Buntes

Patrick Franziska: "Ich kämpfe weiter"

Patrick Franziska hat in Saudi-Arabien erneut ein gutes Händchen gegen die Chinesen bewiesen (©ITTF)

18.05.2024 - Patrick Franziska ist in den vergangenen Wochen in einer Gefühls-Achterbahn mitgefahren. Erst die Nachricht, dass er nur als Ersatzspieler zu den Olympischen Spielen nach Paris fahren darf, dann der große Erfolg beim Saudi Smash, der ihn auf ein Karrierehoch katapultiert hat. Im Interview mit myTischtennis.de erzählt der 31-Jährige, warum er so stark gegen die Chinesen ist, wie er die Entscheidung des DTTB aufgenommen hat und mit welchem Mindset er nun nach Paris fährt.

myTischtennis.de: Die vergangene Woche ist fabelhaft für dich gelaufen: Du hast Fan Zhendong erneut geschlagen, hast als erster Nicht-Chinese ein Smash-Finale erreicht, bist in den Top 10 der Welt angekommen und nun bester Deutscher im Ranking. Was davon wertest du selbst als den größten Erfolg?

Patrick Franziska: Den Finaleinzug. Denn durch diesen Erfolg sind die meisten der anderen Dinge ja erst dazugekommen. Es bei solch einem stark besetzten Turnier bis ins Finale zu schaffen und auf dem Weg die Leute zu besiegen, die mir dort begegnet sind, das macht mich schon am meisten stolz.

myTischtennis.de: Unterwegs hast du zum Beispiel Fan Zhendong besiegt - zum zweiten Mal. Und auch Ma Long hast du dieses Jahr schon geschlagen. Was macht dich so stark gegen China?

Patrick Franziska: Das frage ich mich manchmal selbst. Ich glaube, dass da ein paar Faktoren eine Rolle spielen. Natürlich hilft es, wenn man schon ein paar Mal gegen sie gewonnen hat - und dann daran glaubt, dass man es wieder schafft. Dann verfügen die Chinesen über sehr viel Qualität in ihren Schlägen, so viel wie wohl keiner sonst auf der Welt. Dagegen kommt man nur an, wenn man selbst mit sehr hoher Qualität, sehr aggressiv spielen kann. Durch meine Statur und mein Spielsystem habe ich schon sehr viel Power ‚von Haus aus‘. Und dass meine Rückhand noch mal einen Tick besser geworden ist und ich mehr Vertrauen in sie habe, ist auch sehr hilfreich gegen die Chinesen. Mit der Vorhand sind sie die Besten der Welt, aber über die Rückhand kann man sie manchmal kriegen. Und so habe ich, glaube ich, ein ganz gutes Spielsystem gegen sie.

myTischtennis.de: Gegen Wang Chuqin hast du im Saudi-Smash-Finale zum ersten Mal gespielt. Was fehlt noch, um auch ihn auf deine Liste der besiegten Chinesen setzen zu können?

Patrick Franziska: Also, beim ersten Mal habe ich noch gegen keinen von ihnen gewonnen. Wang Chuqin spielt mit solch einem Selbstvertrauen und so aggressiv, da fühlt man sich manchmal wie ein Torwart, der die Bälle im Netz aufsammelt. Man muss schon öfter gegen ihn spielen. Bis zum 0:3 habe ich vergeblich nach irgendwas gesucht, womit er Probleme hat. Und danach habe ich ein, zwei Sachen gesehen, die für ihn unangenehmer waren. Aber am Ende hat er absolut verdient drei Titel gewonnen und mir gezeigt, wo ich noch ein paar Schwächen habe.

myTischtennis.de: Vor wenigen Wochen erst hast du erfahren, dass du vom DTTB nicht für die drei Startplätze bei den Olympischen Spielen vorgesehen bist. Und nun kam dieses große Erfolgserlebnis. Wie empfindest du gerade diese krasse Gefühls-Achterbahn?

Patrick Franziska: Spielerisch finde ich mich seit ein paar Monaten sehr konstant, ich bin zufrieden mit meinem Spiel - das funktioniert aktuell alles sehr gut. Die Nominierung war für mich natürlich sehr enttäuschend. Aber ich habe mir gesagt, dass ich weiter kämpfen will. Am Tisch kann ich das gerade sehr gut ausblenden.

myTischtennis.de: Wie kalt hat dich der Nominierungsvorschlag erwischt? Dass es eine knappe, sehr schwierige Entscheidung werden würde, war ja keine Überraschung, aber ich nehme an, du hättest dich selbst schon im Team gesehen…

Patrick Franziska: Ja, ich hätte mich aufgrund der Turnierergebnisse und meiner Doppelstärke mit Timo, Dima und Dang (Boll, Ovtcharov und Qiu, Anm. d. Red.) - und der damit verbundenen Variationsmöglichkeiten - im Team gesehen. Gerade das Doppel, so heißt es immer, sei enorm wichtig bei Olympia.   

myTischtennis.de: Wie hast du das verarbeitet, wer oder was hat dir dabei geholfen? 

Patrick Franziska: Anfangs war es sehr schwer mit der Verarbeitung, da zwischen dem Zeitpunkt, an dem mir die Entscheidung mitgeteilt wurde, und der Veröffentlichung drei Wochen lagen, ich das alles mit mir herumtragen musste und zum Beispiel bei Interviews zum Thema Nominierung für Olympia nicht offen antworten konnte. Da konnte ich für mich nicht abschließen. Besonders geholfen in dieser Zeit haben mir meine Familie, meine Frau, meine Freunde - und auch ein kleiner Sohn hilft da sehr, denn dem ist das alles erst mal ziemlich egal. Ich habe auch viel Zeit mit Leuten verbracht, mit denen man auch mal nicht immer an Tischtennis denkt. Aber ansonsten habe ich normal weiter im Verein trainiert und nicht viel anders gemacht. Ich habe einfach für mich geschaut, wie ich mit der Enttäuschung umgehe, und schnell gemerkt, dass es das Ganze nicht besser macht, wenn man sich zu sehr da reindenkt. Also kämpfe ich weiter - denn kämpfen konnte ich schon immer gut.

myTischtennis.de: Warst du überrascht über die teils heftigen Reaktionen der Tischtennis-Community im Internet? 

Patrick Franziska: Ich bin prinzipiell nicht der Mensch, der sich durch Kommentarspalten arbeitet, aber natürlich habe ich das mitbekommen und es hat mich schon ein bisschen überrascht, dass das so ‚abging‘. Aber es hat mich sehr gefreut, dass viele mich gerne bei Olympia gesehen hätten.

myTischtennis.de: Mit welchem Mindset wirst du nach Paris fahren?

Patrick Franziska: Ich war ja in Rio schon mal vierter Mann und auch in Tokio, als Benne (Duda, Anm. d. Red.) der Ersatzspieler war, hat man gesehen, dass der Vierte auch wirklich helfen kann. Auf der anderen Seite steht man natürlich viel lieber selbst in der Box, als sich die Spiele auf der Tribüne anzuschauen. Das wird sicherlich auch wehtun und nicht einfach sein. 

myTischtennis.de: Wie sehen die zweieinhalb Monate bis dahin bei dir aus? Bereitest du dich genauso auf Paris vor, als wenn du einen Startplatz hättest?

Patrick Franziska: Ja, das muss man, damit man bereit ist, falls etwas passieren sollte. Ich werde das WTT Champions in Chongqing Ende Mai und das WTT Star Contender in Slowenien spielen, möchte mit meinem Verein ins TTBL-Finale kommen und die Sachen verbessern, die Wang Chuqin mir letzte Woche aufgezeigt hat. Ansonsten eine gute Mischung aus Training, Fitness und Regeneration.

myTischtennis.de: Es wird ja oft über die niedrigen Preisgelder bei WTT geklagt. Die 33.050 US-Dollar, die es für den zweiten Platz beim Saudi Smash gab, können sich dagegen sehen lassen. Wandern die direkt aufs Sparbuch oder gönnst du dir bzw. deiner Familie davon was Besonderes? 

Patrick Franziska: Da habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht. Ich kaufe mir ja gerne Schuhe. Ich denke, dass da vielleicht auch mal ein etwas teureres Paar bei rausspringen könnte. Aber sonst wandert die Summe - abzüglich der Schuhe - erst mal aufs Sparbuch.

(JS)

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