WM 2024

Para-Weltmeisterin Alexandre brilliert auch in Busan

Bruna Alexandre (l.) präsentiert sich bei ihrer ersten WM im Nicht-Para-Bereich glänzend (©ITTF)

21.02.2024 - Im Para-Tischtennis hat Bruna Alexandre schon einige Erfolge bei Weltmeisterschaften und Paralympics feiern dürfen. Nun erobert die Brasilianerin auch den Sport ohne Handicap und präsentiert sich bei ihrer ersten Weltmeisterschaft im Nicht-Para-Bereich als starke Ergänzung der beiden Takahashi-Schwestern. Mit vier Siegen in fünf Spielen macht die 28-Jährige, die nur einen Arm hat, bei der Team-WM in Busan bislang einen hervorragenden Job.

Bruna Alexandre balanciert den Ball auf ihrem Schläger, bevor sie ihn zum Aufschlag hoch in die Luft wirft. Was bei den meisten Tischtennisspielern als Regelverstoß geahndet werden würde, ist bei der Brasilianerin gestattet. Denn die 28-Jährige hat seit dem Säuglingsalter nur einen Arm und kann den Ball dementsprechend nicht auf die freie Handfläche legen. Ihr Handicap behindert Alexandre allerdings kaum. Bei der Team-WM in Busan präsentiert sie sich als starke Nummer drei des brasilianischen Damen-Teams hinter den Schwestern Bruna und Giulia Takahashi. Gemeinsam erarbeiteten sie sich den zweiten Gruppenplatz hinter Japan, wobei vor allem das Spiel gegen Luxemburg beeindruckte, als Alexandre mit einem 0:2-Rückstand in die Box ging, dann aber die Aufholjagd einleitete, die schließlich zum wichtigen 3:2-Sieg führen sollte.

Erst mit 13 zum Para-Sport gekommen

„Ich habe mir vor der WM vorgenommen, mein Bestes zu geben und dem Team zu helfen“, erzählt Alexandre nach ihrem letzten Gruppenspiel gegen den Iran, in dem sie eine 2:0-Führung gegen Shima Safaei beinahe noch aus der Hand gegeben hätte, am Ende aber doch noch triumphierte. „Ich bin sehr glücklich über meine Leistung und über die des Teams. Das schwierigste Spiel war das gegen Japan, aber ich bin dankbar, dass ich die Gelegenheit hatte, gegen sie zu spielen.“ Hier duellierte sie sich mit Miu Hirano, gegen die sie jedoch chancenlos war. Die anderen vier Spiele, die sie in Busan bestritten hat, konnte sie jedoch allesamt gewinnen. Schon jetzt ein gutes Ergebnis für eine WM-Debütantin, die sie zumindest im Nicht-Para-Bereich ist.

Denn bei den Spielern mit Handicap ist Alexandre längst ein bekanntes Gesicht, während sie ansonsten noch nicht so häufig international in Erscheinung getreten ist. Dabei bewegte sich die Brasilianerin, der mit sechs Monaten der rechte Arm amputiert wurde, zunächst nur unter Spielern ohne Handicap. „Mit sieben Jahren habe ich angefangen, Tischtennis zu spielen. Und erst mit 13 Jahren habe ich herausgefunden, dass man auch im paralympischen Sport Tischtennis spielen kann“, erzählt die 227. der Welt. „Mit 15 Jahren habe ich dann mein Zuhause verlassen. Es war ein bisschen schwierig für mich, mich um alles alleine zu kümmern. Aber ich bin sehr dankbar für alles, was ich durch den Sport gelernt habe.“ 

Spagat zwischen zwei Welten

Bei den Spielern ohne Handicap hatte sie im Jahr 2013 schon zur Jugend-WM in Marokko fahren dürfen, der große Sprung sollte dann aber im Para-Bereich kommen. Hier konnte sie in der Wettkampfklasse 10 bereits vier paralympische Medaillen gewinnen - darunter Einzel-Silber in Tokio 2021 - und sich unter anderem bei der Weltmeisterschaft 2022 Gold im Mixed-Doppel sichern. Einen großen Coup landete sie dann auch in diesem Jahr: So schob sie sich in der Weltrangliste der Wettkampfklasse 10 an der Polin Natalia Partyka vorbei, die ebenfalls dafür bekannt ist, sich bestens in beiden Sportwelten zu bewegen, und ist nun hinter der Australierin Qian Yian die Nummer zwei der Welt. Bei den Spielern ohne Handicap war sie zuletzt vor allem bei kontinentalen Turnieren zu sehen und landete dort bei den Panamerikanischen Spielen mit den Takahashi-Schwestern den großen Coup, indem sie sich die Olympia-Quali sicherte. Damit wird sie in Paris bei den Olympischen Spielen und den Paralympics mitmischen. Schon ihr Auftritt in Busan machte sie zur ersten Brasilianerin, die sowohl an Paralympics als auch an einer Weltmeisterschaft im Nicht-Para-Bereich teilgenommen hat - und das sportartenübergreifend. Der Spagat zwischen den beiden Sportwelten fällt ihr dabei nicht schwer. 

„Bei vielen Dingen merke ich gar nicht, dass ich ein Handicap habe. Ich lebe mein Leben genau wie jeder andere mit zwei Armen“, erzählt Alexandre. „Ich trainiere viel mit Menschen, die sich kaum bewegen können. Wenn ich das sehe, merke ich, dass, auch wenn ich nur einen Arm habe, ich nicht eingeschränkt bin und alles tun kann, was ich möchte.“ Diesen Eindruck haben wohl auch ihre Gegnerinnen in Busan von ihr erhalten. Am Mittwochmorgen sicherte sich Brasilien das Ticket fürs Achtelfinale - auf Bruna Alexandre war auch hier wieder Verlass. Gegen die Ungarin Bernadett Balint sorgte sie mit 3:0 für den zweiten Punkt, bevor Bruna Takahashi den Sack zumachte und ihnen ein Duell im Achtelfinale gegen Gastgeber Südkorea sicherte. Auch wenn für die Außenseiterinnen aus Brasilien an dieser Stelle das Ende ihres Weges in Busan erreicht sein sollte, kann Alexandre zufrieden nach Hause fahren. Sie hat sich nun auch im Nicht-Para-Sport endgültig einen Namen gemacht.

(JS)

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