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Janinas Blog: Grand Smash ist nicht Olympia

Die Aufmachung des Singapore Smashs macht einiges her (©ITTF)

13.03.2023 - Mit dem Grand Smash in Singapur läuft aktuell die zweite Ausgabe des wichtigsten Turniers im WTT-Kosmos. Mit insgesamt zwei Millionen US-Dollar Preisgeld und 2.000 Weltranglistenpunkten für den Sieger - die auch ein Weltmeister und ein Olympiasieger erhalten - lockt das Event die besten Spieler der Welt nach Singapur. Trotz aller Bemühungen sieht Redakteurin Janina Schäbitz aber noch einen weiten Weg, um auch in den Köpfen der Fans die gewünschte Bedeutung zu erlangen.

Seit die ITTF vor drei Jahren zum ersten Mal von ihrer geplanten, neuen Turnierstruktur berichtete, an deren Kopf die so genannten „Grand Smashes“ stehen würden, ist eine Menge über die Events gesagt und geschrieben worden. Und so viele Zweifel es am Anfang auch gab, so kann man beobachten, dass nun, bei der zweiten Ausgabe eines Grand Smashes in der WTT-Geschichte, ein wenig Ruhe eingekehrt ist und man die neuen Speerspitzen der ITTF-Turnierwelt akzeptiert hat. Schließlich sorgen das großzügige Preisgeld von insgesamt zwei Millionen US-Dollar, die 2.000 Weltranglistenpunkte, die der Sieger verdienen kann, und die WTT-Regeln dafür, dass sich tatsächlich die Besten der Besten auch abseits der Olympischen Spiele oder Weltmeisterschaften versammeln und um Titel kämpfen. Aber ist der Grand Smash auch in den Köpfen der Fans den beiden prestigeträchtigsten Wettbewerben im Tischtennis ebenbürtig? Ich denke, an dem Punkt sind wir noch nicht - und wahrscheinlich wird es bis dahin auch noch etwas dauern.

Gute Unterhaltung mit Sport auf höchstem Level

Dabei ist der ITTF erst einmal kein Vorwurf zu machen. Denn abgesehen von ein paar ungeschickten Neuerungen, wie einer automatisierten Auslosung, die zwar modern anmutete, von den Fans aber wegen mangelnder Transparenz und schlechter Präsentation kritisiert wurde, besticht das zweite Singapore Smash der Geschichte bislang durch hohe Professionalität. Neben der schicken schwarz-roten Aufmachung des Center-Courts, den ansprechenden Kameraeinstellungen bei der Übertragung und den nicht abreißenden News auf allen Kanälen hat der Weltverband auch für die Zuschauer vor Ort die Attraktivität noch einmal hochgefahren und bietet nun im Singapore Smash Park und in der Singapore Smash Zone vielseitige weitere Unterhaltung mit Musik, Tanz, Sport und Spielen. Die Stars kommen für Autogrammstunden und Meet-and-Greets vorbei, man kann sogar Tickets für eine After-Party erwerben. Damit stellt sich das Event von der Organisation her auf eine Stufe, wenn nicht sogar auf die nächsthöhere, mit den Weltmeisterschaften. 

Über den sportlichen Wert müssen wir auch nicht sprechen. Das Starterfeld ist wegen der weniger strikten nationalen Begrenzungen besser besetzt als die Olympischen Spiele, die Topspieler sind heiß auf die 2.000 Weltranglistenpunkte und 100.000 US-Dollar Preisgeld, die der Sieger einstreicht. So sind alle Grundvoraussetzungen erfüllt, damit sich die Grand Smashes auch bei den Fans zu absoluten Highlights entwickeln. Wie lange aber dauert es, bis sie auch die eher emotionalen Werte, die ein Weltmeistertitel oder Olympiasieg mit sich bringen, erreicht haben? Hier bin ich skeptischer. Denn anders als die Grand Slams im Tennis, die den Grand Smashes als Vorbild dienen, fehlt den WTT-Events die lange Tradition, die die Tennis-Turniere mit sich bringen. Angedachte Optionen, den Grand Smashes noch mehr Bedeutung zu verleihen - als ITTF-Geschäftsführer Steve Dainton etwa mit dem Gedanken spielte, die Einzel-WM abzuschaffen, oder als die Grand Smashes mehr Weltranglistenpunkte bringen sollten als Weltmeistertitel und Olympiasiege -, kamen daher viel zu früh und wurden wieder in der Schublade verstaut. 

Emotionaler Wert von Olympia unerreicht

Für mich ist auch die aktuelle Lösung, dass ein Titel bei den Grand Smashes genau so viele Weltranglistenpunkte wert sein soll wie Gold bei den Weltmeisterschaften oder den Olympischen Spielen, noch nicht ausbalanciert. Gerade Olympia hat für die Profis einen ungeheuer emotionalen Wert und alleine die Teilnahme ist für viele schon eine Once-in-a-lifetime-Angelegenheit, die schwer auf eine Stufe zu stellen ist mit einem Event, das nicht alle vier Jahre, sondern bis zu viermal im Jahr stattfindet. Doch an irgendeinem Punkt der Geschichte beginnt jede Tradition - und wer weiß, vielleicht haben die Grand Smashes in 20 Jahren auch in den Köpfen der Fans und in den Sportteilen der Zeitungen den Stellenwert, den sich die ITTF erhofft. Die Voraussetzungen dafür hat sie auf jeden Fall geschaffen.

(JS)

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