12.12.2019 - Bis zum Jahr 2011 lief Christian Süß' Karriere wie auf Schienen. Der Vize-Weltmeister und mehrfache Europameister gehörte zu den besten Spielern der Welt. 2008 gewann er bei den Olympischen Spielen in Peking die Silbermedaille im Mannschaftswettbewerb - der Höhepunkt seiner Laufbahn, die er 2015 nach einer langwierigen Knieverletzung frühzeitig beenden musste. Vor Kurzem kehrte er in der Essener Landesliga an den Tisch zurück.

Einst wurde er auf der Weltranglistenposition 17 geführt, vor zwei Wochen debütierte er für die DJK Franz-Sales-Haus Essen in der achthöchsten deutschen Spieklasse. Im Topspiel des Ersten gegen den Zweiten VfL Winz-Baak konnte Süß beide Einzel und sein Doppel gewinnen und seinem Team zum 9:4-Erfolg verhelfen. „Es war ein Riesenerlebnis und eine große Ehre für uns alle“, sagte Tobias Papies, der Abteilungsleiter und Mannschaftskapitän der Essener. Papies und Süß kennen sich bereits seit 14 Jahren. Im Rahmen seines Studiums absolvierte der 36-Jährige damals ein Praktikum im Bereich Sportmanagement bei Borussia Düsseldorf.

Süß wurde 2012 Schirmherr beim "MitMenschen"-Turnier des Vereins

Papies und Eva Backes, ebenfalls als langjähriges Mitglied bei Franz-Sales-Haus aktiv, lernten Christian Süß dort schnell kennen – auf dienstlicher und privater Ebene. „Der Kontakt ist nie abgebrochen“, sagt Papies über den Beginn einer Freundschaft. Vertieft wurde diese durch einen entscheidenden Zwischenstep. Denn die DJK veranstaltet seit 2009 jährlich das inklusive Tischtennisturnier „MitMenschen“ - ein bundesweit einzigartiges Event, bei dem sich TT-Begeisterte mit und ohne Behinderung unter völlig unterschiedlichen Leistungsniveaus am Tisch gegenüberstehen. Als die Essener vor sieben Jahren einen Schirmherrn suchten, musste nicht lange überlegt werden.

„Ich war von Christians Reaktion total beeindruckt“, erinnert sich Tobias Papies. Denn vor seiner Zusage wollte Süß sich genauer mit der Thematik auseinandersetzen. Gemeinsam mit seiner Frau Elke Schall machte sich der ehemalige Düsseldorfer, der zuvor für Fulda und Velbert spielte, auf den Weg nach Essen, um am Training der inklusiven Abteilung teilzunehmen. Von nun an unterstützt der 34-Jährige das Projekt. Zum zehnjährigen Jubiläum folgte der nächste Schritt in Richtung seines Engagements bei Franz-Sales-Haus. Sicher ist jedenfalls: Von einem "Einkauf" oder PR-Gag kann hier in keinem Fall gesprochen werden.

Nervöser Auftakt - weitere Einsätze sind geplant

Eva Backes fragte viel mehr mit einem Augenzwinkern nach, ob er nicht noch einmal spielen wolle. „Sie war da sehr hartnäckig, bis er letztlich Ja gesagt hat. Er hat sein Wort gehalten und ist von der Vereinsphilosophie voll und ganz überzeugt“, berichtet Papies. Am 30. November war es dann so weit. Vor 120 Zuschauern in Winz-Baak (Hattingen) ging es zurück auf den Hallenboden. Im Doppel mit Tobias Papies lief alles problemlos. Im ersten Einzel war ihm die Nervosität dann doch ein bisschen anzumerken. Beim Stand von 1:1 lag Süß mit 6:10 hinten, gewann letztlich aber mit 3:1.

Ohne Training und Wettkampferfahrung brauchte der ehemalige Nationalspieler seine Zeit, bis das Gefühl zurückkam. „Er hatte vor allem mit den Aufschlägen des Gegners Probleme“, so der Abteilungsleiter. Das Topspiel wurde gewonnen, die Tabellenführung ausgebaut. Der Verbandsliga-Aufstieg wäre für den Klub nur eine Nebensache, erklärt Vereinskollege Gianni Durcrée. Er lernte Christian Süß als "zurückhaltenden, tollen Menschen mit einer klasse Persönlichkeit" kennen. "Wenn es Sinn macht, wird er in der Rückrunde noch ein bis zwei Mal zum Einsatz kommen, egal gegen wen", ergänzt Ducrée. Den Kindheitstraum vieler Essener hat Christian Süß mit seinem Comeback definitiv erfüllt. Allen voran möchte er das soziale Projekt des DJK Franz-Sales-Haus auch in Zukunft weiter vorantreiben. 

(FKT)