WM 2023

Gauzy: Nach Burn-out wieder Spaß am Spiel

Simon Gauzy freute sich mit Prithika Pavade über seinen Einzug ins Viertelfinale (©ITTF)

24.05.2023 - Simon Gauzy ist seit zehn Jahren eine Institution bei den TTF Liebherr Ochsenhausen. Was viele nicht wissen - und was erst zu Beginn der WM in Durban publik wurde -, ist, dass der Franzose seit eineinhalb Jahren mit einem Burn-out zu kämpfen hat. Nachdem er die WM in Chengdu voriges Jahr ausgelassen hatte, ist er in Durban wieder am Start und hat vor allem ein Ziel: wieder Spaß am Spiel zu haben. Es könnte für ihn aber auch eine Medaille dabei herausspringen.

Für Simon Gauzy war der vierte Turniertag bei der Individual-WM in Durban ein Wechselbad der Gefühle. Gegen den Underdog Mihai Bobocica aus Italien lieferte er sich in der Morgensession ein hartes Match, lag 3:1 vorne und verlor doch noch im siebten Satz. Und abends dann das komplette Gegenteil: Im Mixed-Achtelfinale waren es er und seine Partnerin Prithika Pavade, die mit 1:2 gegen das deutsche Duo Dang Qiu/Nina Mittelham zurücklagen - und am Ende als strahlende Sieger die Box verließen. Der Einzug ins Mixed-Viertelfinale machte die Niederlage gegen Bobocica zwar nicht vergessen, aber er milderte die Enttäuschung etwas. „Um ehrlich zu sein, hatte ich in meinem Einzel heute Morgen großen Spaß, zu spielen, deshalb bin ich so enttäuscht, verloren zu haben“, sagt Gauzy am Ende des langen Tages. „Ich denke, ich habe gut gespielt, daher ist es schade, dass es nicht geklappt hat. Aber wenigstens hatte ich Spaß.“

„Schwer, es mir selbst einzugestehen“

Spaß am Spiel ist das große Ziel, das sich der Franzose für die Weltmeisterschaft in Durban gesetzt hat. Denn der ist ihm in den vergangenen eineinhalb Jahren verloren gegangen. Wie in der französischen Sportzeitung L’Equipe zu Beginn der WM zu lesen war, leidet der 28-Jährige seit eineinhalb Jahren an einem Burn-out. Dies jetzt, zu seiner Rückkehr auf die WM-Bühne publik zu machen, war eigentlich nicht sein Plan. Aber als er von der Zeitung danach gefragt wurde, entschied er sich, über seine Probleme zu sprechen. „Es ist sehr hart für mich, darüber zu reden, um ehrlich zu sein“, sagt Gauzy in der Mixed-Zone von Durban. „Es war sehr schwer, es mir selbst einzugestehen.“ Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio war noch alles in Ordnung. Gauzy erreichte das Achtelfinale im Einzel und das Viertelfinale mit der Mannschaft, brachte Fan Zhendong an den Rand einer Niederlage. Doch die Erfolgswelle ebbte ab, Gauzy fühlte sich oft müde und krank und schlechte Ergebnisse häuften sich. 

Die EM in München, wo er direkt in der ersten Einzelrunde ausschied und auch in den Doppelwettbewerben keine Medaille gewann, war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Team-WM in Chengdu, die nur einen Monat später begann, ließ er aus und beobachtete aus der Ferne, wie neue Leistungsträger ihre ersten großen Erfolge einfuhren. Die französische Mannschaft erreichte das Viertelfinale, wo sie an den Deutschen scheiterte, die sie in der Gruppenphase noch besiegt hatte. Zwei Pfeiler dieses Erfolgs waren die kometenhaft aufgestiegenen Lebrun-Brüder, deren rasante Entwicklung auch Gauzy überraschte. Der Druck in der französischen Mannschaft ist durch sie gestiegen. Konnte sich Gauzy vor eineinhalb Jahren noch sicher sein, bei den Olympischen Spielen 2024 in seiner Heimat einen Platz in der Mannschaft und sogar im Einzel zu bekommen, hat sich der Konkurrenzkampf nun verschärft. Eine Konstellation, die nicht gerade förderlich ist, wenn man gerade mit einem Burn-out zu kämpfen hat. Seinen vertraglichen Pflichten bei den TTF Liebherr Ochsenhausen kam er weiterhin nach, ging gegenüber seinen Arbeitgebern aber offen mit seinen Problemen um. „Sie haben mich sehr unterstützt“, erzählt Gauzy, der seit zehn Jahren für die Tischtennisfreunde spielt, „und haben mir ermöglicht, auch mal frei zu haben.“

Zum Spaß kommt Erfolg

Nun ist der Vize-Europameister von 2016 wieder bei der WM am Start, hat sich Hilfe bei einem Sportpsychologen gesucht und geht mit einer neuen Einstellung ins Spiel. „Das Einzige, was für mich gerade zählt, ist, wieder Spaß am Spiel zu haben, weil ich das seit eineinhalb Jahren nicht mehr habe“, erzählt der Franzose. „In der Zeit war es mehr ein Kampf gegen mich selbst als gegen meinen Gegner. Mein Spiel war nicht mehr schön anzuschauen und normalerweise ist das Gegenteil der Fall: Viele Leute mögen es, mir beim Spielen zuzuschauen. Das war eineinhalb Jahre nicht so.“ In Durban machte es wieder Spaß - sowohl den Zuschauern, als auch Gauzy selbst, obwohl das Rennen im Einzel schon wieder vorbei ist. Im Mixed-Doppel greift er nun nach etwas, das er in seiner Karriere noch nie hatte: eine WM-Medaille. Dafür müssen er und Prithika Pavade mit den aufstrebenden Chinesen Kuai Man und Lin Shidong eine harte Nuss knacken. Dann wäre nicht nur der Spaß wieder da, sondern auch der Erfolg.

(JS)

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