Zu früh gefreut: David Serdaroglu feiert schon, doch der Schiedsrichter hat seine Meinung geändert (©TT11TV)
07.06.2019 - Eigentlich war der 26. Mai für die Tischtennisstadt Linz ein Feiertag auf ganzer Linie. Schließlich hatten im Bundesligafinale die Damen von Linz AG Froschberg ihren 20. Meistertitel feiern dürfen und die Herren der SPG Linz ihren ersten. Überschattet wurde der doppelte Triumph allerdings von der Disqualifikation des Stockerauers David Serdaroglu, die zum Linzer Sieg führte. Am Dienstag wurde Stockeraus Protest wegen eines Formfehlers abgelehnt und Linz’ Titelgewinn bestätigt.
Die Bundesligasaison in Österreich endete in diesem Jahr nicht mit einer ausgelassenen Siegesfeier und knallenden Sektkorken, sondern mit großer Verärgerung und zwei Mannschaften, die ohne Pokal nach Hause fuhren. Die SPG Linz wurde zwar vom Schiedsgericht zum österreichischen Meister erklärt, da Gegner Stockerau aber wegen der umstrittenen Endphase des letzten Einzels Protest einlegte, mussten die Siegesfeierlichkeiten noch einmal verschoben werden. Am Dienstag tagte die Bundesligakommission dann über fünf Stunden lang, sah sich das vorhandene Videomaterial an, ließ die Beteiligten zu Wort kommen und entschied schließlich: Der Protest der SG Stockerau wird abgewiesen, Linz ist österreichischer Meister. Stockerau kann gegen diese Entscheidung nun noch in die letzte Instanz, das Berufungsgericht des Österreichischen Tischtennisverbands, gehen.
Große Aufschlagdiskussionen im letzten Einzel
Doch was war überhaupt der Stein des Anstoßes? Linz und Stockerau hatten sich im Finalturnier der österreichischen Bundesliga bis ins Endspiel vorgekämpft. Da Stockerau die Ligaphase vor Linz abgeschlossen hatte, reichten der SG nach den Ligaregeln drei Siegpunkte zum Titelgewinn, Linz benötigte die normal vorgesehenen vier Punkte. Als sich der Stockerauer David Serdaroglu und Uros Slatinsek beim Stand von 3:2 für Linz im sechsten Spiel gegenübertraten, war also klar: Wer dieses Duell gewinnt, wird österreichischer Meister. In dieser sehr emotional geführten Partie war das Thema Aufschläge auf beiden Seiten von Beginn an präsent und das Spiel wurde wegen Diskussionen mehrfach unterbrochen. Schließlich schaltete sich auch der Oberschiedsrichter ein und gab von außerhalb der Box wiederholt Hinweise zur Richtigkeit der Aufschläge, was eigentlich nicht zu seinen Aufgaben gehört.
Im fünften Satz sah Serdaroglu beim Stand von 7:9, als er den Schläger aus Ärger über einen abgezählten Aufschlag auf den Tisch geworfen und dem Schiedsrichter am Tisch bereits die Hand geschüttelt hatte, die gelbe Karte. Das Spiel ging dennoch weiter, Serdaroglu machte die nächsten drei Punkte und hatte bei seinem erkämpften Matchball selbst Aufschlag. Nach seinem Ass zeigte der Schiedsrichter am Tisch durch Heben der rechten Faust einen Punkt für Serdaroglu an, der daraufhin unter lautem Jubel auf den Tisch sprang und sein Trikot zerriss. Der Oberschiedsrichter hatte allerdings signalisiert, dass der Aufschlag falsch gewesen sei. Noch während Serdaroglu mit nacktem Oberkörper auf dem Tisch stand, revidierte der Schiedsrichter am Tisch seine Entscheidung und gab den Punkt dem Linzer, so dass es 10:10 statt 11:9 stand. Die Emotionen kochten nach dieser Umentscheidung über und Serdaroglu wurde die gelb-rote Karte gezeigt. Wenig später zückte dann auch noch der Oberschiedsrichter die rote Karte wegen Schiedsrichterbeleidigung und entschied so das Spiel. Slatinsek hatte damit nicht nur die Partie gegen Serdaroglu gewonnen, sondern Linz auch den entscheidenden Siegpunkt zur Meisterschaft geholt.
Protest zu spät eingelegt
Stockerau legte Protest ein und fühlte sich im Recht. „Alles andere, als uns den Titel zuzusprechen, wäre ein Skandal“, sagte etwa Mannschaftsführer Tarek Al-Samhoury der Kronenzeitung. „Die Referees haben auf Ass entschieden, erst der Oberschiedsrichter auf verdecktes Service - das darf er nicht.“ Linz-Manager Robert Renner war sich dagegen sicher, dass die Regeln die Linzer Sicht der Dinge stützten: „Wir sind der verdiente Meister. Der Pokal ist mir egal, da kaufe ich mir morgen einfach einen.“ Dies war jedoch nicht nötig. Die Bundesliga-Kommission wies den Protest am Dienstag ab und krönte Linz am grünen Tisch endgültig zum Meister. Allerdings nicht, weil der Protest unberechtigt war, sondern weil er zu spät eingelegt wurde. Wie der Bundesliga-Vorsitzende Frank Mair auf Nachfrage berichtet, stimmte auch der Ausschuss darüber überein, dass der Oberschiedsrichter in dieser Weise nicht ins Spiel hätte eingreifen dürfen. Dagegen hätte Stockerau allerdings direkt Protest einlegen müssen. Tatsächlich sei dies erst wesentlich später erfolgt, was nicht den Statuten entspreche. Man sollte allerdings davon ausgehen dürfen, dass die Mannschaftsführer die Regeln kennen und diese trotz hochgekochter Emotionen anwenden können.
Noch vor der Entscheidung am grünen Tisch hatte die Bundesliga den Vorschlag ins Spiel gebracht, das letzte Einzel zu wiederholen und den Meister auf diese Weise zu ermitteln. Dies wurde allerdings von beiden Mannschaften abgelehnt. Somit bleibt Stockerau nun nach der Zustellung des Urteils mit rechtlicher Detailbegründung noch die Option, in Berufung zu gehen. Für den Bundesliga-Vorsitzenden Mair ist dies ein unschönes Ende einer aus seiner Sicht sportlich hervorragenden Saison. Werbung für den Sport ist die Angelegenheit fürwahr sicherlich nicht...
Die entscheidende Szene im Video:
(JS)
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