Blog

Jochens Blog: Event? Nicht unbedingt! Klappe halten? Nein, danke!

Stimmung ist erlaubt - aber bitte in Maßen (©Fabig)

03.09.2018 - Vorschläge, wie man mehr Zuschauer dazu bekommt, Tischtennis zu schauen, werden von der Basis gemeinhin mit wenig Begeisterung aufgenommen - vor allem, wenn dafür Regeländerungen vonnöten sind. Dennoch will man auch nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielen. myTischtennis-Geschäftsführer Jochen Lang macht sich in seinem Blog Gedanken zum richtigen Maß für unseren Sport zwischen ‚Rambazamba‘ und ‚stiller Post‘.

Wenn es um unseren wunderschönen Sport Tischtennis als Zuschauersport geht, scheiden sich oft die Geister. Die eine Gruppe verweist auf jahrelange Erfahrungen, dass Tischtennis nun mal grundsätzlich in erster Linie von selbst Aktiven geschaut wird und weder Regeländerungen noch Eventinszenierungen oder sonstige Anpassungen daran etwas ändern können. Die andere spricht der ersten Gruppe nicht ab, dass es bisher in erster Linie so gewesen ist, versucht aber trotzdem alles Mögliche, um an diesem Zustand etwas zu ändern und auch den allgemein Sportinteressierten in die Halle zu locken. Dies geschieht auch vor dem Hintergrund, dass auch die selbst Aktiven als Zuschauer leider nicht ansatzweise für ständig ausverkaufte Hallen sorgen. ‚Lediglich‘ die Großevents wie WM oder auch German Open oder ein TTBL-Finale sind gut besucht. Der normale Spielbetrieb bekommt leider noch nicht genügend Zuschauer-PS auf die Straße. Meines Erachtens liegt die Wahrheit in der Mitte bzw. es bedarf gar nicht allzu großer Anpassungen, um zumindest kleinere Erfolge zu erzielen.

Vergleiche mit anderen Sportarten hinken

Grundsätzlich bin ich überzeugt, dass jede Sportart ihr ‚eigenes‘ Stammpublikum besitzt: Zuschauer, die aus ganz bestimmten Gründen gerne einer Sportart zuschauen und es sich genauso wünschen, wie es ist. Verweise auf andere Sportarten, die aus welchen Gründen auch immer mehr Zuschauer anziehen, sind meiner Meinung nach daher auch nur bedingt zu gebrauchen. Im Gegenteil: Dinge, die in anderen Sportarten wunderbar funktionieren und Publikum anziehen, werden in anderen Sportarten genau gegensätzlich gelöst - aber mit demselben Erfolg. 

Beispiel: Oftmals hört man, gerade zuletzt auch immer wieder aus Kreisen der TTBL, das Spiel bräuchte mehr Eventcharakter. Es müsse mehr los sein beim Spiel, man solle sich an die gesamte ‚Veranstaltung‘ erinnern bzw. sich darauf freuen und den Sport als Teil des Ganzen sehen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Darts-WM. Wenn diese am Ende eines jeden Jahres im Ally Pally in London stattfindet, sieht man fast jeden zweiten Zuschauer verkleidet, es wird gegrölt, laufend gesungen und eine ständige Party gefeiert, so dass man sich fragt, ob wirklich jeder mitbekommt, wer da oben auf der Bühne gerade seine Pfeile wirft. Ob man das für Tischtennis braucht, lasse ich mal dahingestellt. Einen Bezug zum Tischtennis stelle ich allerdings immer in einem Punkt her: in der Geräuschkulisse. Dass es die Akteure in einer derart konzentrationsintensiven Sportart offensichtlich nicht stört, bei einer solchen Lautstärke um eine WM zu werfen. Schnell mag man denken, dass es ja wohl auch im Tischtennis möglich sein muss, sich bei Lärm zu konzentrieren, wenn dies im Darts machbar ist. Gegenbeispiele gibt es aber sofort: Beim Tennis, Schach, Golf oder anderen Sportarten muss man als Zuschauer den Mund halten. Beim Tennis darf ich sogar erst auf meinen Platz, wenn die Spieler gerade die Seiten wechseln. 

Die richtige Mischung für jeden Sport

Daher behaupte ich, dass das Thema Eventinszenierung, Stimmung oder Geräuschkulisse nicht pauschal als Grund für oder gegen Zuschauerzahlen verwendet werden kann, sondern jede Sportart die richtige Mischung finden muss. Hinzu kommt, dass man sich als Sportart Tischtennis ohnehin nicht mit jeder anderen Sportart vergleichen kann. Mannschaftssportarten wie Eishockey, Handball, Basketball etc. sind in Sachen Rahmenbedingungen, wie Halle, Fankultur, Zuschaueraufkommen, etc., ohnehin nicht mit uns vergleichbar. Ich finde aber, dass man sich kleinere Aspekte rauspicken kann.

Daher plädiere ich an uns Spieler, etwas großzügiger bei ‚Nebengeräuschen‘ zu reagieren. Genauso, wie wir eine Geräuschkulisse bei den Kreismeisterschaften oder auch im Training bei vielen parallel besetzten und bespielten Tischen akzeptieren, sollten wir dies auch bei unseren Mannschaftsspielen hinbekommen. Unsere Sportart ist durch das irre Tempo gepaart mit enormer Rotation für ‚nicht-TT-aktive‘ Zuschauer ohnehin sowohl spektakulär als auch extrem erklärungsbedürftig. Wenn ich dann aber meinem Nebenmann keine Fragen stellen kann, weil mich direkt der Blick eines Spielers trifft (geschweige denn ich huste, putze mir die Nase oder hole ein Bonbon aus meiner Knistertüte), erhöht das nicht die Bereitschaft, wiederzukommen.

Ein bisschen mehr Lockerheit

Ich fände es gut, wenn wir uns als Zuschauer bei Tischtennisspielen durchaus auch mal zwischendurch ein Getränk, ein Brötchen oder eine Brezel holen und uns frei in der Halle bewegen können. Ich muss ja nicht direkt in die Box stolpern, aber wenn man da gesittet vorbeigeht, sollten Spieler dies aushalten können. Es sollte auch möglich sein, dass Kinder in einer Ecke der Halle zusammen spielen und durchaus ‚Lärm‘ erzeugen, während Papa und Mama dem Spiel zugucken. Noch besser wäre es sogar, wenn jemand zwischendurch vorbeikäme und ich direkt am Platz für meine Verpflegung sorgen kann. Fördert nicht nur dem Umsatz, sondern auch die Geselligkeit, denn ich kann mit meinem Nachbarn auf Punkt-, Satz- und Spielgewinne anstoßen und bin nicht darauf angewiesen, in der einen Pause (im System der 1.-3. Liga) möglichst vorne in der Schlange zu stehen.

(Jochen Lang)

Kommentar schreiben

Um weiterhin qualitativ hochwertige Diskussionen unter unseren Artikeln zu gewährleisten, haben wir uns dazu entschlossen, die Kommentarfunktion mit dem myTischtennis.de-Login zu verknüpfen. Wenn Sie etwas kommentieren möchten, loggen Sie sich einfach in Ihren Account ein. Die Verwendung eines Pseudonyms ist weiterhin möglich, der Account muss jedoch einer realen Person zugeordnet sein.

* Pflichtfeld

Copyright © 2024 myTischtennis GmbH. Alle Rechte vorbehalten.