Buntes

Spezial-Camp mit Aha-Momenten

Hermann Mühlbach erklärt den Spielerinnen und ihrem Trainer, was sich an den Zahlen ablesen lässt (©Spinsight)

13.05.2022 - Ende April fand in Bad Königshofen ein besonderes Trainingscamp statt. Der Hochleistungsbereich des Weltverbands lud acht internationale Spielerinnen und Spieler nach Franken ein, um hier die Vorzüge des digital unterstützten Trainings auszuprobieren, welches das neue Start-up Spinsight ESN Digital ermöglicht. Ein kleiner viereckiger Kasten neben der Box sorgte für ein Umdenken bei den Trainern und einige Aha-Momente bei den Spielern.

Es ist eine exklusive Gruppe, die sich Ende April in der Shakehands-Arena im unterfränkischen Bad Königshofen trifft, um einen Vorgeschmack auf die mögliche Zukunft des Tischtennistrainings zu erhalten. Acht junge Spieler und Spielerinnen aus Australien, Österreich, Portugal und Kroatien sind angereist, zudem eine Handvoll Trainer und ein Team des Start-ups Spinsight ESN Digital, dessen Firmensitz nur wenige Kilometer entfernt ist. Gastgeber dieses besonderen Treffens ist die High Performance & Development-Abteilung der ITTF, stellvertreten von Massimo Costantini, ehemaliger italienischer Nationalspieler, Ex-Nationaltrainer von Italien und Indien - und jetzt „High Performance Elite Coach“ bei der ITTF. Eine seiner Aufgaben im Hochleistungsbereich des Weltverbands ist es, die Stars von morgen zu identifizieren, sie zu begleiten und ihnen bei ihrer Entwicklung zu helfen. Bisher musste er sich dabei - wie alle anderen Trainer auch - vor allem auf seine Sinne und seine Erfahrung verlassen. Doch diese Zeiten könnten nach besagtem Treffen in Bad Königshofen vorbei sein. Denn nun sollen Wissenschaft und digitale Technologie in den Tischtennissport einziehen.

Vom subjektiven zum objektiven Blick

„Aktuell ist es so, dass wir die Spieler ohne die Unterstützung von Daten beurteilen. Wir Trainer beobachten sie und teilen ihnen unser subjektives Feedback mit“, erklärt Costantini. „Dank der neuen digitalen Möglichkeiten ändert sich die Perspektive und das Verhalten des Balles gerät in den Fokus. Der Spieler agiert, die Maschine analysiert - und man bekommt sofort objektive Daten über die Leistung des Spielers.“ Möglich macht dies das Start-up Spinsight ESN Digital, das sich bereits im Oktober in Polen mit der ITTF beschnupperte und jetzt das Trainingscamp in Bad Königshofen mit seiner Technologie unterstützt. Neben zwei der vier Tische in der Shakehands-Arena steht ein viereckiger Kasten, der jede Bewegung des Balles aufnimmt und die Daten in Echzeit zu einem Monitor außerhalb der Box weiterleitet. Hier können die Trainer unter anderem ablesen, wie schnell die Bälle waren, wie viel Rotation sie aufgenommen haben, wo sie gelandet sind und wie die Flugkurve verlaufen ist. 

Einer, der bestens Bescheid weiß, wie die Daten zu interpretieren sind und welche Verbesserungsvorschläge sich für die Athleten daraus ableiten lassen, ist Hermann Mühlbach, Zweitligaspieler beim TV Hilpoltstein und Senior Expert Digital Training bei Spinsight. Er steht während des viertägigen Camps neben den beiden „Technologie-Tischen“ und zeigt Spielern wie Trainern, was die Zahlen ihnen sagen sollen. „Wir haben schon etwa hundert Leistungsspieler in unserer Datenbank, das sind gute Vergleichswerte für die Athleten, je nach Niveau und Alter“, erklärt der Mathematiker und Informatiker. „Aber nicht nur der Vergleich zwischen den Spielern ist möglich, auch die Entwicklung desselben Spielers zwischen zwei verschiedenen Zeitpunkten ist ablesbar.“ Dieser Frage möchte man auch bei dem Pilotprojekt von Spinsight und ITTF nachgehen. In Bad Königshofen wurde ein Leistungsprofil der acht Spielerinnen und Spieler erstellt, das unter anderem verrät, wie viel Rotation die Talente in ihren Vorhand- und Rückhand-Topspin legen können und wie viel Qualität in ihren Aufschlägen steckt. Im August möchte man sich wieder treffen und vergleichen, ob die Tipps, die ihnen mitgegeben wurden, positive Entwicklungen zur Folge hatten. 

Neue Zutat für den Cocktail

„Um mehr Rotation in den eigenen Topspin zu bekommen, hat man verschiedene Optionen, etwas anzupassen. Aber man weiß nicht, welche die beste Lösung ist“, erläutert Mühlbach. Mithilfe des Spinsight-Systems könne man nun verschiedene Parameter verändern, etwa den Unterarm mehr einsetzen oder das Gewicht anders verlagern, und erhalte mit einem Blick zum Monitor die direkte Rückmeldung, ob der Versuch zielführend war. „So kann man effizienter trainieren, weil man viel Zeit spart.“ Massimo Costantini vergleicht das Vorgehen mit der Arbeit eines Barkeepers: „Man braucht einen ganzen Cocktail von Fertigkeiten, um gut zu spielen. Nun können wir einfach eine Zutat des Cocktails ändern und probieren, wie das Ergebnis schmeckt.“ Der ITTF-Coach kann sich gut vorstellen, in seinen Lehrgängen künftig regelmäßig mit dem digitalen Hilfsmittel zu arbeiten. Möglicherweise könne die Spinsight-Technologie das Tischtennistraining tatsächlich nachhaltig verändern.

„Wenn man neue Dinge ausprobiert, sieht man noch nicht die Auswirkungen, die sie später einmal haben werden, aber das Potenzial schon“, beschreibt der Italiener. So sei man früher nie auf die Idee gekommen, mit mehr als einem Ball zu trainieren, bis einige Nationen mit dem Multi-Ball-Training Erfolge feierten und man diese Art des Trainings übernahm. „Als Coach muss man offen für Neues sein. Und diese Technologie hat definitiv das Potenzial, die Trainingsroutinen der Spieler zu verändern.“ Im August wird Costantini sehen, was das Spezial-Camp in Bad Königshofen gebracht hat. Die Technologie ist dabei vor allem als Hilfsmittel zu verstehen. Kontinuierlich an sich arbeiten und die neuen ‚Cocktailzutaten‘ festigen, müssen die Spieler immer noch selbst.


Mehr Infos finden Sie auf der Spinsight-Webseite, Facebook und Instagram.

(JS)

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