Buntes

Roßkopf: "Fairste Option, die WM-Startplätze zu vergeben"

Ob Ruwen Filus auch in Budapest zu Jörg Roßkopfs Team gehört, ist noch nicht entschieden (©Thomas)

08.03.2019 - Die Japaner und Chinesen haben ihr WM-Aufgebot bereits veröffentlicht - wie sieht es eigentlich mit den Deutschen aus? Das haben wir Jörg Roßkopf gefragt, der sich für die letzten beiden Einzelstartplätze wieder ein faires Vergabesystem überlegt hat. Im Interview sprechen wir mit ihm außerdem über die Terminflut, die seine beiden Besten dazu bewog, die Teilnahme an der DM zu überdenken, und seine Zukunft als Bundestrainer.

myTischtennis.de: Du hast vor kurzem gesagt, dass die deutschen Meisterschaften das wichtigste nationale Turnier sind. Wie bewertest du es, wenn die vielen internationalen Verpflichtungen der Spieler dazu führen, dass die beiden besten Deutschen ihre Teilnahme an der DM überdenken? Dimitrij Ovtcharov war diesmal nicht am Start und Timo Boll wird künftig nicht mehr mitspielen...

Jörg Roßkopf: Bei Dima handelt es sich ja nicht um einen Verzicht für die kommenden Jahre, er war nur diesmal nicht dabei. Und dass sich Timo mit seinen 38 Jahren dazu entschieden hat, künftig nicht mehr an den deutschen Meisterschaften teilzunehmen, muss man akzeptieren und halte ich für richtig. Der Kalender ist proppenvoll und man muss auch mal ein Wochenende zur Regeneration oder auch zum Durchtrainieren einlegen. Davon gibt es im Jahr schon nicht so viele, die in Frage kämen. Nichtsdestotrotz ist die DM nach wie vor unser wichtigstes nationales Turnier, bei dem sich Deutschlands Beste miteinander messen. Die Spieler, vor allem natürlich die, die den Titel noch nicht gewinnen konnten, sind alle heiß darauf, deutscher Meister zu werden. Und diesmal ging es bei den Herren sogar um WM-Startplätze. Dima und Timo haben natürlich noch einmal eine ganz andere Belastung. Aber bei Dima gehe ich davon aus, dass er nächstes Jahr auch wieder mitspielt.

myTischtennis.de: Handelt der Weltverband dadurch, dass er die Spieler dazu bringt, immer mehr ITTF-Turniere zu spielen, zu egoistisch, wenn darunter die Teilnahme an den nationalen Meisterschaften leidet?

Jörg Roßkopf: Die deutschen Meisterschaften sind gar nicht so sehr das Problem, der Termin ist ja geschützt. Aber neben den ITTF-Turnieren und der DM gibt es auch noch die Bundesliga, die Champions League und den ETTU-Cup. Das größte Problem, ihre Termine unterzubringen, hat die TTBL, da erst die ITTF ihre Daten durchgibt, dann die ETTU und dann ist erst die Bundesliga dran. Der Weltverband sieht das nicht als großes Problem. Im Tennis ist die Liga ja zum Beispiel auch kaum mehr für Topspieler interessant. Im Tischtennis verdienen die Spieler aber das meiste Geld in der Liga und nicht bei World-Tour-Turnieren, zumal das Preisgeld dort meistens an dieselben Spieler geht.
Auch in der Nationalmannschaft müssen wir bezüglich Terminen viele Kompromisse eingehen und sind dann oft das schwächste Glied. Am Dienstag zum Beispiel ist ein ETTU-Cup-Spiel in Saarbrücken. Da haben wir aber auch einen Lehrgang. Es gibt eine Menge Termine im Kalender und darüber muss gemeinsam nachgedacht werden. Am Ende geht es um die Spieler und die sollten über allem anderen stehen.

myTischtennis.de: Ein ganz wichtiger Termin wirft schon seine Schatten voraus: die WM in Budapest. Die Chinesen und Japaner haben ihre Aufgebote schon veröffentlicht. Wie sieht es denn im deutschen Team diesmal aus?

Jörg Roßkopf: Timo Boll, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska hatten ihren Startplatz von vorne herein sicher. Die zwei verbleibenden Einzeltickets werden unter Benedikt Duda, Dang Qiu, Bastian Steger, Ruwen Filus, Kilian Ort und Ricardo Walther in einem internen Wettkampf ausgespielt. Das ist in meinen Augen die fairste Option, die letzten beiden Startplätze zu vergeben.

myTischtennis.de: Wie sieht der interne Wettbewerb konkret aus?

Jörg Roßkopf: In verschiedenen Wettkämpfen können Punkte gesammelt werden. Und wer in dieser Wertung am Ende vorne liegt, fährt nach Budapest. Bei den Hungarian Open und den deutschen Meisterschaften gab es bereits die Möglichkeit, Punkte zu holen. Zudem ist das bei den Qatar Open und bei fünf Turnieren im Rahmen unserer Lehrgänge möglich.

myTischtennis.de: Und darf man fragen, wer gerade vorne liegt?

Jörg Roßkopf: Tatsächlich führt zur Zeit niemand, weil noch keiner Punkte geholt hat. In Ungarn hätte Benedikt Duda eine Menge Punkte sammeln können, wenn er sein Match gegen Xu Xin, der ja auch noch ein Top-10-Spieler ist, gewonnen hätte. Und bei den deutschen Meisterschaften gab es nur für das Erreichen des Finales Punkte, da standen ja aber mit Timo und Patrick zwei, die schon qualifiziert waren. Die nächste Chance gibt es bei den Qatar Open und eben bei den Trainingswettkämpfen, die mir sehr wichtig sind.

myTischtennis.de: Gibt es unabhängig davon auch schon Überlegungen zum Doppel und Mixed?

Jörg Roßkopf: Da muss ich abwarten, wie das interne Rennen verläuft. Mit Jie (Schöpp, Anm. d. Red.) werde ich mich dann zusammensetzen, um unsere Mixed-Doppel zu finden. Patrick Franziska und Petrissa Solja sind ja beide bei der WM spielberechtigt und damit auch eine gute Option. Aber Han Ying und Shan Xiaona dürfen beispielsweise nicht mitspielen, was man natürlich berücksichtigen muss.

myTischtennis.de: Gerade bei den Chinesen merkt man aktuell, dass sie großen Wert auf das Mixed-Doppel legen. Wie sieht das im deutschen Team aus? Welche konkreten Pläne habt ihr, um euch in dieser Disziplin auf Tokio vorzubereiten?

Jörg Roßkopf: Wir werden bis dahin mehrere Kombinationen ausprobieren und haben ja auch gemeinsame Lehrgänge, wo wir daran arbeiten können. Bei der EM konnte man schon ein paar Beispiele für sehr erfolgreiche deutsche Duos sehen. Erst einmal wollen wir uns mit der Mannschaft für Tokio qualifizieren, aber uns ist bewusst, dass es diesmal drei Disziplinen gibt, in denen man Medaillen holen kann, und das Mixed ist uns natürlich auch wichtig.

myTischtennis.de: Zuletzt noch eine Frage zu deiner Zukunft. Du hast neulich in einem Interview angedeutet, dass du den Bundestrainerjob nicht ewig machen wirst. Wie sehen denn deine konkreten Pläne aus und wovon machst du es abhängig, wie lange du unser Bundestrainer bleibst?

Jörg Roßkopf: Ich mache das vor allem von meinem Engagement abhängig - ob der Ehrgeiz immer noch da ist. Ich hinterfrage mich nach jeder Olympiade. Ich bin froh, beim DTTB zu arbeiten und meine Tendenz geht auch dahin, bis 2024 dabeizubleiben. Aber ich klebe nicht an diesem Posten. Sicher ist, dass ich die Arbeit als Bundestrainer alleine nicht stemmen kann. Um noch professioneller arbeiten zu können, brauchen wir ein größeres Team von Trainern, die aber natürlich auch erst einmal dementsprechend ausgebildet werden müssen. Ich bin zur Zeit guter Dinge, dass es auch nach Tokio für mich weitergeht. Aber klare Aussagen kann ich erst danach treffen.

(JS)

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