Die Sollstärke der TTBL wird zur Saison 2017/2018 auf zwölf Mannschaften angehoben - eine gute Entscheidung, findet Jan Lüke (©Roscher)
12.09.2016 - Nach dem Rückzug des TTC Hagen spielen in dieser Saison nur neun Mannschaften in der TTBL. Im Juli wurde bei der Mitglieder- und Gesellschafterversammlung der Liga (daraufhin) u.a. die Aufstockung der Sollstärke auf zwölf Mannschaften zur Saison 2017/2018 beschlossen, der Schritt ins Oberhaus für Zweitligisten wird vereinfacht, z.B. durch die Reduktion von Lizenzgebühren für Aufsteiger. Dass diese Beschlüsse der richtige Weg sind, erklärt Jan Lüke in seinem Blog.
Wie groß darf sie sein? Wie groß sollte sie sein? Was sind die Vorteile, was die Nachteile? Und: Vor- und Nachteile für wen überhaupt? Die Diskussion um die Aufstockung der Fußball-Bundesliga von 18 auf 20 Mannschaften schwelt unter ausgewiesenen Fachleuten genauso wie unter glühenden Fußballfans bereits seit Jahren, ja gar seit Jahrzehnten. Während in der englischen Premier League, der italienischen Serie A oder spanischen La Liga längst 20 Klubs miteinander wettstreiten, setzt die vierte der großen europäischen Ligen, obendrein die des größten Fußball-Fachverbands der Welt, weiterhin aus guter, alter Tradition auf 18 Vereine. Die Stimmen, die sagen, dass eine solche 18er-Liga nicht mehr zeitgemäß sei, sind allerdings nicht stumm zu kriegen. Die Argumente für eine Aufstockung lassen sich nämlich in eine wenig komplexe mathematische Formel pressen: Viel hilft viel. Mehr Vereine macht mehr Spiele und Spieltage. Und das macht: mehr Einnahmen für alle Beteiligten.
Die Diskussion um die Aufstockung der deutschen Eliteklasse im Tischtennis fiel da verhältnismäßig knapp aus. Im Juli beschloss die Mitglieder- und Gesellschafterversammlung der TTBL Sport GmbH, dass die mittlerweile schon laufende Spielzeit die vorerst letzte mit zehn Mannschaften an Sollstärke sein wird. Aktuell sind es gar nur neun. Mit dem Spieljahr 2017/2018 geht es dann mit zwölf Mannschaften weiter, wenn sich denn drei Mannschaften aus der aktuellen 2. Bundesliga finden, die sich zu den bisherigen neun in der Tischtennis Bundesliga (TTBL) gesellen möchten. Die TTBL stellt die Weichen für die kommenden Jahre – und sie stellt sie, wie ich finde, absolut sinnvoll und richtig.
Reform zielt auf Durchlässigkeit ab
Wenn man unverblümt den Stand der Dinge in der TTBL konstatiert, dann schaut man auf eine Liga, die dieser Tage nicht mehr einwandfrei funktioniert. Die Qualität des sportlichen Wettbewerbs hat vor allem in der Breite über die Jahre und Jahrzehnte leicht abgenommen. Das alleine wäre zu verschmerzen. Die Liga wird allerdings von Seiten der Zuschauer nicht mehr konstant gut angenommen, lässt man von einigen als Höhepunkte angelegten TTBL-Events mal ab. Zudem haben die Vereine mehr und mehr Probleme, das Unterfangen 1. Bundesliga finanziell zu stemmen. Das gilt erst recht für die Aufsteiger – oder die, die es hätten werden dürfen und dann zumeist doch verzichteten. Zu klein die Wahrscheinlichkeit auf sportlichen Erfolg, zu groß das dadurch entstehende finanzielle Wagnis. Das jedenfalls ging in der Vergangenheit kaum mal ein Klub ein. Die Belegschaft der TTBL wurde nur allzu selten aus Liga zwei aufgefrischt.
Genau auf diese Durchlässigkeit zwischen den beiden deutschen Eliteklassen zielt die nun beschlossene Reform vor allem ab – und sie wird, davon bin ich überzeugt, ihr Ziel treffen. Die Neuausrichtung wird Barrieren reduzieren und Zweitliga-Vereine mindestens mittelfristig, wenn nicht gar kurzfristig dazu bewegen, auch den Weg in die TTBL wieder als einen gangbaren zu sehen – und ihn zu nehmen. Daran tun die Verantwortlichen gut. Denn die TTBL sollte nicht als losgelöste Profi-Blase vom sonstigen Ligaspielbetrieb existieren. Gerade nicht in Zeiten, in denen ihr etwa die Akzeptanz der breiten Tischtennisbasis in großen Teilen spürbar fehlt.
Abstiegskampf und Integration von Nachwuchsspielern
Die tatsächlichen Ursachen dafür konkret und treffend zu benennen, ist zweifelsohne ein schwieriges und komplexes Unterfangen, aber sie hängen in Teilen mit dem zusammen, was die Neuausrichtung nun abschaffen soll. Da wäre der seit Jahren eingeschränkte Wettbewerb der Eliteklasse aufgrund eines fehlenden Abstiegskampfes, aber auch das Fehlen der erweiterten deutschen Spitze, vor allem des nationalen Nachwuchses, der für einen erfolgsorientierten Bundesligisten bisher zumeist mehr ein Sicherheitsrisiko, denn eine sportliche Bereicherung darstellte. Beides wird es fortan geben: Bundesligisten, denen ein aufstiegswilliger Zweitligist im Nacken sitzt, genauso wie Bundesligisten, die ihr Team gezielt um nationale Spieler aus der Region aufbauen können oder sich mit ihnen verstärken können. Das Modell des TTC Schwalbe Bergneustadt, der sogar mit drei Akteuren aus seinem erweiterten Einzugsgebiet antritt, könnte Nachahmer finden. Etwa den Zweitliga-Vorjahresmeister TSV Bad Königshofen um Kilian Ort oder den letztjährigen Herbstmeister TV Hipoltstein. Ob die jeweiligen Vereine dazu am Entscheidungstag X letztlich ihr Go! geben werden, lässt sich nicht am Reißbrett planen, aber die Wahrscheinlichkeit eben doch erhöhen. Ein Schritt in die richtige Richtung wäre es allemal.
Auch die Spitzenklubs werden profitieren
Auf Spitzenvereine wie Borussia Düsseldorf und den TTC Fulda-Maberzell kommt dadurch, das ist die Kehrseite der Entscheidung, ein Mehraufwand zu, der für besagtes Bundesliga-Establishment auf den ersten Blick nicht unbedingt einen Vorteil in sich trägt. Sie werden Spiele gegen Gegner bestreiten müssen, die ihnen sportlich noch nicht gewachsen sein dürften. Sie werden ihre Topspieler mitunter schonen müssen, auch weil es für sie wiederum die Frage nach einem lohnenswerten finanziellen Einsatz sein wird. Ob es denn wirklich nötig ist, mit einem Timo Boll oder einem Wang Xi zu einem Pflichtsieg in der Ferne aufzubrechen? Letztendlich aber werden auch sie von der Entscheidung der TTBL profitieren. Nämlich dann, wenn ihre Liga nach und nach wieder an Akzeptanz und Zuspruch gewinnt. Gefragt ist ein Solidaritätsgedanke, der freilich nicht überstrapaziert werden darf.
Noch unberührt ließ die Reformfreude der TTBL übrigens die vielleicht am häufigsten aufgekommene Kritik der Vorjahre: die nicht einheitlichen Spielsysteme der Bundesligen, aber auch der Bundes- und Amateurligen. Die TTBL wird auch weiterhin als einzige deutsche Spielklasse mit Dreiermannschaften spielen. Daran wird sich auch 2017 nichts ändern. Ein letztes Ass hätte die TTBL also noch im Ärmel. Wenn sie es denn als ein solches sieht.
(Jan Lüke)
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