30.07.2025 - Fan Zhendong hat die internationale Tischtennisgemeinde in den vergangenen Monaten mehrfach überrascht: Erst erklärte er Ende 2024 seinen Rückzug aus der Weltrangliste, dann wechselte er zur kommenden Saison zum 1. FC Saarbrücken-TT. In einem Interview mit dem chinesischen Fernsehnetzwerk Phoenix TV spricht der Olympiasieger nun sehr offen über die Hintergründe seiner Entscheidungen und über die Ängste, die das Verhalten mancher Fans in ihm auslöste.
Olympiasieger Fan Zhendong hat sich in einem Fernsehinterview mit Phoenix TV sehr offen über die Hintergründe seines Rückzugs aus dem internationalen Wettkampfgeschehen geäußert. In einem 26-minütigen Gespräch, welches während der zweiten Stufe der Super-League-Saison im chinesischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, legt der baldige Spieler des 1. FC Saarbrücken-TT dar, dass vor allem ein immer aggressiver werdendes Verhalten verschiedener Fangruppen ihm förmlich Angst bereitet habe. Neben der Verletzung seiner Privatsphäre nennt er zum Beispiel systematisch im Internet verbreitete falsche Behauptungen über ihn. Den Tiefpunkt stellte ein Vorfall aus dem Jahr 2023 dar, als sich eine Person in seiner Abwesenheit mit einer Schlüsselkarte Zutritt zu seinem Hotelzimmer verschafft hatte. „Ich habe mir nie vorstellen können, dass ich mich als Sportler mit so etwas auseinandersetzen muss“, erläutert er im Interview. „Seitdem habe ich eine instinktive Angst vor überfüllten Orten entwickelt. Selbst in Hotels, während Turnieren, mache ich mir Sorgen, dass jemand in mein Zimmer kommt.“ Aus diesem Grund habe er sich während Events häufig isoliert.
Harte Zeit vor Paris
Der Chinese beschreibt den Zwiespalt, in den er dadurch geriet: Auf der einen Seite musste er gerade vor den Olympischen Spielen in Paris an vielen Turnieren teilnehmen, um seine Position in der Weltrangliste zu behaupten. Auf der anderen Seite führte dies zur Konfrontation mit den Fans, die er eigentlich vermeiden wollte. Diese Situation wirkte sich auch auf seine sportlichen Leistungen aus. Zwischen Juli 2023 und Juni 2024 nahm er zwar an einigen großen internationalen Turnieren teil. Ein Einzeltitel sprang dabei aber nicht für ihn heraus. „Es gab viele ungewöhnliche Niederlagen. Ich mochte mit 2:0 führen, verlor aber plötzlich die Kontrolle“, beschreibt Fan diese Zeit. „Das Geräusch einer auslösenden Kamera konnte mich schon aus der Fassung bringen. Ich hatte das Gefühl, dass ich einfach nicht dort sein wollte. Ich wollte nur an einen sicheren Ort fliehen, konnte aber nicht.“
Erst beim letzten wichtigen Event vor den Olympischen Spielen, dem WTT Champions in Chongqing, platzte der Knoten. Wenige Wochen später vollendete er den Grand Slam und wurde erstmals Olympiasieger im Einzel. Dies sollte sein vorerst letztes internationales Turnier gewesen sein. Nach Paris nahm er sich eine lange Auszeit, die die Spekulationen im Internet wiederum anheizten. Im Dezember 2024 erklärte Fan schließlich, dass er sich aus der Weltrangliste zurückziehe. Umso überraschender erschien sein Engagement beim 1. FC Saarbrücken-TT, das im Juni bekannt wurde. Dabei habe es sich aber nicht um einen plötzlichen Einfall, sondern um einen schon länger gehegten Plan gehandelt, wie Fan im Interview offenbart. Schon nach den Olympischen Spielen 2024 habe er den Wunsch geäußert, in einer europäischen Liga spielen zu wollen, und den Rückhalt der Verbandsverantwortlichen erhalten. Da das Meldefenster jedoch schon geschlossen war, verschob er die Umsetzung seiner Idee auf die Saison 2025/26.
„Könnte dem Druck nicht standhalten“
Auf die Frage der interviewenden Journalistin, ob er künftig noch einmal für die chinesische Nationalmannschaft spielen werde, gab er keine klare Antwort. Dies wolle er mit den Verantwortlichen und Trainern in der Zukunft besprechen. Er machte jedoch klar: „Zum jetzigen Zeitpunkt fühle ich mich nicht stark genug. Ich könnte dem Druck von allen Seiten nicht standhalten.“
(JS)
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