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Hans Wilhelm Gäb im Alter von 89 Jahren verstorben

Hans Wilhelm Gäb ist im Alter von 89 Jahren verstorben (©Fabig)

18.04.2025 - Er war ein Mensch mit Haltung, war Nationalspieler, Modernisierer und moralische Instanz, begnügte sich aber nie mit dem Ruhm von einst. Hans Wilhelm Gäb verlieh Tischtennis in Deutschland Strahlkraft, prägte das Selbstverständnis des deutschen Sports, kämpfte für die Organspende und führte den Automobil-Konzern Opel durch bewegte Zeiten. Bei all seinem Tun kämpfte er für Fairness und Verantwortung. Nun ist er im Alter von 89 Jahren verstorben. Ein Nachruf.

Am 13. April versagte sein Herz seinen Dienst. Zwei Wochen nach seinem 89. Geburtstag hörte es auf zu schlagen. Bis es die letzte Kraft verließ, war es ein Kämpferherz gewesen. Eines, das ihn als Kind der Nachkriegszeit durch Abitur und Studium trug – und ihn eine einzigartige Karriere im Sport, im Journalismus und in der Wirtschaft vollenden ließ. Hans Wilhelm Gäb war eine der profiliertesten Persönlichkeiten des deutschen Sports.

Im Alter von 13 Jahren entdeckte der gebürtige Düsseldorfer den Tischtennissport für sich. Er wurde mehrfacher deutscher Meister und Nationalspieler – ein Einzelkämpfer und Teamplayer zugleich. Früh beschloss er mit seinem Freund Eberhard Schöler, nicht länger nur über Funktionäre zu schimpfen, sondern selbst Verantwortung zu übernehmen. Gäb engagierte sich zunächst als Sportwart im Tischtennis-Landesverband von Nordrhein-Westfalen, 1979 stellte er als Reformkraft die Führung des DTTB infrage – und neu auf. An der Seite Schölers im Präsidium legte er als Präsident (1981 – 1994) die Grundlagen für eine Professionalisierung des Tischtennissports in Deutschland, die Spieler wie Jörg Roßkopf und Timo Boll erst möglich machte. Seit 1994 stand der "absolute Glücksfall für den deutschen Tischtennissport“ (Zitat Eberhard Schöler, WM-Zweiter 1969) dem DTTB als Ehrenpräsident und Meister der Diplomatie mit Rat und Tat zur Seite.

Gäbs Motto, „Lerne anständig zu verlieren und in Bescheidenheit zu gewinnen“, prägte auch die Spielergenerationen um Roßkopf und Boll. Gäb modernisierte nicht nur Strukturen, sondern auch das Erscheinungsbild des Sports: Bei der Heim-WM 1989 in Dortmund führte er erstmals einen roten Spielboden ein, setzte auf ein gemeinsam mit TV-Experten entwickeltes professionelles Turnierdesign – und wurde mit dem Glück des Tüchtigen belohnt. Eben bei dieser Heim-WM weckten die krassen Außenseiter Steffen Fetzner und Jörg Roßkopf im Alter von 20 bzw. 19 Jahren durch ihren sensationellen Titelgewinn im Doppel „den schlafenden Riesen“ (Zitat Roßkopf) und leiteten im Tischtennis auch in der öffentlichen Wahrnehmung eine neue Ära ein.

Journalist, Konzernlenker, Gestalter 

Hans Wilhelm Gäb war gleichermaßen Multitalent und harter Arbeiter: wortgewandt, kreativ, diszipliniert. Nach Stationen als Zeitungsredakteur gründete er, Motorsport- und Auto-Fan, 1968 zusammen mit einem Kollegen die Auto Zeitung und übernahm die Chefredaktion. Später wechselte er in den PR-Bereich, zog bei Ford als erster Kommunikationschef überhaupt in die Vorstandsetage ein, wechselte in die Chefetage von Opel, von wo er schließlich Vize-Präsident von General Motors Europe wurde. Er initiierte große Sponsoringpartnerschaften – unter anderem mit Steffi Graf, Franziska van Almsick, dem FC Bayern und dem AC Mailand – und verhalf dem Konzern zu einem neuen Image.

Trotz seines Erfolgs in der Wirtschaft blieb er dem Sport stets verbunden. Gäb war Präsident der Europäischen Tischtennis Union, war als Chef de Mission der gesamtdeutschen Olympia-Mannschaft in Barcelona 1992 vorgesehen und Wunschnachfolger von Willi Daume an der Spitze des Nationalen Olympischen Komitees. Doch eine schwere Lebererkrankung zwang ihn zum Rückzug aus allen Ämtern. Eine Transplantation rettete ihm 1994 das Leben.

Leistung, Fairplay, Miteinander

Sein Sportethos machte er zum Programm – als Gründer des Vereins Sportler für Organspende (1996) und später der Kinderhilfe Organtransplantation. Mit prominenter Unterstützung – etwa von Timo Boll, Michael Schumacher und Steffi Graf – warb Gäb fortan für mehr Aufklärung und Spendenbereitschaft. 2005 holte ihn die Stiftung Deutsche Sporthilfe in einer Krise an ihre Spitze. Gäb übernahm Verantwortung – als Reformer, Stabilitätsgarant und moralische Instanz. Er konsolidierte den Haushalt, erneuerte die Strukturen und prägte die Arbeit bis zuletzt als Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats.

Sein Lebenswerk wurde vielfach ausgezeichnet: mit dem „Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland“, dem Titel als „Sportmarketing-Mann des Jahres“, mit dem „Laureus Medien Preis“ und der Aufnahme in die „Hall of Fame“ des deutschen Sports. Die „Goldene Sportpyramide“ überreichte ihm 2020 Franziska van Almsick. Den „Olympischen Orden des IOC“ aber, den er 2006 erhalten hatte, gab er zehn Jahre später zurück – aus Protest gegen das ausbleibende Ausschlussverfahren gegen Russland nach den Enthüllungen über das dortige Staatsdoping.

Hans Wilhelm Gäb, der weitsichtige Sportpolitiker, der weltoffene Gentleman mit Intellekt, Humor und Haltung – ganz Tischtennis-Deutschland trauert mit seiner Ehefrau Hella, den gemeinsamen Kindern Christiane und Wolfgang sowie seinen Enkeln. Die Beisetzung findet im engsten Familienkreis statt.

(DTTB/JS)

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