Buntes

Preuß: „Mehr Aufwand als beim Re-Start in China“

Bei Andreas Preuß (l.) überwiegt zu hundert Prozent die Freude vor dem schwierigen Event (©Fabig)

24.11.2020 - Es ist schon ambitioniert, ein professionelles Turnier mit 15 Mannschaften innerhalb weniger Wochen zu organisieren. Wenn das Ganze aber auch noch als coronakonforme ‚Bubble‘, in der die Spieler keinen Kontakt zur Außenwelt haben, stattfinden soll, potenziert sich der Aufwand um ein Vielfaches. Borussia-Manager Andreas Preuß erzählt im Interview von den vielen Fragen, die es zu klären gilt, bevor das Champions-League-Turnier vom 11. bis 18. Dezember in Düsseldorf beginnen kann.

myTischtennis.deWoher kam die Idee, Düsseldorf zur Blase für das Champions-League-Turnier zu machen? Hatte die ETTU das offiziell ausgeschrieben?

Andreas Preuß: Ich sitze ja selbst im Champions-League-Management-Board und wir haben schon im Sommer beraten, wie wir das in diesem Jahr machen werden. Im September war spätestens klar, dass es nicht so laufen kann wie sonst - mit Reisen quer durch Europa. Wir wollten auf ein geschlossenes Turnier setzen und das ging, wenn überhaupt, nur in einem Land, das die Corona-Zahlen einigermaßen im Griff hat. Am Ende waren nur noch Düsseldorf für das Herren-Turnier und Linz bei den Damen im Topf. Dennoch wussten wir früh, dass das Ganze nur in einer Blase stattfinden kann und es bis zuletzt nicht sicher ist, ob man es am Ende überhaupt durchführen darf. Mit diesem Wissen im Hinterkopf wurde seitdem am Hygienekonzept, der Organisation und am Sponsoring gearbeitet.

myTischtennis.deWie groß muss man sich den organisatorischen Aufwand vorstellen? Der wird ja unter normalen Umständen schon hoch sein, aber was kommt durch Corona noch dazu?

Andreas Preuß: Ich arbeite gemeinsam mit unserem Pressesprecher und Leiter der Bundesliga-Abteilung, Alexander Schilling, zurzeit jeden Tag zehn Stunden nur an diesem Projekt. Es gibt so viele Sachen, an die man denken muss. Wie funktioniert die Einreise, das Testen, die Verpflegung, die Durchführung der Spiele? Wie sollen die Laufwege im Gebäude sein? Wann ist wer wo? Wie werden Fahrdienste zwischen den Hotels und der Halle geregelt? Wann werden die Umkleideräume gereinigt, wann die Tische desinfiziert? Das ist vom Organisatorischen her sicherlich sogar noch mehr Aufwand als aktuell beim „Re-Start“ in China, da wir unser Turnier mit 15 Mannschaften plus Betreuern durchführen - und nicht, wie bei den ITTF Finals zum Beispiel, mit zwei mal 16 Spielern.

myTischtennis.deWas kommt auf die Borussia dann in der Blase an Arbeit zu?

Andreas Preuß: Während des Turniers werden alle Borussia-Mitarbeiter mit anpacken. Aber das wird nicht reichen. Es müssen Bälle gesammelt, desinfiziert, die Mannschaften gefahren und betreut werden, wir produzieren einen Zwei-Kamera-Livestream und so weiter. Wir starten jeden Tag um 10 Uhr, das letzte Spiel beginnt um 20:30 Uhr. Das heißt, wir sind erst um 23 Uhr fertig. Der Personalbedarf ist enorm und wir werden viele Ehrenamtler brauchen.

myTischtennis.deBei so viel Arbeit, Aufwand und Zeit - warum will Düsseldorf trotzdem der Gastgeber sein? Zuschauereinnahmen werden ja auch wegfallen…

Andreas Preuß: Weil wir die Einzigen sind, die es können, und deshalb mussten wir auch. Das meine ich gar nicht arrogant. Wir wollen alle, dass die Champions League stattfindet, und es wäre schlimm für den Sport, wenn sie ausfällt. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung und es herrscht eine große Kooperationsbereitschaft zwischen der ETTU und allen Vereinen. Finanziell reden wir von einem sechsstelligen Betrag - und darin sind die Hotelkosten nicht enthalten, da diese von den Vereinen selbst bezahlt werden. Da wir das nicht alleine tragen können, hat sich der neue ETTU-Präsident Igor Levitin eingesetzt und zwei Partner aus Russland aufgetan, die in etwa zwei Drittel der Kosten decken. Ohne die wäre es nicht gegangen, deshalb möchte ich dem Präsidenten dafür große Anerkennung aussprechen. Das, was fehlt, kompensieren wir mit eigenen Partnern. Abgesehen davon bieten wir den Vereinen aber auch die Möglichkeit, eine eigene Bande aufzustellen, wenn sie spielen, um ihre Sponsoren zu zeigen. In vielen Ländern ist die Situation aktuell viel schwieriger als bei uns und die Vereine brauchen neuen Input für ihre Sponsoren, müssen sich zeigen. Deshalb ist es für sie auch so wichtig, dass das stattfindet.

myTischtennis.deDie Politik überlegt ja gerade, ob man die Einschränkungen hierzulande noch weiter verschärfen sollte, um die Pandemie einzudämmen. Könnte das dem Turnier noch zum Verhängnis werden oder ist man durch das Blasen-Format sicher?

Andreas Preuß: Hundertprozentig sicher kann man nicht sein. Das Ordnungsamt hat uns für unser Konzept eine Genehmigung erteilt, aber die Corona-Schutzverordnung gilt nur bis zum 30.11.. Da könnte also noch was kommen, ich glaube es aber nicht. Wir haben die höchsten Sicherheitsstandards aufgestellt.

myTischtennis.deZum Beispiel? Wie wird das alles ablaufen?

Andreas Preuß: Die erste große Hürde ist die Einreise. Jeder Teilnehmer/Funktionär muss einen maximal 48 Stunden alten negativen PCR-Test vorweisen. Zudem wird vor dem Eintritt ins DTTZ ein Antigen-Schnelltest gemacht. Damit haben wir schon einmal eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass keiner das Virus mit hineinbringt. Alle bekommen eine FFP2-Maske und die Spieler werden diese nur zum Essen und Spielen absetzen. Gegessen wird maximal zu zweit am Tisch. Das Training wird genau durchgetaktet. Die Staufenhalle wird zwar weiterhin vom DTTB zum Training genutzt und die Internatsschüler sind auch noch in der Anlage, aber strikt voneinander getrennt, es wird innerhalb des Gebäudes keine Kreuzung der Wege geben. Geschlafen wird bei uns im Sporthotel und in einem weiteren Hotel. Aber auch hier wird es keinen Kontakt zu anderen Gästen geben. Die Mannschaften bleiben unter sich. Das gilt übrigens auch für die Borussia-Spieler: Niemand schläft zu Hause, alle begeben sich in die Blase. Das ganze DTTZ wird zu einer großen Blase.

myTischtennis.deUnd während der Spiele? Dürfen dann wenigstens die teilnehmenden Mannschaften auf den Rängen zuschauen?

Andreas Preuß: Wir werden wahrscheinlich nur die Kapitäne bzw. Trainer Spiele beobachten lassen. Hier geht es einfach darum, dass wir möglichst wenige Leute gleichzeitig in der Halle haben wollen. Aber alle Spiele werden mit zwei Kameras gestreamt und für die letzten beiden Tage sind größere TV-Produktionen geplant. Viele Medien haben angekündigt, berichten zu wollen - darunter auch ARD und ZDF sowie internationale. Im Idealfall wird das die beste Übertragung einer Tischtennis-Champions-League-Veranstaltung, die wir je gesehen haben. Es ist auf jeden Fall eine große Chance, weil wir eine der wenigen Sportarten sind, die aktuell so etwas machen. 

myTischtennis.deWenn du jetzt auf den 11. bis 18. Dezember blickst, was überwiegt: die Vorfreude auf ein hoffentlich schönes Event oder die Bauchschmerzen, was alles noch schiefgehen kann?

Andreas Preuß: Mittlerweile ganz klar die Vorfreude. Das Jahr war heftig und von ständigen Anpassungen geprägt. Ich habe noch nie an so vielen Sachen gearbeitet, die ich nachher wegschmeißen musste. Das Positive ist jedoch: Wir haben immer versucht, Dinge möglich zu machen und da ist uns Einiges gelungen. Das ist jetzt auch so. Es wird ein Tischtennisfest in einer außergewöhnlichen Zeit. Wir wollen natürlich auch gute Gastgeber sein. In dieser Zeit werden wir zur Tischtennis-Hauptstadt Europas - das ist eine tolle Motivation. Aber vor allem ist es ein großes Gemeinschaftsprojekt der Vereine und der ETTU. Alle ziehen an einem Strang und arbeiten für ein Ziel. Und daher überwiegt bei mir hundertprozentig die Freude auf dieses Event.

(JS)

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