23.05.2025 - Kein deutscher Einzelstarter im WM-Viertelfinale: Das hat es aus DTTB-Sicht seit sechs Jahren nicht mehr gegeben. Erstmals seit 2015 und der WM in China ging es aus Doha ohne Medaille zurück nach Deutschland. Nach dem Achtelfinal-Aus von Patrick Franziska im Einzel und dem verlorenen Damen-Doppel-Viertelfinale von Sabine Winter und Yuan Wan haben die Bundestrainer Jörg Roßkopf und Tamara Boros sowie Sportdirektor Richard Prause ein Resümee gezogen. Auch myTT-Redakteur Fabian Kleintges-Topoll analysierte das deutsche Abschneiden.
Jörg Roßkopf (Herren-Bundestrainer): „Wir mussten einige bittere Niederlagen gegen starke Spieler, die gut drauf waren, einstecken - ob Ric gegen Rassenfosse, Franz gegen Lin, Dang gegen Jarvis oder Benne gegen Aruna. Dima war leider verletzt. Natürlich haben wir die Setzungen nicht erfüllt. Aber bei einer Weltmeisterschaft machen die auch keinen großen Unterschied. Wir haben es verpasst, das eine oder andere Spiel zuzumachen. Aber das ist im Sport so. Von außen ist es immer sehr einfach zu sehen: Sieg oder Niederlage. Daran müssen sich die Spieler messen lassen – und auch ich.“
Richard Prause (Sportdirektor DTTB): „Drei Spieler waren unter den besten 16 gesetzt. Daran orientieren wir uns. Am Ende hat es mit Patrick Franziska nur einer ins Achtelfinale geschafft. Wir können nicht sagen, dass wir zufrieden sind und sind in manchen Phasen ein Stück weit unter Wert geschlagen worden. Es war eine WM der verpassten Chancen. Patrick hatte seine Chancen, das Spiel für uns zu gestalten. Es war spielerisch gut, aber Ende ist Tischtennis ein Ergebnissport. Wir haben den letzten Punkt nicht gemacht und das tut schon ein bisschen weh. Dang hat gegen einen sehr gut spielenden Jarvis verloren. Da hätten wir alle mehr erwartet, gar keine Frage. Unterm Strich waren es gute Leistungen - ohne, dass wir uns dafür belohnt haben.
Ich bin trotzdem weit davon entfernt, unsere Herren schlechtzureden. Unter den letzten 16 ist alles eng beieinander. Es geht darum, diese fehlenden zwei Prozent zu finden, um in Zukunft mehr als einen Achtelfinalisten zu haben und uns wieder nach vorne zu orientieren. Wir haben vier Spieler unter den Top 20. So war die Setzung und da gehören wir auch hin. Es gehört aber auch dazu, das bei einer WM zu zeigen und das haben wir nicht in allen Bereichen gemacht.“
Tamara Boros (Damen-Bundestrainerin): „Ich bin sehr zufrieden. Die Mädels haben gut gespielt und sich toll präsentiert. Im Einzel haben wir gegen zweimal Japan und zweimal China verloren. Sie sind einfach besser, bis jetzt. Ich hoffe, dass wir das in Zukunft ändern und noch besser spielen können. Annett und Ying haben unglaubliche Spiele gemacht. Im Doppel haben Sabine und Yuan bei ihrem erst vierten gemeinsamen Turnier das Viertelfinale erreicht. Auch Nana und Annett waren unter den letzten 16. Ich bin stolz auf die Mädels. Wir haben ein gutes Turnier gespielt.“
Richard Prause (Sportdirektor DTTB): „Das Viertelfinale im Doppel war ein sehr gutes Ergebnis. Auch wenn es am Ende knapp nicht zur Medaille gereicht hat – die Chancen waren da. Der Sieg von Sabine und Yuan gegen die an Position drei gesetzten Chinesinnen war so vorher sicher nicht zu erwarten und spiegelt die Gesamtbilanz der Damen ganz gut wider. Ying ist gut zurückgekommen, Yuan gewinnt in der ersten Runde gegen Fu Yu, auch Annett hat sehr gut gespielt. Shan muss das Spiel gegen die Türkin bei 3:1 und 9:5 gewinnen. Insgesamt können wir mit den Auftritten und den Ergebnissen bei den Damen zufrieden sein. Die Doppel-Medaille wäre die Krönung gewesen. Das ist aller Ehren wert und hat gezeigt, dass wir hier absolut mitspielen können. Die Weltspitze liegt eng beieinander.“
Fabian Kleintges-Topoll (myTT-Redakteur): Schade, für meine erste WM als Sportjournalist hätte ich mir schon eine Medaille für Deutschland gewünscht. Dass es in den vier Turnieren von 2017 bis 2023 für den DTTB immer aufs Treppchen ging und es nun ausgerechnet bei meiner Premiere nicht zu einem Podestplatz reichte, hat seine Gründe und ist mehr als nur auf verpasste Chancen in Katar zurückzuführen. Natürlich rückt die Weltspitze immer enger zusammen und Deutschland ist im Vergleich zu Schweden und Frankreich nicht mehr das Maß aller Dinge in Europa. Trotzdem darf gerade in der Post-Boll-Ära mit Blick auf die erste Weltmeisterschaft ohne den Rekord-Europameister auch nicht erwartet werden, dass Franziska und Co. hier alle in Grund und Boden spielen und zwingend Edelmetall mit nach Hause nehmen müssen. Die hohe Erwartungshaltung ist auch Thema bei den Profis, das hörte man in den Interviews heraus.
Man darf es nicht zu negativ sehen und muss die Spieler ein Stück weit in Schutz nehmen. Am Ende entscheiden auf diesem Niveau Nuancen – hoffentlich sicher auch bald wieder für Deutschland. Truls Moregardh beweist zum Beispiel regelmäßig, dass er bei den wichtigsten Events immer zur Stelle ist! Die Leistung von Annett Kaufmann gegen die Nummer drei der Welt macht Hoffnung, sie ist für mich einer der Lichtblicke des Turniers und die größte Hoffnung für die nächsten! Da darf man sich auch mal so selbstbewusst äußern, wie es die 18-Jährige getan hat. Bei den Herren steht zumindest mit Andre Bertelsmeier ein ambitionierter Nachwuchsspieler in den Startlöchern, der irgendwann auf die Herren-Routiniers folgen könnte.
Ich würde mir vor allem wünschen, dass der DTTB noch mehr Wert auf die Doppel- und Mixed-Wettbewerbe legt. Dies gestaltet sich bekanntlich schwierig, wie es schon in der EM-Bilanz nach Linz und der Olympia-Bilanz nach Paris deutlich angesprochen wurde. Dang Qiu und Benedikt Duda oder nun auch Sabine Winter und Yuan Wan haben sicherlich noch mehr Potenzial! Hoffen wir das Beste für die nächsten Weltmeisterschaften."
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(FKT)
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