14.01.2021 - Bis die Wechselfrist zum 31. Mai bzw. 30. November eines Jahres verstreicht, stehen die Telefone von Carsten Zulauf und Dana Cechová eher selten still. Beide vermitteln Amateur- und Profispieler/-innen aus aller Welt an deutsche Vereine. Viel Geld verdienen sie damit speziell in Corona-Zeiten nicht. Die Tischtenniskenner erklären, was es braucht, einen ‚Deal‘ von der ersten Kontaktaufnahme bis zur endgültigen Vertragsunterschrift einzufädeln.
Als der TTC GW Bad Hamm vor Beginn der Saison 2019/2020 die Verpflichtung von Pavel Platonov als neue Nummer eins bestätigte, konnte Carsten Zulauf wieder mal einen Erfolg vermelden. Weit vor dem Wechsel des Weißrussen aus der belgischen Superdivision in die zweite Bundesliga streckte der 42-Jährige seine Fühler nach dem heutigen Weltranglisten-136. aus. Der Mannschafts-Vize-Europameister von 2010 ist nur einer von unzähligen Akteuren, die Zulauf seit März 2015 empfohlen, überzeugt und schließlich zielführend vermittelt hat. 500 an der Zahl gehören zu seinem Pool, den er sich über die Jahre sukzessive vergrößerte. Etwa 200 (TTR-Wert-Spanne zwischen 1800 und 2400 Punkten) sind derzeit zwischen Bezirksober- und Bundesliga aktiv.
Kontaktpflege und Vertrauen sind das A und O
„Angefangen hat alles mit einem Freundschaftsdienst“, sagt der Verbandsligaspieler des TTV Stadtallendorf in Hessen. Damals half er einem tschechischen Mitspieler bei der Suche nach einer neuen sportlichen Herausforderung, nachdem dieser kein neues Arbeitspapier erhielt – die Geburtsstunde seiner Agentur hatte geschlagen. Zulauf, der einst als Referent des ehemaligen DOSB-Präsidenten Thomas Bach arbeitete, lockte einige Spieler in die Regionalliga-Mannschaft seines Heimatvereins und meldete zu seinem Hauptberuf im Innendienst der Deutschen Vermögensberatung ein Nebengewerbe an. „Die Leute haben gemerkt, dass ich es ernst meine und nicht etwa aus monetären Gründen, sondern aus Überzeugung tue.“
Auf seiner Homepage können Spieler und Vereine ein Profil anlegen und die nötigen Daten angeben. Von der Spielklasse und Leistungsstärke, über vorhandene Budgets hin zu weiteren Präferenzen wie z.B. der bevorzugten Reisemöglichkeit, Region oder Nationalität ist alles wählbar. Eine der Hauptkomponenten ist es, schon in den ersten Annäherungsgesprächen eine Vertrauensbasis zu den Beteiligten zu schaffen. „Ohne die kommt man nicht weit“, sagt Carsten Zulauf, für den das persönliche Verhältnis immer stimmen muss, um faire Verhandlungen zu führen. Ebenso wichtig ist die ständige Kontaktpflege. Manchmal reiche es aus, den Spielern nur zum Geburtstag zu gratulieren, um in Erinnerungen behalten zu werden.
Weiterentwicklung statt großer Profit
Mal gehen Spieler und Klubs auf den 42-Jährigen zu, mal geschieht es andersrum. Die erste Hürde ist genommen, sobald gegenseitiges Interesse besteht. Im nächsten Schritt nimmt Zulauf die finanziellen Vorstellungen beider Parteien auf und klärt die Rahmenbedingungen ab. Erst dann führt er beide Seiten zusammen. Zur Kommunikation eröffnet der Spielervermittler in der Regel eine WhatsApp-Gruppe. Geben Spieler und Verein grünes Licht, ist Zulaufs Job meistens schon wieder erledigt. Beim finalen „Vertragspoker“ ist er nicht mehr involviert. „In den meisten Fällen klappt’s.“, so Zulauf. Die Quote, dass eine Zusammenarbeit zustande kommt, liege bei rund 80 Prozent. Jedoch erst, wenn der Kontakt zwischen Spieler und Verein bereits hergestellt wurde.
Der 42-Jährige berichtet, dass er 30.000 Tischtennisspieler vermitteln müsste, um auf den Betrag zu kommen, der bei einem Wechsel eines durchschnittlichen Bundesliga-Fußballers fällig wird. Speziell im Fußball kassieren die Spielerberater bei Transfers oft riesige Millionensummen mit. „Die Tischtennis-Welt ist natürlich deutlich kleiner“, so der Verbandsligaspieler, dem es in erster Linie darum gehe, dank seines „Nasenfaktors“ das Bestmögliche für Sportler und Vereine herauszuholen und „seine“ Spieler weiterzuentwickeln, ihre Potenziale einzuschätzen sowie ihre Statistiken im Auge zu behalten.
Dana Cechová: „Der Markt hat es schwer“
Am häufigsten bekommt Carsten Zulauf Anfragen aus dem Herrenbereich, bei den Damen ist Dana Cechová die wohl bekannteste Spielervermittlerin. Die ehemalige tschechische Nationalspielerin mischte in Bingen selbst viele Jahre in der Damen-Bundesliga mit und kennt die Konditionen deshalb sehr gut. Ähnlich wie Zulauf hat sich die 37-Jährige ein weltweites Netzwerk aufgebaut. Zuletzt ist das Spielerbörsen-Business bei ihr allerdings ein wenig in den Hintergrund gerückt, auch weil es während der Corona-Pandemie deutlich weniger Wechsel gibt. „Der Markt hat es schwer. Viele bleiben in ihren Vereinen und wollen nichts riskieren“, sagt Cechová.
Aktuell betreut sie Britt Eerland mit Blick auf die Olympischen Spiele 2021 als Turniertrainerin. Die niederländische Nationalspielerin hatte sie einst selbst vermittelt. „Mit ihr war ich schon in der China-Bubble. Das ist im Moment mein Hauptjob“, so Cechová. Ihre Firma ,Manager TT‘ bietet sie zudem Hilfe bei TT-Lehrgängen und der Erstellung von Trainings- und Fitnessprogrammen an. Momentan bereitet sich Dana Cechová auf den Re-Start in der tschechischen Liga vor. Seit Oktober 2020 hat sie kein Spiel mehr bestritten. Großartige personelle Veränderungen in den dortigen Klubs hat es nicht gegeben.
Ein leichter Rückgang ist auch bei Carsten Zulaufs Tätigkeit zu verzeichnen. Während der Pandemie haben sich die Spielerangebote um gut 50 Prozent halbiert. Waren es in normalen Wechselperioden zwischen 30 und 35 Vermittlungen, sind es aktuell etwa 15 bis 20 pro Jahr.
Zur Homepage von Carsten Zulauf (www.mynewclub.de)
Zur Homepage von Dana Cechová (www.manager-tt.com)
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(FKT)
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