Buntes

"Fechten und TT im Training bei der Grundausbildung kombinieren"

Im Interview zieht Ex-Fecht-Bundestrainer Artur Wojtyczka den Vergleich zwischen Tischtennis und Fechten (©privat)

16.10.2017 - Acht Jahre lang war Artur Wojtyczka Fecht-Bundestrainer (Florett) in Österreich, danach fünf Jahre Nachwuchs-Bundestrainer in Deutschland und durfte in diesen Zeiten zahlreiche Erfolge seiner Athleten bejubeln. In Tischtennis hat der Bonner vor vier Jahren ein neues Hobby gefunden, dem er mit großer Leidenschaft nachgeht. Im Interview spricht er über Parallelen zwischen den Sportarten und wirft sogar die Idee eines gemeinsamen Trainingsprojekts auf.

myTischtennis.de: Herr Wojtyczka, zunächst die Frage: Wie groß ist der Fechtsport in Deutschland?

Artur Wojtyczka: Der Deutsche Fechter-Bund hat ca. 25.000 Mitglieder. Fechten hat in Deutschland immer einen großen Stellenwert gehabt, war bei Olympischen Spielen Medaillengarant. Das hat sich in der Vergangenheit etwas geändert, bei der Weltmeisterschaft in diesem Jahr sprang nur eine Medaille heraus, bei den Olympischen Spielen sogar gar keine.

myTischtennis.de: Welche Eigenschaften muss ein guter Fechter mitbringen?

Artur Wojtyczka: Er sollte über Einfallsreichtum, Konzentrationsfähigkeit, Reaktionsschnelligkeit, Schnelligkeit, ein gutes Abstandsgefühl und taktische Disziplin/Konsequenz verfügen. Zudem ist eine harmonische Körperhaltung wichtig, die Harmonie der Bewegungen muss einfach vorhanden sein.

myTischtennis.de: Eigenschaften, die auch im Tischtennis nicht schaden können...

Artur Wojtyczka: Ganz genau. Die Orientierungsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit und koordinativen Fähigkeiten sind ähnlich. Beide Sportarten sind wie Kunst. Warum? Nicht alles, was man macht, ist von außen sichtbar für alle. Genau wie Kunst schaut man sich den Sport an und ist davon begeistert, sieht aber nicht direkt, was dahinter steckt. Die wahre Kunst öffnet die Augen für das, was unsichtbar ist. Erst wenn die Augen dafür offen sind, kommt die vollkommene Begeisterung zur Geltung.

myTischtennis.de: Und Sie glauben, dass man die Trainingsarbeit von beiden Sportarten im Jugendbereich zusammenlegen könnte?

Artur Wojtyczka: Durchaus. im sportwissenschaftlichen Bereich der kinästhetischen Differenzierungsfähigkeit könnte man Übungen kombinieren. Die Reaktionsfähigkeit auf anfliegende Objekte – beim Fechten ist es das Florett bzw. der Degen oder der Säbel, der auf einen angeflogen kommt – ist, wie zuvor erwähnt, sehr ähnlich. Die Bewegung mit den Füßen und Beinen geht in eine ähnliche Richtung, genau wie Haltungs- und Stabilisierungsformen. Beim Fechten sind Finten ein Hauptbestandteil, beim Tischtennis kann man durch – und das geht natürlich viel schneller – kleine Antäuschungsmanöver auch etwas erreichen, denn Tischtennisspieler erwarten eher klassische Bewegungen. Als ich auch Tischtennis sportwissenschaftlich analysiert habe, habe ich festgestellt: Es weist zum Fechten in manchen Punkten so große Ähnlichkeiten auf, dass man Trainingseinheiten im Jugendbereich kombinieren, ein gemeinsames Projekt aufbauen könnte. Das würde mir sehr am Herzen liegen.  

myTischtennis.de: Wie könnte so ein Projekt Ihrer Meinung nach aussehen?

Artur Wojtyczka: Man könnte eine Mixart anbieten, bei denen Kinder zunächst beide Sportarten erlernen. Das würde die Palette an möglichen Interessen erweitern und eine weitere, sinnvolle Alternative zu Smartphone und Co. bieten. Tischtennis ist verständlicher, macht dadurch vor allem am Anfang mehr Spaß. Die tischtennisspezifischen Fähigkeiten sollte man bei solchen Trainingseinheiten protokollieren und, wenn Schwierigkeiten auftreten, Methodiken entwickeln, um diese gezielt bewältigen zu können. Irgendwann würde sich herausstellen, in welcher Sportart die Kinder mehr Talent haben, in dieser könnten sie dann leistungsmäßig gefördert werden. Die Kinder sollten aber zu dieser späteren Spezialisierung stehen, da sie dann die gewählte Sportart mit Herzblut leistungsorientiert betreiben sollen. 

Wojtyczka über die Bedeutung der koordinativen Fähigkeiten im Tischtennis und Fechten

Zur Website von Artur Wojtyczka

(DK)

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