10.07.2025 - Der TTC 1946 Weinheim hat den ersten deutschen Meistertitel der Vereinsgeschichte gewonnen. Im Interview erzählt Christian Säger, Manager und Vorstandsvorsitzender des Vereins, wie sich die Mannschaft von der untersten Liga im Jahr 2011 bis zum Titel hochgekämpft hat und inwiefern der Protest durch den ttc berlin eastside die Freude am erreichten Ziel geschmälert hat. Tatsächlich hatte der Eklat womöglich sogar noch sein Gutes, wie Säger verrät.
myTischtennis.de: Herzlichen Glückwunsch zum ersten deutschen Meistertitel der Vereinsgeschichte für den TTC Weinheim. Was bedeutet er Ihnen persönlich, nachdem Sie über so viele Jahre Ihr Herzblut in das Weinheimer Damen-Tischtennis gesteckt haben?
Christian Säger: Für mich persönlich bedeutet das sehr viel, weil ich weiß, was dahintersteckt. 2009 hatten wir noch keine einzige weibliche Spielerin in der Halle, 2011 haben wir um meine Tochter, deren Talent der damalige Trainer erkannt hatte, eine Mannschaft aufgebaut und mussten in der untersten Klasse einsteigen. Das waren harte Zeiten. Von 2011 bis 2017 sind wir Jahr um Jahr nur aufgestiegen und haben uns bis in die zweite Liga gekämpft. Da waren wir dann ein paar Jahre, bis die Infrastruktur und das Finanzielle so mitgewachsen sind, dass wir den Sprung nach ganz oben gewagt haben. Jetzt sind wir vier Jahre in der ersten Liga, im dritten Anlauf deutscher Meister. Das ist schon herausragend. Und ich sehe da nicht nur die erste Damen-Mannschaft, die natürlich das Aushängeschild ist, sondern wir haben auch noch eine zweite Damen-Mannschaft in der 3. Bundesliga und eine dritte in der Regionalliga - das ist eine tolle Entwicklung.
myTischtennis.de: Sie sind Manager und 1. Vorstandsvorsitzender im Verein und machen das alles ehrenamtlich. Wie viel Arbeit bedeutet dieses Ehrenamt?
Christian Säger: Es ist schon viel Arbeit. Wir sind ja ein kleiner Verein mit 160 Mitgliedern, der nur von Ehrenamtlern geführt wird. Und eine Bundesliga-Mannschaft zu haben, beschränkt sich ja nicht nur auf die Spiele. Das bedeutet auch eine Menge Organisation drumherum. Wann ist die Spielerin da, wo übernachtet sie, wie lange ist sie hier? Zum Glück haben wir da einige Helfer, die die Spieltage mitorganisieren, aber ich verstehe auch Vereine, die sagen, man braucht eigentlich eine hauptamtliche Kraft, um das Ganze zu managen. Bei einem Fernsehauftritt wurde ich vor ein paar Tagen gefragt, ob ich mein Amt jetzt niederlege, da mit dem Titel der Höhepunkt erreicht ist und man ja eigentlich aufhören soll, wenn es am schönsten ist. Das stimmt schon, das hat meine Frau auch gesagt, aber jetzt machen wir mal noch weiter.
myTischtennis.de: Der erste Titelgewinn wurde überschattet vom Protest der Berliner Führungsriege wegen zu hoher Temperaturen in der Halle. Wie bewerten Sie diese bislang noch nie dagewesene Situation mit etwas Abstand?
Christian Säger: Ich möchte da eigentlich keine Worte drauf verlieren, da muss sich jeder seine eigenen Gedanken zu machen. Aber ich frage mich schon, ob das der richtige Weg ist, wenn man die Damen-Bundesliga nach vorne bringen will - zumal ich zwei Wochen vor dem Finale noch von Berliner Seite angeschrieben worden bin, dass die Liga professioneller werden soll.
myTischtennis.de: Hat es Ihre Meisterfeier ein wenig getrübt, dass Sie kein richtiges Rückspiel hatten und die Frage im Raum stand, ob das Spiel wiederholt werden muss?
Christian Säger: In den Regeln des Deutschen Tischtennis-Bunds gibt es keine Festlegung zur Maximaltemperatur - das wussten wir. Aber natürlich hätten wir das Spiel lieber vor den 415 Zuschauern, was ein Saisonrekord war, zu Ende gespielt. Wir waren nach der Vor- und Rückrunde Erster, wir haben das Final-Hinspiel in Berlin gewonnen und lagen im Rückspiel mit 2:0 vorne. Wir sind der verdiente Meister.
myTischtennis.de: Der Berliner Protest ist vorige Woche abgelehnt worden. Denken Sie, dass das Thema damit vom Tisch ist, oder rechnen Sie mit einem Einspruch durch Berlin?
Christian Säger: Das kann ich nicht sagen. Aber eine zu hohe Temperatur in der Halle ist kein Einspruchsgrund. Vor zwei Jahren hat Berlin das Finale übrigens bei denselben Temperaturen in unserer Halle gewonnen. Da haben wir mit Würde verloren, waren froh über die Vize-Meisterschaft und haben Berlin zum Titelgewinn gratuliert. Jetzt war es umgekehrt.
myTischtennis.de: Finden Sie denn, dass die Regeln bezüglich der maximalen Temperatur angepasst werden sollten?
Christian Säger: Man kann natürlich alles anpassen. Aber letztlich sind wir ja nur sieben Mannschaften in der Liga und waren Ende März mit der Saison fertig. Dass man dann erst im Juni die Play-offs spielt und fast drei Monate kein Spiel hat, da muss man sich fragen, ob das der Sinn der Sache ist. Aber der Spielleiter hat es schwer, WTT gibt die Turniere vor, dazwischen Termine zu finden, die für alle passen, ist nicht einfach. Und die Vereine sind das letzte Glied in der Kette.
myTischtennis.de: Wie ist der Meistertitel in der Stadt Weinheim angekommen? Schließlich sind Sie der erste Deutsche Mannschaftsmeister, den die Stadt hervorgebracht hat.
Christian Säger: Am Montag nach dem Spiel war es leider nicht mehr möglich, weil die Spielerinnen schon wieder in aller Herren Länder unterwegs waren, aber wir dürfen nun vor der neuen Saison auf den Rathausbalkon kommen und uns ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Wir sind hier gerade in aller Munde und durch den Protest sind auch einige Firmen auf uns aufmerksam geworden, mit denen ich nun Gespräche führe. Von daher bringt uns die ganze Geschichte, im Nachhinein betrachtet, vielleicht sogar ein Stück weiter.
myTischtennis.de: Mit welchem neuen Ziel soll es denn nun bei Ihnen weitergehen? Der große Traum Meisterschaft ist ja nun erst einmal erreicht.
Christian Säger: Da in der neuen Saison nicht mehr die ersten sechs, sondern nur noch die ersten vier Mannschaften die Play-offs spielen, ist unser Ziel ganz klar, in die Play-offs zu kommen. Das klingt vielleicht blöd, aber Kolbermoor hat aufgerüstet, Berlin ist mit seiner normalen Mannschaft sehr stark und wir haben mit Ece Harac, die in der Türkei ihr Studium beenden wird, leider eine gute Spielerin verloren. Dafür haben wir mit Elisa Nguyen ein Talent aus Baden-Württemberg gewonnen, die wir in die Mannschaft einbauen wollen. Außerdem kommt die Ukrainerin Solomiya Brateyko neu dazu, die früher schon mal in Kolbermoor gespielt hat und jetzt länger im Ausland war.
myTischtennis.de: Und die Champions League ist kein Thema?
Christian Säger: In der nächsten Saison nicht. Das hängt zum einen mit dem Geld zusammen, aber hauptsächlich mit der Halle und dem roten Boden. Wir werden zwar in der nächsten Saison in einer anderen Halle spielen, aber auch da ist kein roter Boden drin. Das muss mitwachsen - so wie damals beim Aufstieg von der zweiten in die erste Liga.
myTischtennis.de: Sie haben eben schon angesprochen, dass es in der nächsten Saison eine Neuerung bezüglich der für die Play-offs qualifizierten Teams geben wird. Sehen Sie noch andere Dinge, die sich mal ändern sollten, um die Damen-Bundesliga attraktiver zu machen?
Christian Säger: Es müssen irgendwann wieder zehn Mannschaften in der Liga spielen. In diesem Jahr haben wir noch krampfhaft versucht, eine achte Mannschaft zu finden, aber der Weg zwischen der zweiten und der ersten Liga ist weit, wenn man nicht als Kanonenfutter enden will. Das wissen wir selbst gut. Viele Vereine würden es machen, aber es hängt dann am Geld. Das ist sehr schade, denn sieben Mannschaften sind einfach zu wenig. Worüber sich auch alle Bundesligisten einig sind, ist, dass die Beachtung beim DTTB für die Damen-Bundesliga gesteigert werden muss. Damen-Fußball ist zum Beispiel in den letzten zehn Jahren wesentlich mehr in den Blickwinkel aller Leute gerückt. Im Tischtennis liegen die Damen, was die Aufmerksamkeit betrifft, immer noch weit hinter den Herren zurück.
(JS)
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