Buntes

Nie höherklassig gespielt, als Trainer dennoch erfolgreich

Martin Adomeit (l.) und Dirk Wagner, hier noch als Grenzau-Trainer (©Roscher)

08.04.2020 - Auch im Tischtennis gilt: Man muss nicht Nationalspieler oder Profi gewesen sein, sogar nicht einmal in einer der oberen Ligen gespielt haben, um es als Trainer weit zu bringen. Zwei, auf die das zutrifft, sind Martin Adomeit, den Sie von unseren Fortgeschrittenentipps kennen, und Dirk Wagner. Wie die beiden es als Trainer so weit geschafft haben und ob ihnen die Erfahrung als Spieler bei der Ausübung ihrer Tätigkeit fehlt bzw. gefehlt hat, erfahren Sie hier!

In der Saison 1998/1999 wurde er in Deutschland zum Trainer des Jahres gewählt: Martin Adomeit, zu der Zeit verantwortlich für die deutsche Damen-Nationalmannschaft. Unter seiner Regie hatte diese bei den Europameisterschaften in Eindhoven 1998 den Titel im Mannschafts-Wettbewerb genauso verteidigt wie Elke Schall und Nicole Struse den im Damen-Doppel. Doch wie war Adomeit in diese Position gekommen? Als Spieler war der Soester im Profibereich nämlich nie in Erscheinung getreten. 

Als 15-Jähriger begann Adomeit, eine Kreisklassen-Mannschaft der Herren in seinem damaligen Verein zu trainieren, dem Soester TV. Kurz danach wechselte er zum TuS Jahn Soest, der zu dieser Zeit die Konkurrenzen im weiblichen Nachwuchsbereich beherrschte. Dort übernahm der damals 18-Jährige, nachdem zuvor zum frühestmöglichen Zeitpunkt die C-Lizenz erworben hatte, die 1. Damen-Mannschaft, die in der Bundesliga spielte. Mit 21 Jahren stand die B-Lizenz auf dem Programm, gleichzeitig begann Adomeit an der Deutschen Sporthochschule in Köln ein Sportstudium. Damals beendete der Soester seine Laufbahn als aktiver Spieler, nachdem er überwiegend in Ligen auf der Bezirksebene gespielt hatte, zwischendurch auch ein Jahr Landesliga, "aber ob ich dahingehörte, steht auf einem anderen Blatt", erzählt er heute.

Angefixt von Berni Vossebein
"Als Trainer angefixt wurde ich von Berni Vossebein. Mit ihm habe ich als 21-Jähriger auch meinen ersten Trainerlehrgang geleitet. Aber schon nach meinem ersten Trainerschein hatte ich beschlossen, hauptberuflich mal etwas in die Richtung machen zu wollen", erklärt der heute 56-Jährige weiter, der damals vier Jahre nebenbei auch noch als freier Journalist die Tischtennisseite einer Tageszeitung gestaltete. 

Als Trainer stellten sich die Erfolge Adomeits schnell ein: Christine Mettner, heutige WTTV-Verbandstrainerin, wurde unter ihm deutsche Meisterin im Schülerinnen-Einzel und -Doppel zusammen mit Nadine Bollmeier, die ebenfalls vom Soester betreut wurde. "Mit Christine habe ich fünf bis sieben Tage in der Woche gearbeitet", erläutert Adomeit. "Damals fing ich dann auch an, beim C-Kader des DTTB zu assistieren." So nahm später alles seinen Lauf. Nicht nur mit Deutschlands Damen, sondern auch mit Luxemburg, Belgien und Nigeria gewann er Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften sowie African Games.

Wagner: Über das Leistungsturnen zum Tischtennis
Als Spieler bis 2003 überwiegend auf Landesebene in Thüringen aktiv war Dirk Wagner, der von anderen Sportarten zum Tischtennis wechselte: Als Geräteturner z. B. erreichte er im Kindesalter mit täglichem Training die unterste Stufe der Leistungssportebene der DDR. Diese Laufbahn beendete Wagner, der auch Leichtathletik betrieb, aber schon mit elf Jahren und fand danach Tischtennis als Hobby für sich. "Nachdem ich im Sport schon vorher Trainingsgruppen betreut hatte, übernahm ich mit 18 Jahren 1989 meine erste Gruppe im Tischtennis", berichtet der Thüringer. Auch in seinem Fall ließen die Erfolge nicht lange auf sich warten: Von ihm betreute Schützlinge feierten im Schülerbereich Erfolge auf Landesebene oder sogar auf regionaler Ebene in Südwestdeutschland.

Hauptberuflich arbeitete Wagner zu dieser Zeit als Modellbauer und -gießer in einer Eisengießerei. "Als ich 1993 in der Grundausbildung bei der Bundeswehr war, wurde ich vom Thüringer Tischtennisverband gefragt, ob ich im Anschluss nicht als Landestrainer anfangen wolle", so der 48-Jährige. Wagner ließ sich nicht lange bitten und bekam von seinem Arbeitgeber die Freigabe für ein Jahr. Beim Thüringer Verband sollte er insgesamt zehn Jahre bleiben, ehe es ihn zu Borussia Düsseldorf zog, wo er zwei Jahre als Co-Trainer und danach vier Jahre als Cheftrainer tätig war. Alleine in diese Zeit fallen drei Titelgewinne des Vereins in der Bundesliga, zwei im Pokal und in der Champions League sowie einer im ETTU-Cup. Auf Düsseldorf folgten sechs Jahre bei der Werner-Schlager-Akademie in Schwechat (Österreich) und danach drei Jahre als Cheftrainer in Grenzau. Seit 2019 arbeitet der Thüringer als Bundesstützpunkttrainer im DTTZ in Düsseldorf.  

Adomeit: "So nicht in der Eigenerfahrung gefangen"
Ob beide in ihrer Trainerlaufbahn die Erfahrung, selbst höherklassig gespielt zu haben, je vermisst haben? "Eher nicht", sagt Martin Adomeit, "ich habe schon früh versucht, viel von den Spielern mitzunehmen, viel von ihnen zu erfahren. Mir war klar, dass das ein Prozess ist. Man kann sich nicht hinstellen und sagen: 'Ich weiß alles'. Ich habe die fehlende Spielerfahrung als Herausforderung und Vorteil gesehen. Denn ich konnte ich mich nicht hinter meinem eigenen Spiel verstecken."

Dadurch habe er innovativer sein können und sich besser in Spieler hineinversetzen können, die bestimmte Dinge nicht so leicht umsetzen konnten. "Zudem habe ich eine Mischung aus Trainern, die selbst erfolgreich gespielt haben, und solchen, die aus der Sportwissenschaft kamen, auch immer als sehr wertvoll und wichtig wahrgenommen. Wir aus der Sportwissenschaft waren zum Teil offener dafür, neue Dinge zu entwickeln."

(Fast) keine Vorbehalte der Spieler
Auch Dirk Wagner, dem wiederum umgekehrt auch der Einstieg ins Trainergeschäft für sein eigenes Spiel zugute kam ("Ich habe nachher von Jahr zu Jahr meist je eine Liga höher gespielt"), hat es als Trainer nie als Nachteil empfunden, nicht höherklassig gespielt zu haben. "Ich musste als Trainer mit dem handwerken, was ich zur Verfügung hatte." Wenn er nicht weiter gewusst hätte, hätte er es den Spielern offen und ehrlich gesagt und man habe gemeinsam nach Lösungen gesucht. "Das ist bei den Spielern gut angekommen." Gelernt habe Wagner viel von Andreas Preuß und Mario Amizic in den Jahren bei Borussia Düsseldorf. Die beiden seien seine Mentoren gewesen, unter denen er sich habe entwickeln und die er ebenso um Rat habe fragen können wie den damaligen Bundestrainer Richard Prause. Was ebenfalls von Vorteil war: "Ingesamt habe ich mit sehr intelligenten und verständnisvollen Jungprofis gearbeitet. Nur mit einem Spieler gab es einmal eine Diskussion, weil ich selbst nie höherklassig gespielt habe." 

Adomeit berichtet: "Ich habe es nie erlebt, dass jemand gesagt hat: 'Du hast nie höher gespielt.'" Diese Frage höre man nur in den unteren Ligen häufiger von Spielern. "Viele Spieler damals wussten auch gar nicht, wie hoch ich selbst gespielt habe. Und z. B. Istvan Korpa hat seine eigenen Erfolge als Spieler auch nie auf den Tisch gebracht. Er hat gesagt: 'Darüber denke ich gar nicht nach in meiner eigenen Tätigkeit als Trainer.'" Denn das Dasein als Spieler und Trainer seien laut Adomeit zwei völlig verschiedene Dinge, was er heutigen Schützlingen bei Trainerlehrgängen auch immer mit auf den Weg gebe...

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(DK)

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