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Daniels EM-Blog: Turnier-Regularien zu kompliziert?

Im Einzel-Wettbewerb bei der EM 2015 schied Michael Maze in der Qualifikation mit dem besten Satzergebnis seiner Gruppe aus (©Stosik)

16.09.2017 - Sind Tischtennis-Regularien bei internationalen Turnieren manchmal vielleicht etwas zu kompliziert? myTischtennis-Redakteur Daniel Koch geht in seinem Blog heute auf dieses Thema ein, erinnert sich dabei an einen Fall der EM 2015 in Jekaterinburg und vergleicht diesen mit dem aktuellen Geschehen bei den Kontinentalwettkämpfen in Luxemburg.

"Tischtennis hat manchmal die Eigenschaft, ganz schön kompliziert zu sein." Diesen Satz sagte bei der EM vor zwei Jahren Ian Marshall, der Redakteur des Weltverbands ITTF zu mir, und er ist mir bis heute gut in Erinnerung geblieben. Es ging damals darum, ob Michael Maze, der in Jekaterinburg im Einzel-Wettbewerb antrat, die Qualifikation in seiner Gruppe nun überstanden hatte oder nicht. Drei Spieler standen mit zwei gewonnenen und einem verlorenen Gruppenspiel da. Worauf kam es nun an? Nicht auf das Satzergebnis insgesamt, denn da hätte Maze mit 7:4 Sätzen seine beiden Mitstreiter mit ebenfalls zwei Siegen und einer Niederlage, Partyk Zatowka aus Polen und Marco Rech Daldasso aus Italien, ausgestochen. Stattdessen wurden nur die Ergebnisse zwischen diesen drei Spielern berücksichtigt, die Partien gegen den sieglosen Tabellenletzten Aleksandr Karakasevic fielen quasi unter den Tisch. Nach Sätzen ergab sich aber auch kein eindeutiges Ergebnis: Rech Daldadsso hatte Maze mit 3:1 geschlagen, Zatowka Rech Daldasso ebenfalls mit 3:1 und zu guter Letzt Maze Zatowka ebenfalls mit 3:1. Nun mussten also die zwischen diesen drei Spielern gespielten Punkte entscheiden und dabei hatte Maze das Nachsehen und schied aus, obwohl er eigentlich die meisten Sätze in der Gruppe gewonnen hatte. 

Schon sicher Gruppensieger oder doch nicht?
Warum ich diese Geschichte erzähle? Sie ist mir wieder in den Kopf gekommen, als hier in Luxemburg die Gruppenphase der Mannschafts-EM stattgefunden hat. Selbst wir Journalisten, die sich rund um die Uhr mit diesem Turnier und diesem Sport beschäftigen, waren uns manchmal nicht ganz sicher, ob eine Mannschaft wie Deutschland z.B. nach ihrem zweiten Gruppensieg als Gruppensieger sicher im Viertelfinale war oder nicht und welchen Ausgang die restlichen Gruppenspiele hätten nehmen müssten, damit das das Fall wäre oder zumindest der zweite Platz sicher wäre. Aber nicht nur den Journalisten, auch den Spielern selbst schien hier und da nicht immer ganz klar zu sein, wie sich die Tabellensituation gestaltet oder gestalten könnte. Vielleicht, weil sie sich nur auf ihre eigenen Leistungen und Ergebnisse konzentrieren, was völlig legitim ist. Vielleicht aber auch, weil die Regelungen im Tischtennis, so wie sie sind – z.B. mit direktem Vergleich zwischen den Führenden als erstem Faktor – durchaus kompliziert sein können, wie im eingangs genannten absoluten Extremfall von Michael Maze bei einer Einzel-EM deutlich wird. 

Wie als 'gemeiner' Fan oder 'nur' Sportinteressierter da durchblicken?
Ob das so ist, das will ich an dieser Stelle gar nicht mal beurteilen oder bewerten. Was ich jedoch anprangern könnte, ist, dass ich bis heute nichts Eindeutiges in den ETTU-Unterlagen darüber gefunden habe, ob diese Regelung überhaupt greift (lasse mich gerne eines Besseren belehren, falls jemandem eine Passge darüber begegnet ;). Dass die Regelgung wohl greift, lässt sich an manchen Ergebnissen erahnen. Ob aber Deutschlands Damen z.B. am Mittwochabend nach ihrem zweiten Gruppensieg sicher als Gruppensieger und Viertelfinalist feststanden, das wussten nicht viele in der Halle, erst eine Anfrage bei der ITTF selbst brachte mir persönlich Klarheit...

Man kann auch andere Stellen nennen, an denen Turnier-Regularien im Allgemeinen manchmal etwas undurchsichtig oder seltsam erscheinen. Da fällt mir z.B. die World Tour ein, bei der in der Qualifikation oft von der Anzahl der Teilnehmer abhängig ist, ob jemand mit einem Gruppensieg schon für die Hauptrunde qualifiziert ist oder danach noch ein Entscheidungsspiel bestreiten muss. Auch dabei gibt es keine wirkliche Einheitlichlichkeit, die Sieger der Gruppen 1 bis x sind oft direkt qualifiziert, ab Gruppe xy muss manchmal noch ein Entscheidungsspiel bestritten werden. Als Journalist hat man sich inzwischen daran gewöhnt, häufiger mal die Turnierunterlagen durchwühlen zu müssen. Doch was ich mich frage: Wenn selbst wir oder wie bei der EM sogar die Spieler nicht ganz durchblicken, die wir uns alle tagtäglich damit auseinandersetzen – wie soll das ein Tischtennisfan schaffen, der die Gruppenphase bei EM oder World Tour verfolgt und sich 'nur' für diesen Sport interessiert? (Ohne, dass ich dieses Fass schon wieder aufmachen will...)

(DK)

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