Bundesliga

Depression und Rücken: Das steckt hinter Düsseldorfs Tief

Omar Assar macht eine Depression zu schaffen (©Fabig)

21.11.2018 - Was für Bayern München im Fußball gilt, ist auch bei Borussia Düsseldorf im Tischtennis so: Steckt der Dominator der vergangenen Jahre in einem Tief, belebt das die Konkurrenz und der Liga-Alltag wird plötzlich spannender. Auch wenn Andreas Preuß dieser Entwicklung als TTBL-Aufsichtsratsvorsitzender auch etwas Positives abgewinnen kann, überwiegt natürlich die Sorge um seine Borussia. Nun erklärt der Düsseldorfer Manager, wie sie überhaupt in diese Lage geraten sind.

30-facher deutscher Meister, 26-maliger Pokalsieger und 15-facher Gewinner auf europäischer Ebene - eine Erfolgshistorie wie Borussia Düsseldorf kann sich kein anderer Verein im Tischtennis und zumindest auf europäischer Ebene auch kaum ein Verein anderer Sportarten auf die Fahnen schreiben. Wenn es im Tischtennis auf Vereinsebene um Titel geht, führt kein Weg an Borussia Düsseldorf vorbei. So ist es seit Jahren und genau das erwarten die Zuschauer von den Rheinländern. Um so mehr verwundern die aktuellen Entwicklungen die Fans: In der TTBL steht Düsseldorf auf dem fünften Tabellenplatz, wäre also nach jetzigem Stand nicht für die Play-offs qualifiziert; im Pokalwettbewerb schieden die Borussen am Freitag gegen den ASV Grünwettersbach aus, so dass sie das erste Mal seit 2012 nicht im Final-Four-Pokalfinale dabei sein werden. Auch wenn die Negativserie am Sonntag mit dem knappen Sieg gegen Bremen in der TTBL vorerst beendet werden konnte, fragt man sich: Was ist bloß los mit dem Triple-Sieger von 2018, der bis vor Kurzem noch von einer Erfolgswelle zur nächsten schwamm?

Körperliche und psychische Probleme

Borussias Manager Andreas Preuß will nicht lange um den heißen Brei reden. Es sind gesundheitliche Sorgen, die die Düsseldorfer quälen - und das sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer Ebene. „Timo Boll hat wieder Probleme mit dem Iliosakralgelenk“, gibt er einen Grund dafür, warum sich sein Spitzenspieler in der Partie gegen starke Grünwettersbacher nicht flüssig bewegte, ohne die Leistung der Gegner schmälern oder faule Ausreden geben zu wollen. „Im Sommer hatte er wegen seines Bandscheibenvorfalls wenig gemacht, dann ist er trotz Kaltstarts Europameister und Zweiter beim World Cup geworden. Bei den Austrian Open hat sich dann aber das Iliosakralgelenk wieder versteift und am Freitag ging irgendwann gar nichts mehr.“ Einsätze trotz dieses körperlichen Problems soll es künftig nicht mehr geben. Boll werde geschont, wenn es ihm sein Rücken nicht erlaubt, zu spielen, so dass auch seine Anwesenheit in der Partie gegen Bad Königshofen am Sonntag sehr unwahrscheinlich ist.

Eine weitere Baustelle findet sich bei Düsseldorf auf ganz anderer Ebene: Borussias Neuzugang Omar Assar, der zum Anfang der Saison stark aufspielte, leidet unter einer Depression. Das führte unter anderem zu der überraschenden Niederlage gegen den erst 14-jährigen Simon Belik im Champions-League-Match in Ostrava vorige Woche. „Wir wählen hier die Flucht nach vorn und informieren die Öffentlichkeit in Absprache mit Omar über seine Krankheit, weil man den Leuten ja erklären muss, was los ist“, sagt Preuß, dem die Depression bei Vertragsabschluss noch nicht bekannt war. In einer Hochphase im September hatte sich der Ägypter noch sehr gut gefühlt. Als er wegen Knieproblemen einige Spiele verlor, meldete sich die Depression jedoch zurück und Assar geriet in eine Abwärtsspirale. „Er ist in guten Händen und wird medikamentös behandelt, damit er da schnell wieder rauskommt“, hofft Preuß.

Auch Källberg schwächelt

Bis dahin müssen andere die Stellung halten. Kristian Karlsson zum Beispiel, der mit seiner Bilanz von 7:3 aktuell bester Borusse in der TTBL-Spielerrangliste ist. Oder Kamal Achanta, der zur Partie gegen Bremen am Sonntag kurzfristig eingeflogen wurde und dort mit zwei Punkten einen erheblichen Anteil am Sieg hatte. Anton Källberg hingegen kann die Erwartungen aktuell nicht ganz erfüllen. „Das überrascht uns auch, weil er vor zwei Jahren bereits hoch positiv in der Bundesliga unterwegs war“, blickt Preuß auf die 2:6-TTBL-Bilanz des Schweden. „Dafür gibt es wohl vor allem einen Grund: Das sind die Entwicklungsschritte eines jungen Spielers.“ Zu Beginn des Jahres habe es einen kleinen Bruch gegeben, bei der WM im eigenen Land wurde er kaum eingesetzt und nun kommt auch noch der Druck, unter dem der Verein aktuell steht, dazu. Das alles ist offenbar zu viel für den 21-Jährigen. „Anton hat unser Vertrauen“, stellt Preuß klar. „Die Formkurve zeigt nach oben. Wir müssen geduldig sein.“

Wie sehen also die Pläne für den Rest der Saison aus? Ist ein - oder sogar zwei - Titel noch drin für die Borussia? „Wir werden wiederkommen und angreifen“, gibt Preuß die Marschroute vor. „In der Champions League sind wir in der Spur, wollen nun unbedingt Gruppenerster werden und haben dann gute Chancen aufs Halbfinale. Die Liga ist - auch abgesehen von unserem Tief - in dieser Saison sehr ausgeglichen und so spannend wie lange nicht. Der Zug ist noch nicht abgefahren, denn auch die anderen lassen bei solch starken Gegnern Punkte liegen. Ich bin guter Hoffnung, dass wir in die Play-offs kommen.“ Kamal Achanta bleibt für die nächsten drei Wochen in Deutschland, um die Mannschaft zu unterstützen, bei Timo Boll geht die Tendenz in Richtung Schonen und Wiederaufbau im Training, Omar Assar wird psychotherapeutisch behandelt und will im Training zu alter Stärke finden. Anfang Dezember, hofft Preuß, dann spätestens wieder aus dem Vollen schöpfen zu können. „Wir nehmen das jetzt als Herausforderung, es allen zu zeigen. Aber eines ist klar: Das wird kein Selbstläufer. Ab jetzt gibt es für uns kein leichtes Spiel mehr.“

(JS)

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