehen auch viele Spieler von einem Verein zum nächsten, wie das in einer Profi-Liga nicht ungewöhnlich ist. Wie groß ist deren Identifikation mit ihrem Club? Oder ist es in den Augen der Fans am Ende vielleicht gar nicht so schlimm, wenn die Identifikation nicht so hoch ist, sie dafür aber auch mal andere internationale Hochkaräter in Deutschland sehen?

So kann es nicht bleiben

Doch egal, wie die Argumente der einen und der anderen Seite aussehen, ist für mich klar, dass es so, wie es jetzt ist, nicht bleiben kann. Nach Moregardh und Lin hat auch Omar Assar verbotenerweise im Ausland gespielt. Und wie man inzwischen weiß, war auch Kamal Achanta Anfang 2022 für den Qatar Sports Club im Einsatz, obwohl er zu dem Zeitpunkt eigentlich Spieler von Borussia Düsseldorf war. Da er laut TTBL von seinem Verein aber lediglich als „unbezahlter Amateurspieler“ lizenziert worden sei, der nur einmal eingesetzt wurde und bei dem es keine Anhaltspunkte für einen planmäßig begangenen Regelverstoß oder für einen „gefährlichen Präzedenzfall“ gegeben habe, sei er nicht mit einer Strafe bedacht worden. Auch Benedikt Duda spielte in diesem Jahr im Ausland bei Ultimate Table Tennis, allerdings im Einklang mit seinem Lizenzvertrag, weil sein Engagement zwischen dem TTBL-Finale und dem Saisonstart lag.

Man merkt, die Fälle häufen sich, die Profis wollen auch im Ausland spielen und die Liga muss sich in eine Richtung bewegen: entweder die Regelung verschärfen und die Strafen erhöhen, oder sich gegenüber dem mehrfachen Spielrecht öffnen. Eine Patentlösung gibt es hier sicher nicht, beides hat Vor- und Nachteile, aber ich würde Letzterem den Vorzug geben. In der Hoffnung, dass sich in Zukunft mehr Top-Spieler wie Truls Moregardh oder Lin Yun-Ju nach Deutschland verirren und hier das Publikum begeistern. Denn egal, was man über den TTC Neu-Ulm denkt, muss man ihm eines zugestehen: Sein Star-Aufgebot hat der deutschen Liga noch mal einen ganz anderen Glanz verliehen.

(JS)

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