Buntes

Felix Lebrun: "Spiele Penholder, seit ich vier bin"

Starke Leistung in Frankfurt: Felix Lebrun bejubelte seine erste Medaille bei einem Champions-Turnier. (©Gohlke)

06.11.2023 - Er ist der Shootingstar und mit 17 Jahren der drittjüngste Spieler, der es jemals in die Top 10 der Weltrangliste geschafft hat. Auch beim WTT Champions in Frankfurt war Felix Lebrun neben Ma Long der gefragteste Mann in der Mixed-Zone. Zum Chinesenschreck wurde er in Deutschland zwar nicht. Doch Lebrun war der einzige Europäer im Halbfinale und sicherte sich seine erste Medaille bei einem Champions. Im myTischtennis.de-Interview spricht das Ausnahmetalent über seinen Aufschwung.

Mit heiserer Stimme und einem Grinsen im Gesicht beantwortete Felix Lebrun in der Mixed-Zone der Frankfurter Ballsporthalle die vielen, vielen Fragen, die ihm beim WTT Champions in Frankfurt von der Journalistenschar gestellt wurden. Der abgezockte Teenager spielte in Deutschland entschlossen und unbekümmert auf und riss die Zuschauer auf seine Seite. Sein vor allem mit der Rückhand druckvolles, temporeiches und ungeduldiges Auftreten wirkt fast wie bei einem Roboter und hat den amtierenden Einzel-Sieger der European Games innerhalb kürzester Zeit bis in die Weltspitze gebracht. Auch die deutschen Nationalspieler schwärmen von der rasanten Entwicklung des Ausnahmetalents. Dimitrij Ovtcharov nannte Lebrun beispielsweise „einen der besten, wenn nicht den besten Spieler hinter den Chinesen".

Gegen den in Frankfurt besten Deutschen fuhr der französische Doppelmeister von 2022, der für den französischen Erstligisten Montpellier aufschlägt und beim Ausrüster TIBHAR unter Vertrag steht, Ende Oktober beim Contender in Antalya seinen ersten WTT-Einzeltitel ein. In Frankfurt sprach der 17-Jährige über seinen steilen Aufstieg, den Druck vor dem Olympischen Spielen im eigenen Land und die Anfänge seines Penholderspiels. 

myTischtennis.de: Erst der Fünf-Satz-Krimi gegen Simon Gauzy, der Sieg im Penholder-Duell gegen Dang Qiu, das 3:2 inklusive eines abgewehrten Matchballs gegen den Bezwinger von Timo Boll und Fan Zhendong, Lee Sang Su, und zum Abschluss die 1:4-Halbfinalniederlage gegen Ma Long. Wie bewertest du deine Performance beim WTT Champions in Frankfurt?

Felix Lebrun: Gegen Simon war meine körperliche Verfassung am Ende des Matches ein bisschen besser. Ich habe in den vergangenen Wochen so gut gespielt. Gegen Dang habe ich vieles besser gemacht als bei der 2:4-Niederlage bei der WM in Durban. Ich habe mir das Match noch mal angeguckt und die Taktik geändert. Der Schlüssel war, dass ich den ersten Ball immer direkt angegriffen habe. Das hat sehr gut funktioniert. Dass die Zuschauer gegen mich waren, spielte für mich überhaupt keine Rolle. Ich bin einfach froh, vor so vielen Fans zu spielen. Gegen Lee habe ich beim letzten Mal 3:1 gewonnen. Das konnte ich wiederholen. Es war eine Energieleistung und für den Kopf kein einfaches Spiel. Dass die französischen Fans danach einen eigenen Song für mich gesungen haben, war cool. Das haben sie für meinen Bruder auch schon mal gemacht. Das Halbfinale war leider klarer als zuletzt. Aber Ma Long ist der G.O.A.T., ich werde weiter versuchen, ihn mal zu schlagen. Mein Bruder hat es schon geschafft. Insgesamt bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Drei Spiele bei einem Champions zu gewinnen, ist nicht leicht. Das ist großartig. In den nächsten Wochen werde ich weiter hart trainieren.

myTischtennis.de: Beinahe deine komplette Familie saß neben der Box auf der Bank, hat dich die Unterstützung gepusht?

Felix Lebrun: Mein Bruder Alexis ist ja bei vielen Turnieren in Europa und Asien mit dabei. Für den Rest war es die Premiere bei einem WTT-Event. Das war super für mich, vor ihnen so gut zu spielen. Ich habe noch zwei Schwestern, eine davon war mit in Frankfurt. Auch sie sind super stolz auf mich. 

myTischtennis.de: Ein französischer Fernsehsender begleitet dich für eine Doku auf dem Weg zu Olympia, kannst du den Hype um deine Person gut ausblenden?

Felix Lebrun: Um ehrlich zu sein, fokussiere ich mich einfach nur auf den Tisch und jedes einzelne Spiel. Es ist unglaublich, dass mein Bruder und ich uns mit den besten Spielern der Welt messen dürfen. Darüber bin ich einfach nur glücklich.

myTischtennis.de: Bis zum Heimspiel in Paris sind es nur noch acht Monate. Welche Ziele hast du dir mit Blick auf Olympia jetzt schon gesteckt?

Felix Lebrun: Ich freue mich extrem darauf. Ich werde es genießen und möchte natürlich auch dort so gut spielen, wie es geht. Aber bis dahin stehen noch so viele Turniere an und da möchte ich auch gut abschneiden, um mit noch mehr Selbstvertrauen in Paris an den Start zu gehen. 

myTischtennis.de: Neben dir wollen noch auch andere deiner Nationalmannschaftskollegen das Einzel-Ticket für die „Spiele“ lösen. Die Konkurrenz im Team vor der Nominierung ist groß, wie ist die Stimmung?

Felix Lebrun: Die ist wirklich gut. Wir spielen alle zusammen und haben einen starken Teamspirit. Jeder möchte gewinnen und in Paris dabei sein. Das ist normal. Aber die gute Stimmung hilft jedem Einzelnen, seine Ergebnisse abzuliefern. 

myTischtennis.de: Nicht viele Europäer spielen wie du mit dem Penholdergriff. Wie kam es zustande und seit wann spielst du so?

Felix Lebrun: Eigentlich schon immer. Ich habe mit drei zum ersten Mal gespielt und mit vier Jahren damit angefangen, weil ich einen chinesischen Spieler (Chen Jian, Anm. d. Red.) in Montpellier spielen gesehen habe. Das hat mir gefallen und ich wollte werden wie er, weil er so stark gespielt hat (lacht).

myTischtennis.de: Wie sieht dein Trainingsalltag in Montpellier aus?

Felix Lebrun: Ich trainiere zweimal am Tag, vormittags und abends, hinzu kommen Physio-Einheiten und Krafttraining. Das wiederholt sich täglich. Wir sind eine recht kleine Gruppe in Montpellier und trainieren vor allem vor den Turnieren wirklich sehr, sehr hart. 

myTischtennis.de: Du bist noch jung und sehr viel auf Reisen. Wie managst du das mit der Schule?

Felix Lebrun: Ich versuche immer ein paar Tage in der Woche dort zu sein, auch wenn ich nicht wirklich viel Zeit dafür habe. Bis zum Abschluss ist es nicht mehr weit. Für mich steht jetzt schon fest, dass ich nach meiner Karriere wie mein Vater auch als Trainer arbeiten möchte. 

myTischtennis.de: Dein Bruder ist drei Jahre älter als du. Wie versteht ihr euch außerhalb der Box und wie ist eure persönliche Head-to-head-Statistik?

Felix Lebrun: Die ist absolut nicht gut (lacht). Ich liege, glaube ich, mit 0:10 hinten. Er weiß genau, wie er gegen mich spielen muss. Aber wir verstehen uns sehr gut und sind immer glücklich, wenn wir zusammenspielen – auch im Doppel. Wir wollen beide gewinnen. Bei den französischen Meisterschaften habe ich gegen Alexis im Finale mit 1:4 verloren. Danach war alles wieder wie vorher. 

myTischtennis.de: Welchen Sport verfolgst du am liebsten, wenn du nicht gerade Tischtennis spielst?

Felix Lebrun: Ich mag Sport allgemein und gucke mir sehr viel Tennis an, was ich früher auch gespielt habe. Danach kommt Fußball. 

Eine Geschichte über das Leben der Lebrun-Brüder können Sie in der November-Ausgabe 2022 im Magazin ‚tischtennis‘ nachlesen

(FKT)

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